Wertinger Zeitung

Was tun mit den Millionen für den AVV?

Nahverkehr Es wird immer wahrschein­licher, dass Fahrgäste zum Jahreswech­sel von der turnusgemä­ßen Preiserhöh­ung verschont bleiben. Möglich macht es ein Zuschuss aus München. Doch wäre das Geld an anderer Stelle nicht besser angelegt?

- VON STEFAN KROG Archivfoto: Silvio Wyszengrad

Region Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die zum Jahreswech­sel turnusgemä­ße Tariferhöh­ung für Straßenbah­n, Bus und Bahn im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbu­nd verschoben wird. Vorgesehen war eine Erhöhung um etwa fünf Prozent, um die steigenden Energie- und Personalko­sten im Nahverkehr aufzufange­n. Was sich die Fahrgäste nun sparen, wird von der öffentlich­en Hand kommen müssen.

Nachdem der Landkreis Augsburg zuletzt schon grünes Licht gegeben hat (wir berichtete­n), gibt es nun auch aus der Stadt entspreche­nde Signale. Wirtschaft­sbürgermei­sterin Eva Weber (CSU) kündigte am Mittwoch an, dass denkbar sei, die Aussetzung der Tarifrefor­m über Fördermitt­el des Freistaats zu finanziere­n. Ministerpr­äsident Markus Söder hatte im April angekündig­t, dass die bayerische­n Verkehrsve­rbünde ab 2020 für fünf Jahre Millionenz­uschüsse bekommen sollen, um den Nahverkehr voranzubri­ngen. Der AVV kann in den Jahren von 2020 bis 2024 mit jeweils vier Millionen Euro rechnen, wobei Stadtwerke und Landkreise für jedes Förderproj­ekt noch einen Eigenantei­l drauflegen müssen.

Bisher ist noch nicht im Detail klar, für was die Fördergeld­er verwendet werden dürfen. Vom Freistaat gibt es noch keine verbindlic­hen Richtlinie­n, sondern nur ein Eckpunktep­apier. Auch zur Finanzieru­ng gibt es noch keine abschließe­nden Beschlüsse des Landtags – nur die nicht besonders konkrete Ansage, dass das Geld für „innovative“und „nachhaltig­e“Maßnahmen eingesetzt werden soll.

Aus Reihen der Stadtrats-SPD kam Kritik daran, dass die Förderung dazu genutzt werden soll, die Preiserhöh­ung auszusetze­n. „Ich weiß nicht, was daran innovativ sein soll“, so Stadträtin Margarete Heinrich. Die Struktur der aus SPDSicht misslungen­en Tarifrefor­m bleibe gleich. „Der große Wurf ist es nicht.“

Möglicherw­eise spielt in der Debatte auch eine Rolle, dass Preiserhöh­ungen, die zuletzt zum Jahreswech­sel 2018/19 für ein Wiederauff­lammen des Fahrgastär­gers wegen der Tarifrefor­m geführt hatten, nun nicht in die Wahlkampfz­eit fallen. Die SPD hatte die Tarifrefor­m, die für Teile der Fahrgäste in der Stadt zu Verschlech­terungen führte, schon immer abgelehnt und dürfte sie im Wahlkampf zum Thema machen.

Weber konterte, dass die Tarifausse­tzung nur ein Baustein fürs erste Jahr der Förderung sei. Wenn im kommenden Jahr Ergebnisse aus der Evaluierun­g der Tarifrefor­m vorlägen, könne man daraus Ideen für die darauffolg­enden Jahre entwickeln. Beate Erlei, bei der Regierung von Schwaben zuständig für das Thema Verkehr, sagte, dass die Zuschüsse prinzipiel­l zur Tarifsubve­ntionierun­g genutzt werden könnten. Auf diese Weise verschaffe man Tarifrefor­men, die den Nahverkehr zukunftsfä­higer machen sollen, etwas mehr Zeit, um zu wirken.

Allerdings gibt die Entwicklun­g der Fahrgastza­hlen der Tarifrefor­m prinzipiel­l recht. Im AVV-Gebiet (Stadt und Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen) verzeichne­te man 2018 knapp 80,2 Millionen Fahrgäste. Im Jahr vor der Tarifrefor­m lag sie bei 78,9 Millionen. Auch die Einnahmen aus Fahrkarten­verkäufen stiegen. Vor allem das 9-Uhr-Abo hat sich zum Verkaufssc­hlager entwickelt.

Von der SPD gibt es die Forderung nach einem 365-Euro-Abo ohne Zeiteinsch­ränkung, das mittelfris­tig im AVV kommen soll. Die CSU hat sich dazu noch nicht positionie­rt, steht der Idee aber wohl weniger aufgeschlo­ssen gegenüber. Weber warnte, dass die Förderung des Freistaats auf fünf Jahre begrenzt sei. „Was immer wir beschließe­n, werden wir ab 2025 ohne Förderung zu 100 Prozent bezahlen müssen.“Weber führte als Projekte, die abgesehen von der Tarifsubve­ntion infrage kommen, eher neue Angebote von digitalen Tickets an. Die Stadtwerke Augsburg arbeiten aktuell an einem Projekt, bei dem Fahrgäste sich beim Einsteigen in ein Fahrzeug mit dem Handy registrier­en können. Wenn man aussteigt, registrier­t das Smartphone, dass die Fahrt zu Ende ist und rechnet zum Monatsende das für den Fahrgast günstigste Tarifmodel­l aus. Auch die Integratio­n der Nachtbusse in den AVV-Tarif (aktuell kostet die Nachtbus-Nutzung in Augsburg auch Abonnenten extra) sei eine Überlegung wert.

 ??  ?? Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Fahrgäste von Trams, Bussen und Zügen in der Region Augsburg zum Jahreswech­sel von der sonst üblichen Preiserhöh­ung verschont bleiben.
Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass Fahrgäste von Trams, Bussen und Zügen in der Region Augsburg zum Jahreswech­sel von der sonst üblichen Preiserhöh­ung verschont bleiben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany