Städte wehren sich gegen Party-Schläger
Sicherheit Augsburg erteilt notorischen Unruhestiftern nachts ein Innenstadtverbot und wählt damit einen besonders strengen Weg. Wie andere Kommunen mit ähnlichen Problemen umgehen
Augsburg/Kempten Wenn es um gezielte Angriffe gegen Polizisten geht, nimmt Augsburg im bundesweiten Vergleich einen traurigen Spitzenplatz ein. Allein im vergangenen Jahr sind 48 Beamte des Innenstadtreviers angegriffen worden – davon 16 Mal im Nachtleben. Dazu kommen notorische Schläger, die zum wiederholten Male mit Körperverletzung auffallen. Oder Drogenkonsumenten. Das meiste davon spielt sich in der Innenstadt ab. Daher greift die Stadt schärfer durch. Wer durch Gewalttaten und Drogendelikte auffällt, darf freitags, samstags und vor Feiertagen zwischen 22 und 6 Uhr die Innenstadt nicht mehr betreten. Damit hat Augsburg wesentlich schärfere Regeln als andere Städte in Bayern.
Zwölf sogenannte Betretungsverbote hat Augsburg seit dem Sommer 2017 ausgesprochen. Aus der Innenstadt verbannt werden nicht Partygänger, die einmal in eine Handgreiflichkeit geraten, sondern Schläger, die mehrmals durch gezielte Angriffe auffallen. Die neue Regel greift auch für die Drogenbrennpunkte in Augsburg. „Die Personalien der Betroffenen sind jedem Beamten bekannt“, sagt Dirk Schmidt, Chef des Innenstadtreviers der Polizei. Kontrolliert wird stichprobenartig. Wer trotz eines Verbots angetroffen wird, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 2000 Euro rechnen. Besonders im Nachtleben habe sich die Regel bewährt. In nur einem Fall wurde ein Verstoß gegen das Verbot festgestellt. In der Drogenszene verstießen drei Personen gegen ihr Innenstadtverbot.
In München gibt es bereits seit 2012 ebenfalls die Möglichkeit, ein Betretungsverbot zu verhängen. Es gilt für die Feiermeile zwischen Sendlinger Tor und Maximiliansplatz, in dem sich die meisten Clubs befinden. Ein Verbot kann von 22 Uhr bis 7 Uhr über einen Zeitraum von zwölf Monaten erlassen werden. Im Vergleich zum deutlich kleineren Augsburg greift die Landeshauptstadt selten auf diese Maßnahme zurück. Laut Kreisverwaltungsreferat (KVR) wurden 2017 sechs Verbote verhängt, 2018 waren es fünf. Wesentlich häufiger werden Unruhestifter vom Oktoberfest verbannt: Im Jahr 2018 traf es 64 Personen.
In Ulm haben Behörden ebenfalls die Möglichkeit, Betretungsverbote auszusprechen. Diese werden allerdings fast nie benutzt. „Seit mindestens zehn Jahren wurde keines mehr verhängt“, berichtet Rainer Türke, Abteilungsleiter der Bürgerdienste für Sicherheit, Ordnung und Gewerbe in Ulm. Wie Türke sagt, gebe es in Ulm nicht den wiederkehrenden Tätertypen, der für solch eine Maßnahme infrage käme. Zudem habe man auch keine Kriminalitätsschwerpunkte, beispielsweise im Bereich Drogenhandel, für die ein Konzept wie in Augsburg geeignet wäre. Nur in besonderen Fällen wie bei Spielen des Fußballvereins SSV Ulm gegen Gegner mit problematischen Anhängern könne es dazu kommen, dass einzelnen Auswärtsfans das Betreten der Innenstadt am Spieltag untersagt wird, sagt Rainer Türke.
Auch Kempten muss mit Unruhestiftern zurechtkommen. „Wenn auch nicht in der Größenordnung wie Augsburg“, sagt Markus Asbach, kommissarischer Leiter der Polizeiinspektion Kempten. Und doch hat die 70000-EinwohnerStadt im Allgäu ihre Problemzonen. „Es gibt Orte, wo es in einem gewissen Rahmen zu Streit kommt“, formuliert es Asbach vorsichtig. Doch dies seien keine eklatanten Fälle. Ein Innenstadtverbot gebe es daher nicht. Ein anderes Thema seien sommerliche und feuchtfröhliche Feiern am Illerdamm: Ende Mai bis Mitte Juli feiern dort Schüler ihren Abschluss. „Die Schüler dürfen feiern, aber mit gewissen Regeln“, sagt Asbach. So darf kein harter Alkohol konsumiert werden und nur bis 20 Uhr gefeiert werden.
Als „immer wiederkehrendes Problem“, bezeichnet Alexander Kurfürst, Vize-Chef der Polizeiinspektion Illertissen, den Umgang mit Drogen und Alkohol. Im vergangenen Jahr hatte die Kleinstadt mit rund 17 500 Einwohnern mit einer randalierenden Jugend-Clique zu kämpfen, die Schlägereien anzettelte. Die Polizei reagierte schnell. Mit Streetworkern suchten Beamte regelmäßig die Treffpunkte auf, ermahnten und kontrollierten die Jugendlichen. Feiernde, die regelmäßig für Unruhe sorgen, habe die Stadt nicht. „Wenn, dann nur in Verbindung mit bestimmten Festen wie Faschingsumzügen“, sagt Kurfürst. In diesen Fällen ergreife die Polizei mit anderen Sicherheitsbehörden präventive Maßnahmen. „Bestimmte Auflagen sollen von vornherein verhindern, dass es zu Ausschreitungen kommt.“