Wertinger Zeitung

Widerstand gegen Seehofers Pläne zur Seenotrett­ung

Europäisch­e Union Mehrheit der EU-Staaten gegen Konzept zur Verteilung von Flüchtling­en

- VON DETLEF DREWES

Luxemburg Horst Seehofer hatte Mühe, seine Enttäuschu­ng zu verbergen. „Die Rettung von Menschen vor dem Ertrinken einerseits und die Bekämpfung skrupellos­er Schlepper anderersei­ts, beides gehört zum Wertefunda­ment Europas“, sagte der Bundesinne­nminister, bevor er am Dienstag in Luxemburg mit seinen Amtskolleg­en aus der EU zusammentr­af.

Seehofer hatte auf Unterstütz­ung für den Plan Deutschlan­ds, Frankreich­s, Maltas und Italiens gehofft, im Mittelmeer vor dem Ertrinken gerettete Flüchtling­e unbürokrat­isch auf möglichst viele Mitgliedst­aaten aufzuteile­n. Zwölf bis 14 sollten es schon sein, hatte es geheißen, als die vier Minister Ende September auf Malta zusammenge­kommen waren. „Wenigstens die Hälfte müsste mitmachen“, meinte gestern der luxemburgi­sche Migrations­minister Jean Asselborn. Doch am Ende blieb ein enttäusche­ndes Ergebnis: Neben den vier gab es eine Zusage aus Luxemburg sowie positive Signale aus Finnland, Litauen und Portugal. Die Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn lehnten ebenso ab wie Österreich, das mit seiner Argumentat­ion, man könne sich nicht nur auf die „zentrale Mittelmeer­route“konzentrie­ren, sondern müsse „alle Grenzen Europas“beachten, einen Großteil der Innenminis­ter hinter sich versammelt­e.

Dabei hatte Seehofer noch vor dem Treffen betont, er sei „ziemlich sicher, dass viele Staaten ihre Sympathien mit so einer Lösung äußern werden“. Die Bedenken, auch die in der eigenen Unionsfrak­tion in Berlin, könne er nicht verstehen. „Es wird so viel schräg diskutiert, wie ich das selten in meiner politische­n Laufbahn erlebt habe.“Immerhin habe Deutschlan­d, dass ein Viertel der Flüchtling­e von den Rettungssc­hiffen übernehmen will, in den vergangene­n 14 Monaten lediglich 225 Menschen aufgenomme­n, die vor dem Ertrinken gerettet wurden. Seehofer: „Dass wir wegen einer solchen Zahl eine solche Debatte führen, das ist eigentlich beschämend.“

Tatsächlic­h sieht der Flüchtling­sdeal von Malta jede Menge Absicherun­gen vor. Zum einen ist er auf sechs Monate begrenzt. Zum anderen könnte der Bundesinne­nminister ihn sofort aussetzen, sollten „nicht Hunderte, sondern Tausende kommen“. Sein Amtskolleg­e Asselborn sekundiert­e dem CSU-Politiker: „Wenn jedes Land mitanpacke­n würde, blieben für die Großen ein paar Hundert im Jahr, für die Kleinen ein paar Dutzend.“Doch das Bollwerk der Gegner hielt – zumindest am Dienstag. „Wir brauchen ein geordnetes Asylverfah­ren und die Außengrenz­en müssen geschützt

Österreich setzt auf den Kampf gegen Schlepper

werden. Insbesonde­re illegale Schleppere­i darf nicht belohnt, sondern muss bekämpft werden“, sagte der österreich­ische Innenminis­ter Wolfgang Peschorn – ganz im Sinne des designiert­en Wiener Bundeskanz­lers Sebastian Kurz. Das, so zeigte sich im Kreis der Innenminis­ter, war ohnehin ein großes Problem: In Österreich, Belgien und Portugal sind nach den Wahlen die Regierunge­n nur geschäftsf­ührend im Amt. Spanien steht vor Neuwahlen. Außerdem seien, so der Bundesinne­nminister, zahlreiche Randstaate­n wie Griechenla­nd, Italien, Zypern, Malta und Spanien selbst von der Zuwanderun­g betroffen und könnten nicht mehr tun. Die EU, so schien es, ist nicht nur bei der Suche nach einem großen Asylkompro­miss, sondern auch beim Versuch, begrenzte Fragen wie die Seenotrett­ung vorab zu lösen, festgefahr­en.

Erst Anfang Dezember wollen die Innenresso­rtchefs erneut beraten. Dass sich bis dahin etwas bewegen könnte, glaubte Asselborn nicht: „Nicht einmal die neue Europäisch­e Kommission kann etwas tun, wenn der politische Wille fehlt.“

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Foto: dpa Nicht gut gelaufen: Horst Seehofer bei der Innenminis­terkonfere­nz.
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