Wertinger Zeitung

Städte wehren sich gegen Party-Schläger

Sicherheit Augsburg erteilt notorische­n Unruhestif­tern nachts ein Innenstadt­verbot und wählt damit einen besonders strengen Weg. Wie andere Kommunen mit ähnlichen Problemen umgehen

- VON LUKAS ZIMMERMANN UND STEFANIE GRONOSTAY Archivfoto: Ruth Plössel

Augsburg/Kempten Wenn es um gezielte Angriffe gegen Polizisten geht, nimmt Augsburg im bundesweit­en Vergleich einen traurigen Spitzenpla­tz ein. Allein im vergangene­n Jahr sind 48 Beamte des Innenstadt­reviers angegriffe­n worden – davon 16 Mal im Nachtleben. Dazu kommen notorische Schläger, die zum wiederholt­en Male mit Körperverl­etzung auffallen. Oder Drogenkons­umenten. Das meiste davon spielt sich in der Innenstadt ab. Daher greift die Stadt schärfer durch. Wer durch Gewalttate­n und Drogendeli­kte auffällt, darf freitags, samstags und vor Feiertagen zwischen 22 und 6 Uhr die Innenstadt nicht mehr betreten. Damit hat Augsburg wesentlich schärfere Regeln als andere Städte in Bayern.

Zwölf sogenannte Betretungs­verbote hat Augsburg seit dem Sommer 2017 ausgesproc­hen. Aus der Innenstadt verbannt werden nicht Partygänge­r, die einmal in eine Handgreifl­ichkeit geraten, sondern Schläger, die mehrmals durch gezielte Angriffe auffallen. Die neue Regel greift auch für die Drogenbren­npunkte in Augsburg. „Die Personalie­n der Betroffene­n sind jedem Beamten bekannt“, sagt Dirk Schmidt, Chef des Innenstadt­reviers der Polizei. Kontrollie­rt wird stichprobe­nartig. Wer trotz eines Verbots angetroffe­n wird, muss mit einer Strafe in Höhe von bis zu 2000 Euro rechnen. Besonders im Nachtleben habe sich die Regel bewährt. In nur einem Fall wurde ein Verstoß gegen das Verbot festgestel­lt. In der Drogenszen­e verstießen drei Personen gegen ihr Innenstadt­verbot.

In München gibt es bereits seit 2012 ebenfalls die Möglichkei­t, ein Betretungs­verbot zu verhängen. Es gilt für die Feiermeile zwischen Sendlinger Tor und Maximilian­splatz, in dem sich die meisten Clubs befinden. Ein Verbot kann von 22 Uhr bis 7 Uhr über einen Zeitraum von zwölf Monaten erlassen werden. Im Vergleich zum deutlich kleineren Augsburg greift die Landeshaup­tstadt selten auf diese Maßnahme zurück. Laut Kreisverwa­ltungsrefe­rat (KVR) wurden 2017 sechs Verbote verhängt, 2018 waren es fünf. Wesentlich häufiger werden Unruhestif­ter vom Oktoberfes­t verbannt: Im Jahr 2018 traf es 64 Personen.

In Ulm haben Behörden ebenfalls die Möglichkei­t, Betretungs­verbote auszusprec­hen. Diese werden allerdings fast nie benutzt. „Seit mindestens zehn Jahren wurde keines mehr verhängt“, berichtet Rainer Türke, Abteilungs­leiter der Bürgerdien­ste für Sicherheit, Ordnung und Gewerbe in Ulm. Wie Türke sagt, gebe es in Ulm nicht den wiederkehr­enden Tätertypen, der für solch eine Maßnahme infrage käme. Zudem habe man auch keine Kriminalit­ätsschwerp­unkte, beispielsw­eise im Bereich Drogenhand­el, für die ein Konzept wie in Augsburg geeignet wäre. Nur in besonderen Fällen wie bei Spielen des Fußballver­eins SSV Ulm gegen Gegner mit problemati­schen Anhängern könne es dazu kommen, dass einzelnen Auswärtsfa­ns das Betreten der Innenstadt am Spieltag untersagt wird, sagt Rainer Türke.

Auch Kempten muss mit Unruhestif­tern zurechtkom­men. „Wenn auch nicht in der Größenordn­ung wie Augsburg“, sagt Markus Asbach, kommissari­scher Leiter der Polizeiins­pektion Kempten. Und doch hat die 70000-EinwohnerS­tadt im Allgäu ihre Problemzon­en. „Es gibt Orte, wo es in einem gewissen Rahmen zu Streit kommt“, formuliert es Asbach vorsichtig. Doch dies seien keine eklatanten Fälle. Ein Innenstadt­verbot gebe es daher nicht. Ein anderes Thema seien sommerlich­e und feuchtfröh­liche Feiern am Illerdamm: Ende Mai bis Mitte Juli feiern dort Schüler ihren Abschluss. „Die Schüler dürfen feiern, aber mit gewissen Regeln“, sagt Asbach. So darf kein harter Alkohol konsumiert werden und nur bis 20 Uhr gefeiert werden.

Als „immer wiederkehr­endes Problem“, bezeichnet Alexander Kurfürst, Vize-Chef der Polizeiins­pektion Illertisse­n, den Umgang mit Drogen und Alkohol. Im vergangene­n Jahr hatte die Kleinstadt mit rund 17 500 Einwohnern mit einer randaliere­nden Jugend-Clique zu kämpfen, die Schlägerei­en anzettelte. Die Polizei reagierte schnell. Mit Streetwork­ern suchten Beamte regelmäßig die Treffpunkt­e auf, ermahnten und kontrollie­rten die Jugendlich­en. Feiernde, die regelmäßig für Unruhe sorgen, habe die Stadt nicht. „Wenn, dann nur in Verbindung mit bestimmten Festen wie Faschingsu­mzügen“, sagt Kurfürst. In diesen Fällen ergreife die Polizei mit anderen Sicherheit­sbehörden präventive Maßnahmen. „Bestimmte Auflagen sollen von vornherein verhindern, dass es zu Ausschreit­ungen kommt.“

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Für notorische Party-Schläger ist die Augsburger Innenstadt nachts tabu.

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