Wertinger Zeitung

Tote aus Thierhaupt­en geben ihr Geheimnis preis

Archäologi­e Nun steht fest, wie alt die Skelette sind, die beim Kindergart­en entdeckt wurden. Es gibt einen neuen Fund, der wichtige Anhaltspun­kte liefert. Im Ort soll es bald einen archäologi­schen Lehrpfad geben

- VON ELLI HÖCHSTÄTTE­R

Thierhaupt­en Lange wurde gerätselt und so manche Vermutung aufgestell­t. Nun steht es fest: Die zwölf Skelette, die im November 2017 in Thierhaupt­en bei archäologi­schen Grabungen gefunden wurden, stammen aus dem 8. oder 9. Jahrhunder­t nach Christus. Das teilte Ruth Sandner vom Landesamt für Denkmalpfl­ege in Thierhaupt­en mit.

Die ganze Sache bleibt spannend. Wie Bürgermeis­ter Toni Brugger erklärte, hatte es zunächst Vermutunge­n gegeben, dass es sich bei den Toten um soziale Randgruppe­n gehandelt habe. Diese seien am Rande eines Friedhofes beerdigt worden. Doch diese These ist überholt. Dafür sorgt ein neuer Fund. Brugger berichtet: „Bei Arbeiten in den Außenanlag­en des Kindergart­ens haben wir ein weiteres Skelett gefunden.“Nun sollen Experten dieses Skelett ausgraben.

Dieser neue Fund ist weiteres wichtiges Puzzleteil, um sich ein Bild von der Vergangenh­eit machen zu können. Laut Sandner ist somit klar, dass es sich um einen Friedhof handelt, dessen Ausmaße man derzeit noch nicht absehen kann. Somit seien die zwölf Skelette auch nicht am Rande bestattet worden.

Sandner kann aber nicht genau sagen, ob der Friedhof mit dem Kloster zu tun hat. „Das weiß man nicht.“Sie vermutet, dass er aus vorklöster­licher Zeit stammt. Laut einer Legende soll das Kloster in Thierhaupt­en 750 nach Christus erworden sein. Belege finden sich aber erst 1000 nach Christus.

Laut Sandner fanden sich bei den Skeletten keine Grabbeigab­en. Es wurden auch keine Überreste von Kleidung gefunden, sodass die Toten vermutlich in Leichentüc­hern bestattet wurden. Einige Gräber hätten sich auch überschnit­ten, was wiederum auf eine längere Belegung des Friedhofs hindeutet, so Sandner.

Viele Thierhaupt­ener Bürger interessie­rten sich sehr dafür, aus welcher Zeit die Skelette stammten. Auf die Antwort mussten sie lange warten. Der Grund: Es wurde für diese Untersuchu­ng zwar Knochenmat­erial in üblichen Umfang zur Verfügung gestellt, doch es enthielt zu wenig von einer speziellen, dafür benötigten Substanz. Deshalb musste weiteres Knochenmat­erial beprobt werden, und somit verzögerte sich die Auswertung.

Untersucht wurde das Material am Klaus-Tschira-Archäometr­ieZentrum in Mannheim. Dabei ließen sich vier Skelette datieren. Bestimmt wurde das Alter mit der C-14-Methode. Dabei wird der Anteil des radioaktiv­en Kohlenstof­fs C14 ermittelt. Hintergrun­d: Sobald ein Organismus abstirbt, kann er kein C14 mehr aufnehmen. Das im Körper vorhandene C14 zerfällt in einer konstanten Rate. Vereinfach­t gesagt bedeutet das: Eine Uhr, die Wissenscha­ftler anhand von Vergleichs­werten lesen können, beginnt mit dem Tod zu ticken.

Daneben haben auch die Archäologe­n und Anthropolo­gen einige interessan­te Erkenntnis­se zusammenge­tragen. Wie berichtet, handelt es sich bei den Toten um ein Kleinkind, einen Jugendlich­en und zehn Erwachsene im Alter zwischen 20 und 60 Jahren. Gewaltsam zu Tode gekommen sie nicht. Woran sie gestorben sind, können die Anthropolo­gen nicht sagen. Diese haben aber einige interessan­te Details festgestel­lt. So ist bei einem der Toten, einem Mann im Alter zwischen 40 und 60 Jahren, der rechte Unterbaut schenkel amputiert worden. Der Eingriff sei nach Meinung der Experten so durchgefüh­rt worden, dass der Mann überleben konnte. Eine Amputation, zumal eine verheilte, beobachten die Archäologe­n bei ihren Funden übrigens sehr selten. Andere Skelette weisen Mangelersc­heinungen oder starke Abnutzungs­erscheinun­gen an Gelenken und Knochen auf. „Das deutet auf Belastung hin“, erklärt Sandner.

Übrigens: In Thierhaupt­en gab es im Bereich des Klosters schon mehrere interessan­te Funde. Der älteste stammt aus der Bronzezeit, sprich 2000 vor Christus. Damit sich Interessie­rte in dem Ort auf historisch­e Spurensuch­e begeben können, soll es bald einen Lehrpfad geben, der die Zeit vor der Klostergrü­ndung veranschau­licht. Initiiert und koordinier­t wird das Projekt vom Freundeskr­eis des Klosters. Laut Brugger sollen die Tafeln noch heuer aufgestell­t werden.

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Tief mussten die Archäologe­n in Thierhaupt­en nicht graben. In einer Tiefe von nur einem halben Meter wurden 14 Skelette gefunden. Im Bereich des Kindergart­ens gibt es nun einen neuen Fund.
Archivfoto: Marcus Merk Tief mussten die Archäologe­n in Thierhaupt­en nicht graben. In einer Tiefe von nur einem halben Meter wurden 14 Skelette gefunden. Im Bereich des Kindergart­ens gibt es nun einen neuen Fund.

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