Augsburg revolutioniert Medizinstudium
Bildung Bayerns jüngste Medizinfakultät nimmt ihren Lehrbetrieb auf. Wie die neue Ausbildung Ärzte besser machen soll und welche Rolle Schauspieler dabei haben
Augsburg Selten sorgen Studienanfänger für so großes Aufsehen. Doch die ersten 84 Medizinstudenten in Augsburg sind etwas Besonderes. Am Montag fiel an der Universität der Startschuss für den bayernweit einmaligen Modellstudiengang Humanmedizin. Das Medizinstudium in Augsburg ist mit hohen Erwartungen verknüpft. Es soll eine neue Form der Ärzteausbildung bieten.
Das Interesse an dem neuen Angebot war schon im Vorfeld enorm. Über 8000 Studieninteressierte hatten sich für einen Studienplatz in Augsburg beworben – rund ein Fünftel aller Bewerber für ein Medizinstudium in Deutschland in diesem Jahr. Über 900 der Bewerber hatten Augsburg bei ihrer Standortwahl auf den ersten Platz gesetzt.
Kurz vor dem Start des Studienbetriebs am 14. Oktober eröffneten Wissenschaftsminister Bernd Sibler und Universitäts-Präsidentin Sabine Doering-Manteuffel zusammen mit vielen weiteren Beteiligten das erste Lehrgebäude auf dem Gelände der Uniklinik. Auch die ersten Medizinstudenten waren schon da.
Der neue Medizinstudiengang gilt als ein Meilenstein in der Entwicklung der Universität Augsburg und auch in der Ärzteausbildung. Doering-Manteuffel sagte, sie sei stolz, dass es innerhalb kürzester Zeit gelungen sei, gemeinsam alle nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Von der Neugründung der Medizinfakultät bis zum Studienstart dauerte es nur etwa zweieinhalb Jahre. Auch die Bevölkerung werde profitieren, versprach die Präsidentin. „Wir werden eine neue Generation von Ärzten ausbilden und die Ergebnisse aus unserer Forschung an den großen Krankheiten unserer Zeit so rasch wie möglich an die Krankenbetten bringen.“
Der Augsburger Modellstudiengang gilt als sehr innovativ: Er zeichnet sich dadurch aus, dass die klassischen Fächer aufgebrochen werden. Grundlagenwissen wird vernetzt mit medizinischen Disziplinen im engeren Sinne vermittelt und gelernt. Die Studierenden erhalten schon sehr früh Einblicke in die medizinische Praxis. Sie lernen von Beginn an den Umgang mit Kranken kennen – zunächst mit Schauspielern als Patienten. Eine wichtige Rolle spiele auch die wissenschaftliche Ausbildung der künftigen Ärztinnen und Ärzte, sagte Medizin-Gründungsdekanin Martina Kadmon. „Sie sollen in der Lage sein, selbst zu forschen, vor allem aber sollen sie über die Kompetenz verfügen, mit wissenschaftlichen Daten umzugehen, diese Daten richtig zu verstehen und zu deuten.“Dies sei eine Voraussetzung, um im Berufsleben die beste Therapie für die Patienten wählen zu können.
Wissenschaftsminister Bernd Sibler kündigte an, der Freistaat werde nicht nur mit dem Augsburger Modellstudium die Ausbildung von Medizinern weiter ausbauen. Angesichts des Ärztemangels in verschiedenen Fachbereichen und Regionen sei mehr Nachwuchs nötig. Deshalb werde es in den kommenden Jahren 2100 zusätzliche Medizinstudienplätze in Bayern geben, davon entstehen 1500 in Augsburg.
Das aktuelle Lehrgebäude für die Augsburger Medizinstudenten ist erst einmal eine Übergangslösung. Dafür wurde die ehemalige Kinderklinik am Uniklinikum umgebaut und mit Büros und einer Fachbibliothek ausgestattet. Der künftige Medizincampus der Universität ist noch in Planung. Er wird direkt beim Uniklinikum im Westen der Stadt entstehen. Die ersten Lehrund Forschungsneubauten sollen 2023/24 fertig sein.
Die Medizinfakultät sorgt nun auch dafür, dass die Universität Augsburg international Beachtung findet. In diesem Jahr wird sie erstmals im sogenannten „Shanghai Ranking“genannt. Die Rangliste wird jährlich erstellt. Sie hat den Anspruch, die weltweit tausend besten Universitäten und Hochschulen zu erfassen.