Wahlbeteiligung im Landkreis steigt
Abstimmung Ein Besuch in zwei Wahllokalen zeigt schon früh, dass die Wahlbeteiligung 2019 das niedrige Niveau von 2014 übertrifft. Was die Menschen an die Urnen treibt
Landkreis Auf dem Tisch im Foyer der Wertinger Stadthalle steht eine Box mit Gummibärchen für die Wähler. Drei Wahlhelferinnen begrüßen die Menschen und geben die Stimmzettel aus. „Der ist sehr lang heute“, sagt Lioba Klapper, als sie den Zettel überreicht, auf dem 40 Parteien zur Auswahl stehen. „Sie können sich auch Zeit lassen und alles durchlesen.“Ihre Kollegin Sabine Ferstl erzählt, dass der Kontakt mit den Wählern angenehm und ausgesprochen freundlich ist. Einer hat Äpfel mitgebracht, die nun auf dem Tisch der Wahlhelferinnen liegen.
Die Wahlbeteiligung der Europawahl war zuletzt sehr gering, seit 1999 lag sie immer unter 50 Prozent. Im Landkreis Dillingen haben 2014 nur 36,6 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Und dieses Jahr? „Es ist mehr als sonst um diese Zeit“, sagt Klapper. Auch wenn sich keine Schlangen bilden, es kommen kontinuierlich Wähler, erzählen die drei Frauen. „Auch viele Junge“, sagt Klapper. „Und auffallend viele Familien“, ergänzt Sabine Ferstl.
Einer dieser jungen Wähler ist Thomas Bitomsky, der seinen Stimmzettel in Lederhosen und Bayerntrikot einwirft. „Ich gehe generell zur Wahl“, sagt er. Die Europawahl sei in seinem Umfeld durchaus ein Thema gewesen, gerade in der Arbeit habe man viel darüber geredet. Und den Urnengang kann man auch mit der Freizeit gut verbinden: „Wir gehen jetzt zum Volksfest“, erklärt er sein Outfit. Kurz nach ihm gibt Werner Kuchler seine Stimme ab. Ihm ist diese Wahl ein besonderes Anliegen. „Weil ich überzeugter Europäer bin“, sagt er. Ein junges Paar ist ebenfalls ins Foyer der Stadthalle gekommen. Im Wahllokal war sie erst einmal, erklärt die junge Frau, die ihren Namen nicht im Artikel lesen möchte – bei anderen Wahlen war sie unterwegs und hat die Briefwahl genutzt, wie auch ihr Partner. Im Freundeskreis sei die Wahl kein großes Thema gewesen. Doch ihre Stimme geben die beiden immer ab.
Das Wahllokal im Ziertheimer Ortsteil Dattenhausen ist eines der kleineren in der Region. 240 Wahlberechtigte sind dort registriert, erzählt Johann Wagner. Er sitzt in der Mittagszeit mit seinen Wahlhelferkollegen Michaela Graf und Ernst Linder im Zehntstadel und geht seine Liste durch. Im Wahllokal haben bis zum Mittag 44 Menschen gewählt, hinzu kommen 47 Briefwähler. Damit liegt die Wahlbeteiligung schon jetzt höher als der Landkreisdurchschnitt 2014 – der Nachmittag sei allerdings immer recht ruhig, erklärt Wagner. Aber: „Beim letzten Mal war die Resonanz nicht so groß.“
Wagner schätzt, dass der Wahlkampf die Menschen mehr erreicht hat, auch das Skandalvideo rund um die österreichische FPÖ könne seinen Teil dazu beigetragen haben. In Dattenhausen sei wie auch in Wertingen auffällig, dass einige Jüngere gekommen sind, die bei Kommunalwahlen eher zu Hause bleiben, erzählt Wagner. „Die jungen Leute wollen mitentscheiden“, sagt er.
Der Eindruck aus den Wahllokalen bestätigte sich auch am Abend: Die Wahlbeteiligung im Landkreis Dillingen ist stark gestiegen und lag bei fast 55 Prozent.