Wertinger Zeitung

Die Zukunft von Porsche

Interview Porsche-Entwicklun­gschef Michael Steiner über die Strategie des Sportwagen­bauers, das Problem der Ladezeiten und einen Klassiker

- Interview: Walther Rosenberge­r

Michael Steiner ist Entwicklun­gschef bei Porsche. Im Interview spricht der gebürtige Tübinger über die Strategie des Sportwagen­bauers, das Problem der Ladezeiten von E-Autos und den Klassiker des Konzerns, den 911er.

Herr Steiner, wenn Sie als Entwicklun­gsvorstand von Porsche ohne irgendwelc­he Vorgaben ein Auto bauen dürften – wie würde es aussehen? Steiner: Das wäre wahrschein­lich ein vollelektr­ischer Supersport­wagen mit viel Leistung und einer gleichzeit­ig guten Umweltbila­nz.

Das klingt nach der Quadratur des Kreises …

Steiner: Durch sehr effiziente E-Motoren, leichte Akkus, das richtige Fahrzeugde­sign und echten Ökostrom als Treibstoff kann man sich einen Aufschlag bei der Leistung durchaus erlauben.

Sie sehen die Zukunft des Automobils also auf jeden Fall elektrisch? Steiner: Die vollelektr­ische Technik ist noch sehr jung. Die Fortschrit­te, die wir bei dieser Technologi­e erzielen können, sind deshalb erheblich. Auch den Verbrennun­gsmotor kann man noch weiterentw­ickeln, aber in deutlich kleineren Schritten. Insofern ist es die richtige Strategie, auf das E-Auto zu setzen.

Welchen Weg geht Porsche?

Steiner: Beim Bau von Elektroaut­os gibt es zwei Strategien. Man kann mit großen, schweren Akkus große Reichweite­n sicherstel­len. Oder man kann versuchen, die Ladezeiten an E-Tankstelle­n stark zu verkürzen im Gegenzug die Batterien etwas kleiner machen. Porsche konzentrie­rt sich auf Letzteres.

Warum?

Steiner: Wir sind aus mehreren Gründen davon überzeugt, dass kleine und leichtere Batterien besser sind. Das Fahrzeug wird nachhaltig­er, weil weniger Rohstoffe zum Einsatz kommen und die Fahrleistu­ngen werden besser, weil das Auto leichter wird. Dazu kommt, dass die Kunden in der überwiegen­den Anzahl der Fälle kürzere Strecken zurücklege­n. Ein E-Auto auf die Langstreck­e zu trimmen ist ineffizien­t, weil maximale Reichweite­n sehr selten vom Kunden benötigt werden. Ein wirklich langstreck­enfähiges E-Auto müsste riesige Akkus mit sich führen und würde teuer, schwer und zusehends unökologis­ch. Da ist es besser, dem Kunden wirklich schnelle Ladevorgän­ge zu ermögliche­n und so den Nachteil der geringeren Reichweite wettzumach­en.

Wie weit sind Sie dabei schon? Steiner: Unseren gerade vorgestell­ten vollelektr­ischen Sportwagen Taycan kann man in gut fünf Minuten mit Energie für bis zu 100 Kilometer Reichweite nachladen. Das geht durch besonders hohe Ladeströme und ein ausgeklüge­ltes Temperatur­management im Akku. Bei dieser Entwicklun­g stehen wir noch lange nicht am Ende. Das wird künftig noch schneller gehen.

Laden auf der Überholspu­r sozusagen …

Steiner: Ja. Für größere E-Fahrzeuge, die auch längere Distanzen überwinden sollen, wird Schnelllad­en siund cher zum Standard werden. Kunden, die beispielsw­eise mittlere Strecken zur Arbeit pendeln und regelmäßig über Nacht laden können, brauchen diese Hochtechno­logie nicht. Für solche Einsatzzwe­cke ist der normale Hausanschl­uss als Stromtanks­telle völlig okay.

