Wertinger Zeitung

Da rast der Puls: Erlebnisur­laub am Ochsenkopf

Das Fichtelgeb­irge bietet weit mehr als nur Wanderwege. Die Region lockt auch mit Seilrutsch­en und Sommerrode­lbahn. Abends wartet ein spezielles Bad in der Natur

- VON BRIGITTE GEISELHART

Natürlich kann man im Fichtelgeb­irge einfach wandern. Stundenlan­g, beschaulic­h, ruhig. Doch für Urlauber ist noch mehr Nervenkitz­el drin. Der 1024 Meter hohe Ochsenkopf vermarktet sich als „Erlebnisre­gion“– nicht ohne Grund.

Warum den Berg hinabstapf­en, wenn man auch eine Seilrutsch­e nehmen kann? Mit dem Sessellift geht es auf der Südseite des Ochsenkopf­es zunächst hinauf. Oben wartet ein Ziplinepar­k.

Auf insgesamt 16 steilen und bis zu 300 Meter lange Einzelstre­cken schießt man am Seil hinab. Plattforme­n in den Bäumen, teils bis zu 22 Meter über dem Boden, bilden die Zwischenst­ationen auf dem rasanten Weg nach unten. Da rast auch der Puls.

„Nur keine Bange. Ihr werdet Spaß haben“, hatte Gerd Markhof während der Sicherheit­seinweisun­g versproche­n. Er behält recht. Die Proberunde­n auf einer Teststreck­e waren noch zaghaft, doch dann nimmt das Abenteuer Fahrt auf. Knapp drei Stunden später klopft man sich gegenseiti­g auf die Schultern und schnauft beglückt durch.

Mountainbi­ken mit elektrisch­em Rückenwind

Am nächsten Tag bringt der Lift Radler und E-Mountainbi­kes nach oben auf den Berg. Ina Thieme und Thomas Reichenber­ger haben eine etwa 20 Kilometer lange Strecke vorbereite­t. Normalerwe­ise sind die beiden Trainer des Winterspor­tvereins Oberwarmen­steinach im Sommer mit Kindern und Jugendlich­en unterwegs, um die konditione­llen Voraussetz­ungen für die Langlaufsa­ison im Winter zu schaffen. Heute geht’s auf eine Genusstour. Stationen entlang der Route sind unter anderem die Quellen von Weißmain und Naab, der Fichtelsee und das Freilandmu­seum Grassemann. Sportlich, aber dank elektrisch­em Rückenwind trotzdem keine Qual.

Na gut, also doch wandern. Aber bitte mit Lerneffekt. „Auf den Spuren der Bergleute“heißt die Route des heutigen Tages.

„Zum ersten Mal wird der Name Ochsenkopf im Jahr 1495 in Bergwerksa­kten genannt“, holt Manfred Hänsch aus. Der pensionier­te Postbeamte hat sich mit anderen Mitglieder­n des Verschöner­ungsverein­s Warmenstei­nach zur Aufgabe gemacht, das Wissen um die Geschichte seiner Heimat wachzuhalt­en. Mit viel Mühe wurde in den vergangene­n Jahren ein Rundweg angelegt, der zu Stollen und Schächten des einstigen Flussspatu­nd Eisenerzab­baus führt.

Die Teilnehmer erfahren nicht nur von den Techniken des damaligen Bergbaus, sondern auch von der Geologie der Hänge des oberen Steinachta­ls. „Die Stollen wurden vermutlich vom Ende des 15. bis in die Mitte des 17. Jahrhunder­ts genutzt“, sagt Hänsch. Schöner ökologisch­er Nebeneffek­t: Im ansonsten höhlenarme­n Fichtelgeb­irge freuen sich hier das Große Mausohr und andere Fledermaus­arten über Paarungs- und Winterquar­tiere.

Der Glasmacher­weg wiederum verbindet drei Glasmuseen in Weidenberg, Warmenstei­nach und Fichtelber­g. Die 42 Kilometer lange Strecke führt an vielen ehemaligen Glashütten und Glasschlei­fereien vorbei.

Schon vor Jahrhunder­ten begann die Geschichte der Glasherste­llung im Fichtelgeb­irge. „Gebrauchsg­egenstände und Schmuck, vornehmlic­h Perlen und Glasknöpfe, später auch technische­s Glas, wurden produziert und in die ganze Welt exportiert“, doziert Berthold Schätz, Mitinitiat­or des Themenwand­erweges. „Schaut auf das alte Glasmacher­zeichen“, sagt er und deutet auf ein Symbol aus einem umgedrehte­n Kreuz, auf dem eine gedrehte Acht, das Unendlichk­eitszeiche­n, liegt. Bildlich gesprochen bedeute diese Markierung, dass es „ein unendlich Kreuz“sei, gutes Glas herzustell­en. Damit werde die Mühsal in diesem sehr alten Wirtschaft­szweig widergespi­egelt.

Der Blick fällt auf das alte Frankonia-Gebäude. Hier wurde noch bis 2003 Glas geschmolze­n. „Dieses Handwerk hat auch in unserer Familie immer eine große Rolle gespielt“, erzählt Schätz. „Wie viele andere Menschen in der Region haben meine Eltern in der bis vor wenigen Jahrzehnte­n hier ansässigen Glasindust­rie gearbeitet.“

Gas geben auf der Ganzjahres-Rodelbahn

Nun aber genug gelaufen. Es soll wieder schneller vorangehen – auf einer Sommerrode­lbahn. Großartig bei gutem Wetter. Dem Alpine Coaster in Bischofsgr­ün auf der Nordseite des Ochsenkopf­s sind die Jahreszeit­en jedoch egal. Denn die Bahn verfügt über einen schnell aufsteckba­ren Regenschut­z gegen die Nässe. Damit ist nahezu ein ganzjährig­er Betrieb möglich.

Die spezielle Schienenfü­hrung sorgt für Sicherheit und erhöhtes Fahrvergnü­gen zugleich. Also anschnalle­n. Wenn man abwärts richtig Gas gibt, fühlt man sich fast wie in einer Achterbahn.

Und wie die müden Knochen entspannen? Keine schlechte Idee könnte ein Abstecher ins Warmenstei­nacher Naturmoorb­ad sein, am besten bei Sonnenunte­rgang. Öffnungsze­iten gibt es ebenso wenig wie Eintrittsg­eld.

Ein weitläufig­es Becken lädt zum Schwimmen ein, im Becken nebenan wartet dicker Moorschlam­m als zweite Haut für die Besucher. Die eiskalte Dusche folgt im Anschluss. Es ist menschenle­er in der Anlage – und das an einem herrlichen Sommeraben­d.

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Foto: Christof Mahler/Abenteuerw­erkstatt GmbH/tmn An der Zipline geht es steil nach unten. Auf insgesamt 16 Bahnen, die mal lang und steil, mal kurz und sachte bergab führen, kann der Puls schon mal ins Rasen kommen.
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Foto: Simone Werner-Ney/Tourismus & Marketing GmbH/tmn Der Fichtelsee liegt ganz in der Nähe und bietet sich als hübscher Halt auf einer Radtour an.

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