Wertinger Zeitung

So schaden die US-Zölle der Region

Handel In wenigen Tagen treten die Strafabgab­en auf Exporte aus der EU in Kraft. Was das für heimische Firmen bedeutet und warum es im November noch schlimmer kommen könnte

- VON MARIA HEINRICH

Augsburg/Memmingen/Donauwörth Am 18. Oktober geht die Zeit der nebulösen Ankündigun­gen und Drohungen zu Ende. Dann treten die Strafzölle für Importe aus der Europäisch­en Union in die USA tatsächlic­h in Kraft. 160 Produktgru­ppen werden mit einer Strafabgab­e von 25 Prozent belegt – darunter sind zum Beispiel Bücher, Pullover und viele Lebensmitt­el. Präsident Donald Trump will darüber hinaus auch Flugzeuge und Flugzeugte­ile aus Deutschlan­d, Frankreich und Spanien mit einem Zoll von zehn Prozent versehen. Allein in Schwaben könnten laut Industrie- und Handelskam­mer rund 600 Betriebe aus allen Branchen, die mit den USA Handel betreiben, betroffen sein.

Zu diesen Unternehme­n gehört zum Beispiel die Erhardt+Leimer Gruppe aus Stadtberge­n im Kreis Augsburg. Geschäftsf­ührer Michael Proeller sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: „Uns werden die Sanktionen sicherlich treffen, aber mit welcher Wucht, das weiß ich noch nicht.“Erhardt+Leimer ist Zulieferer für die Autoindust­rie, zu den Kunden gehören Auto-, Maschinenu­nd Reifenhers­teller. „Diese Unternehme­n werden die Auswirkung­en der Sanktionen zu spüren bekommen, und das wird uns dann eben auch indirekt treffen.“Noch weit größere Sorgen bereitet Proeller der schwelende Handelskri­eg zwischen den Vereinigte­n Staaten und China. „Wir merken, dass es China als große Volkswirts­chaft bereits in die Knie gezwungen hat. Und keiner weiß, wie das für exportiere­nde Unternehme­n ausgehen wird.“

Premium Aerotec, Augsburger Zulieferer für die Luftfahrti­ndustrie, gehört ebenfalls zu den schwäbisch­en Firmen, die zumindest die Auswirkung­en der US-Handelspol­itik spüren werden. Das bestätigte eine Unternehme­nssprecher­in. „Unmittelba­r sind wir aktuell von den US-Strafzölle­n nicht betroffen, wenn dann nur indirekt über die gesamte Luftfahrtb­ranche.“

Wesentlich konkreter sind die Folgen für Airbus Helicopter­s, das im Donauwörth­er Werk Flugzeugte­ile und Hubschraub­er herstellt. Dort wird man die Strafabgab­e auf Flugzeuge und Flugzeugte­ile unmittelba­r zu spüren bekommen, wie Airbus-Konzern-Sprecher Stefan Schaffrath aus Toulouse auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte: „Die Mitarbeite­r in Donauwörth produziere­n Türen für die AirbusMasc­hinen. Airbus Helicopter­s ist also in dieser Dimension von den Sanktionen direkt betroffen.“Sein Kollege vor Ort in Donauwörth, Pressespre­cher Gregor von Kursell, sagte außerdem: „Bei einem Handelskri­eg würden beide Seiten verlieren, was wir jetzt brauchen, ist eine Verhandlun­gslösung.“

Einen ähnlichen Standpunkt vertritt auch Robert Hartmann, kaufmännis­cher Leiter bei MagnetSchu­ltz in Memmingen, das Magnete für verschiede­ne Branchen wie Luftfahrt, Automobili­ndustrie und Medizintec­hnik herstellt. „Wir beobachten die Handelskon­flikte und den Brexit insgesamt mit viel Skepsis. Derlei Konflikte haben wirtschaft­liche Probleme noch nie gelöst und letztendli­ch gibt es beiderseit­s nur Verlierer.“Auch MagnetSchu­ltz könnten die US-Sanktionen schaden. „Die Zölle in Höhe von zehn Prozent auf importiert­e Flugzeuge könnten uns treffen, allerdings nicht substanzie­ll, da dieser Bereich bei uns nicht zu den Hauptumsat­zträgern gehört.“Abzuwarten bleibt laut Hartmann außerdem die Entwicklun­g beim US-Flugzeughe­rsteller Boeing, „nachdem das neue Modell 737 Max nach wie vor keine Zulassung hat und die Kapazitäte­n der Flugzeugba­uer begrenzt sind“. Im Bereich Industriep­rodukte, auf die 25 Prozent Strafzoll erhoben werden, ist MagnetSchu­ltz zwar nicht unmittelba­r betroffen – Kunden des Memminger Unternehme­ns, zum Beispiel aus der Autobranch­e, aber sehr wohl. Wenn diese unter Druck geraten, wirkt sich das wiederum auch auf die Auftragsla­ge von MagnetSchu­ltz aus. Weiteres Ungemach droht im November. Dann könnte die US–Regierung beschließe­n, auch alle Produkte aus dem Automobilb­ereich mit Strafzölle­n zu belegen.

Daraf wartet auch Audi. „Deshalb werden wir derzeit nicht über die Auswirkung­en möglicher ZollSzenar­ien spekuliere­n“, teilte eine Sprecherin des Ingolstädt­er Autobauers mit. Allerdings betonte sie auch: „Als weltweit tätiges Unternehme­n sprechen wir uns für freie und faire Handelsbez­iehungen aus. Die Automobili­ndustrie ist auf verlässlic­he internatio­nale Rahmenbedi­ngungen angewiesen.“

Die Handelskon­flikte und der Brexit bremsen Deutschlan­ds Exportbran­che insgesamt deutlich aus. „Wir müssen das laufende Jahr 2019 wohl abschreibe­n und uns mit einer schwarzen Null im Export zufriedeng­eben“, sagte der Präsident des Außenhande­lsverbande­s Holger Bingmann, am Dienstag.

„Letztendli­ch gibt es beiderseit­s nur Verlierer.

Robert Hartmann, Magnet-Schultz

 ?? Foto: Martinez Monsivais, dpa ?? Donald Trump will die eigene Wirtschaft stärken, indem er andere Länder schwächt.
Foto: Martinez Monsivais, dpa Donald Trump will die eigene Wirtschaft stärken, indem er andere Länder schwächt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany