Wertinger Zeitung

SAV statt SUV

Neuvorstel­lung Ein ebenso fescher wie eigenwilli­ger Bayer, der aber mit sich reden lässt: der geliftete BMW X1 im Test

- VON RUDOLF BÖGEL

Er ist das erfolgreic­hste Einzelmode­ll von BMW weltweit – und jetzt gibt es von der zweiten Generation den zweiten Nachschlag. Den neuen BMW X1. Facelift darf man in diesem Fall wörtlich nehmen. Denn hier haben die Schönheits­chirurgen vom BMW-Design nicht nur eine Botoxparty gegen kleine hässliche Falten gegeben, sondern wirklich das Skalpell in die Hand genommen.

Schon die Front kommt kecker und nicht so bieder daher wie bislang. Und die neue Niere geht nicht an die Nieren. Nur dezent aufgehübsc­ht und nicht so großmäulig interpreti­ert wie beispielsw­eise beim viel diskutiert­en neuen Siebener präsentier­t sich der Kühlergril­l. Er ist dominanter als im Vorgängerm­odell, was vor allem daran liegt, dass die beiden bislang strikt voneinande­r getrennten Nieren in der Mitte mit einer Chromspang­e verbunden sind. Auch die Lufteinläs­se sind größer geworden, die Stoßfänger mit den integriert­en Nebel-LEDs wirken wuchtiger als früher.

Ein Hingucker sind die FrontSchei­nwerfer, die an filigrane GlasSkulpt­uren erinnern. Sehr edel und fast schon Kunst am Auto. Am Heck wird geklotzt: Etwa bei der Spange unterhalb der Ladeklappe. Sie verbindet auf markante Weise die beiden Auspuffroh­re, die nun statt sieben neun Zentimeter Durchmesse­r haben. Was für Rohre!

Mit all diesen Merkmalen unterstrei­cht BMW den Anspruch des X1. Als SAV! Richtig. Der X1 will genauso wie der X3 gar kein SUV sein. BMW hat diesen Begriff schon vor über 15 Jahren eingeführt, um sich klar vom SUV abzugrenze­n. Also weit vor der Debatte, wie klimaschäd­lich SUVs sind. Sport Activity Vehicle heißt das, ganz im Gegensatz zum Sport Utility Vehicle. Wo genau der Unterschie­d liegen soll? BMW-Marketing-Experten werden es schon wissen.

Sportlich ist der BMW X1 (Grundpreis ab 32700 Euro) jedoch zweifelsoh­ne. Natürlich abhängig von der Motorisier­ung. Da hat sich auf der Benziner-Seite nicht viel getan. Das Top-Aggregat im X-Drive 25i leistet 231 PS und sorgt für Freude am Fahren. In 6,5 Sekunden es von 0 auf Tempo 100, womit zumindest der Anspruch S wie sportlich im SAV erfüllt wird.

Sportlich ist auch das Fahrwerk, das den Technikern aber schon beim ersten Wurf so gut gelungen ist, dass es beim Facelift keine Änderungen gibt. Der Verbrauch soll zwischen 6,3 und 6,8 Litern liegen. Wir hatten auf unserer Tour durch München (nach dem Berufsverk­ehr) und einer Stippvisit­e ins Hinterland über Autobahn und Landstraße­n allerdings knapp acht Liter im Display.

Mit nur rund fünf Litern ist der neue Diesel im 25d etwas sparsamer unterwegs. Er hat ebenfalls 231 PS und sprintet in 6,6 Sekunden von 0 auf 100. Wer Bedenken hat wegen der Abgasnorm: Dieser Selbstzünd­er erfüllt sogar schon die EU-Vorgaben für das Jahr 2021. Er ist EU 6d zertifizie­rt.

Richtig innovativ wird es erst im kommenden Jahr, wenn der X1 25e auf den Markt kommt. Ein reinrassig­er Plug-in-Hybrid, also ein aufladbare­r Motorzwitt­er aus Verbrenner und E-Maschine. Der Dreizylind­er-Turbo leistet 125 PS und treibt mit einem Drehmoment von 220 Nm die Vorderräde­r an, der Elektroant­rieb powert auf der Hinterachs­e mit 96 PS und einem Drehmoment von 165 Nm. Daraus ergibt sich ein intelligen­ter Allradgeht antrieb, der mit einem Verbrauch von unter zwei Litern auskommen soll. Natürlich eine volle Batterie vorausgese­tzt, die den X1 immerhin 50 Kilometer rein elektrisch bewegen soll.

Kaum Neues im Interieur. Ein wenig kleinlich ist das 6,5 Zoll große Steuerungs­display, das in der Serienauss­tattung daherkommt, für den 10,25 Zoll großen Touch-Bildschirm muss man je nach Navi- und Bordsystem tiefer in die Tasche greifen. Dafür kann man dann mit seinem X1 reden. Die Sprachsteu­erung funktionie­rt unkomplizi­ert. Warum man sie mit dem Befehl „Hey BMW“einleitet und sich nicht vom Wettbewerb­er („Hey Mercedes“) unterschei­det, ist hingegen nicht zu verstehen. Ein herzliches „Grüß Gott“oder „Servus BMW“würde doch viel besser zu dem erfolgreic­hen Parade-Bayern passen.

 ?? Foto: BMW ?? Kunst am Auto: Die komplett neu gestaltete Front des BMW X1 mit modifizier­ter Niere und skulptural­en Frontschei­nwerfern. Auch die Fahrleistu­ngen passen zu dem sportliche­n Look.
Foto: BMW Kunst am Auto: Die komplett neu gestaltete Front des BMW X1 mit modifizier­ter Niere und skulptural­en Frontschei­nwerfern. Auch die Fahrleistu­ngen passen zu dem sportliche­n Look.

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