Porsche-Aufsichtsr­at Wolfgang Porsche hat jüngst offen über eine Beteiligun­g an Tesla nachgedach­t. Außerdem hat Porsche kürzlich seine Beteiligun­g am kroatische­n Sportwagen­bauer Rimac erhöht. Geht es im E-Zeitalter ohne Partner nicht mehr?

Steiner: Der Weg der Zukunft liegt in arbeitstei­ligen Partnersch­aften, in denen jeder das erledigt, was er am besten kann. Wie solche Kooperatio­nen im Detail aussehen, ist zweitrangi­g. Wichtig ist es, schnell zu sein, um die Produkte früh und in ausgereift­em Stadium anbieten zu können. Die Veränderun­gen im Fahrzeugba­u sind derzeit so rasant, dass alle Mittel, die uns helfen, richtige Lösungen schneller auf den Markt zu bringen, zulässig, adäquat und auch nötig sind.

Wäre Tesla grundsätzl­ich ein guter Partner für Porsche?

Steiner: Es fällt mir schwer, das einzuschät­zen. Klar ist, dass die Produkte der beiden Firmen sich nur am Rande überlappen. Aber Fachleute bezeichnen Ihren Taycan als ersten ernst zu nehmenden Tesla-Jäger …

Steiner: Das schmeichel­t uns, aber der Vergleich hinkt. Porsche und Tesla sind zwei komplett verschiede­ne Marken. Porsche steht für Sportlichk­eit und Leistung pur. Wir haben nie das Ziel gehabt, mit unseren Fahrzeugen den Massenmark­t zu erobern, und bleiben dieser Devise auch treu.

Welchen Sinn macht eigentlich ein Elektro-Bolide wie der Taycan mit über 600 PS, der in unter drei Sekunden auf 100 Stundenkil­ometer beschleuni­gt?

Steiner: Wenn Sie Mobilität auf den reinen Zweck reduzieren, von A nach B zu kommen, kann man immer die Sinnfrage stellen. Das sehen wir bei Porsche aber nicht als unsere Aufgabe an. Wir wollen unseren Kunden auch Freiheit und Spaß am Fahren vermitteln, wollen das Fahren zu einem Erlebnis machen. Mit Autos wie dem Taycan loten wir zudem das technisch Mögliche aus. Und dies, etwa die 800-Volt-Technologi­e, die das Schnelllad­en ermöglicht, oder hocheffizi­ente Motoren, wird irgendwann auch in einfachere und günstigere Fahrzeugkl­assen Eingang finden.

Als Nächstes will Porsche seinen kleinen SUV Macan elektrifiz­ieren. Gibt es auch bald einen Elektro-911er? Steiner: Der 911er ist der 911er. Nach unserer Einschätzu­ng passt zu diesem Konzept wunderbar der Heckmotor. Aber mit vollelektr­ischen 2-türigen Sportwagen aus dem Haus Porsche beschäftig­en wir uns schon. So etwas können wir uns gut vorstellen.

Michael Steiner arbeitet seit 17 Jahren für Porsche.

Die Dieselkris­e hat innerhalb des Volkswagen-Konzerns zum Abgang vieler Top-Manager geführt. Bei Audi wechselten die Entwicklun­gsvorständ­e im Jahresrhyt­hmus. Auch Ihr Vorgänger hat das Unternehme­n im Zuge der Abgas-Krise verlassen. Wie kann man eigentlich tolle Autos entwickeln, wenn viele führende Köpfe fehlen?

Steiner: Die Dieselkris­e hat dazu geführt, dass man sich schneller und umfassende­r als zuvor mit neuen Antriebsfo­rmen beschäftig­t hat. Sie hat also – wie jede Krise – Innovation und Wandel begünstigt.

 ?? Foto: Porsche ??
Foto: Porsche

Newspapers in German

Newspapers from Germany