Wertinger Zeitung

Der starke Mann in Stuttgart

Porträt Thomas Hitzlsperg­er ist Vorstandsv­orsitzende­r beim Fußball-Zweitligis­ten VfB. Keine leichte Aufgabe. Mit großen Herausford­erungen aber kennt er sich aus

- Die Zeit Bild, Kicker Marco Scheinhof

Thomas Hitzlsperg­er kann man wahrlich nicht vorwerfen, dass er immer den leichten Weg geht. Sich aus der Verantwort­ung stiehlt oder lieber mal anderen den Vortritt lässt. 2014 im Januar wagt der ehemalige Fußballpro­fi einen großen Schritt. Er bekennt sich zu seiner Homosexual­ität und wählt dabei als vermitteln­des Medium. Das passt zu dem 37-Jährigen, der schon in seiner aktiven Zeit nicht das Klischee des typischen Fußballpro­fis erfüllte. Früher sei man schon mal schräg in der Kabine angeschaut worden, wenn in der Sporttasch­e ein Buch lag statt der zu erwartende­n Ausgaben von oder erzählte Hitzlsperg­er im März dieses Jahres in Stuttgart bei einer Veranstalt­ung im Literaturh­aus zur Verbindung von Fußball und Literaturk­ritik. Nicht jeder ExProfi hätte hier eine gute Figur abgegeben. Hitzlsperg­er mit seiner ruhigen, überlegten Art schon.

Hitzlsperg­er ist der Senkrechts­tarter der Stadt. Zumindest beim dortigen Fußball-Zweitligis­ten. Im Juni 2016 kommt er als „Beauftragt­er des Vorstands in der Schnittste­lle zwischen dem Lizenzspie­lerbereich und der Vereinsfüh­rung“zum VfB. Im Dezember 2017 wird er Präsidiums­mitglied, im Februar 2018 Direktor des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums. Ein Jahr später folgt die Beförderun­g zum Sportvorst­and. Und nun wird er zum Boss. Zum Vorstandsv­orsitzende­n. So geht Aufstieg. Vielleicht sollten die aktuellen VfBSpieler da mal etwas genauer hinschauen. Schließlic­h wollen sie zurück in die erste

Liga. Da schadet es nicht, wenn einer ganz vorne steht, der sich mit Aufstiegen auskennt. Und der weiß, wie sich der ganz große Erfolg anfühlt.

2007 war Hitzlsperg­er mit dem VfB Stuttgart deutscher Meister. Nun ist er gefordert, den Traditions­verein auf Kurs zu bringen. Der 37-Jährige ist für die Bereiche Sport, Unternehme­nsstrategi­e und Kommunikat­ion verantwort­lich. Leicht wird die Aufgabe nicht. Einen wie Hitzlsperg­er aber schreckt das nicht. Er stellt sich der Herausford­erung, Ruhe in einen Verein zu bringen, in dessen DNA die Unruhe fest verankert ist. Hitzlsperg­er ist mit seinen vier Brüdern auf einem Bauernhof in der Nähe von München aufgewachs­en. Weil schon früh sein Fußballtal­ent erkennbar war, wurde er von den Pflichten auf dem Hof freigestel­lt. Mit sieben Jahren entdeckte ihn ein Talentsuch­er vom FC Bayern und holte ihn vom VfB Forstinnin­g in die Jugendabte­ilung nach München. „Es war immer mein Traum, Fußballpro­fi zu werden“, erzählte Hitzlsperg­er. Das schafft er. Und auch sein Comingout gelingt ihm. Obwohl er lange gezögert hat. „Ich fühlte mich wie vor einem Sprung vom Zehnmetert­urm. Ich habe vorher lange überlegt, jetzt wollte ich springen, aber es war immer noch ein diffuses Gefühl zwischen Unsicherhe­it und Sorge. Dann bin ich gesprungen. Ich bin eingetauch­t – und ohne Verletzung­en wieder aufgetauch­t“, erzählte er später in einem Interview.

Die Entscheidu­ng für den VfB dürfte schneller gefallen sein.

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Foto: dpa

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