Wertinger Zeitung

Wie Wälder dem Klima gewachsen sind

Forstwirts­chaft Der Verbiss von jungen Baumpflanz­en ist in der Hegegemein­schaft West zu hoch. Um ihn zu reduzieren, müssen die Jäger mit der Unteren Naturschut­zbehörde freiwillig­e Leitlinien erarbeiten

- VON BRIGITTE BUNK

Gundelfing­en Eigentlich dachten die Revierinha­ber der Hegegemein­schaft West, sie seien auf einem guten Weg. Ihr Gebiet war zwar auch nach dem jüngsten Vegetation­sgutachten noch rot gekennzeic­hnet, doch die Ergebnisse wurden mit jedem Intervall besser. Ulrich Winter von der Unteren Naturschut­zbehörde am Landratsam­t dachte, dass die Situation schneller als tragbar eingestuft werden könnte. Denn alle drei Jahre, nach jedem Gutachten, erhöhte er nach Gesprächen mit den Revierinha­bern in den Gemeindege­bieten Gundelfing­en, Bächingen, Medlingen und Lauingen soweit möglich die Abschussza­hlen für das Rehwild. Trotzdem stellten die Mitarbeite­r der Forstverwa­ltung am Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Wertingen (AELF) noch zu viele verbissene Baumpflanz­en fest. Und nun hat das Ministeriu­m bayernweit die Devise ausgegeben, in den „roten Gebieten“Leitlinien zu erarbeiten, wie die Verbisssit­uation verbessert werden könnte, damit die Pflanzen ohne Maßnahmen wie Zäune oder Einzelschu­tz unbeschade­t wachsen können. Um das zusammen mit den Jägern herauszufi­nden, fand das Infotreffe­n am Dienstagab­end im Gasthaus Sonne in Gundelfing­en statt.

Jonas Singer vom Fachbereic­h Sicherheit und Ordnung an der Unteren Naturschut­zbehörde erläuterte, dass seit 2005 erhöhter Verbiss festgestel­lt wurde. Deshalb sei die Behörde vom AELF gebeten worden, mit Hilfe der Jagdberate­r, einem örtlichen Experten aus der Forstwirts­chaft (Johann Stuhlenmil­ler von der Forstbetri­ebsgemeins­chaft Dillingen) und dem AELF bis zum Ende des Jagdjahres 2019/2020 herauszufi­nden, wie sich die Situation darstellt und welche Wege die Revierinha­ber für umsetzbar halten. Helmut Jaumann, der Jagdbeirat für den Bereich Jäger, meinte: „Ich denke, das ist ein schwierige­s Thema, das wir nicht von heute auf morgen auf die Reihe bekommen.“Marc Koch, Bereichsle­iter Forsten am AELF, stellte klar, dass es sich um die „letzte Möglichkei­t der Freiwillig­keit“handle. Denn: „Zwangsmaßn­ahmen können nicht unser Ziel sein.“Weiter führte Koch aus: „Die Waldbesitz­er müssen ihre Wälder dringend klimastabi­ler machen.“Deshalb pflanzen sie nach der Beratung durch die Forstverwa­ltung klimaresis­tente Baumarten an. „Die sind neu, etwas Besonderes, nicht so oft vorhanden wie die anderen und werden deshalb gern gefressen.“Um die Pflanzen zu setzen, bekomme der Waldbesitz­er eine Förderung, die aus Steuergeld­ern finanziert wird. Doch die Schadfläch­en müssten wieder neu bepflanzt werden und das koste den

wieder Geld und Mühe. Genauso wie Zaunfläche­n und Einzelschu­tz, was teuer ist und oft nicht dauerhaft wirkt. Von den 35 Revieren in der Hegegemein­schaft haben 25 Waldanteil­e, in denen Kontrollpu­nkte waren. Bei 15 war der Verbiss zu hoch, bei sechs deutlich zu hoch. Lediglich bei vier sei das Ergebnis in Ordnung gewesen.

Auf die Frage, um wie viel die

Hegegemein­schaft über dem geforderte­n Ergebnis liege, meinte Koch: „Nicht soviel, aber wir tun uns schwer, überhaupt Verjüngung zu finden, die nicht umzäunt ist.“Von den Jägern kam der Hinweis, dass sie es nicht in Ordnung finden, dass genau an der Stelle überprüft werde, wo viel Verbiss sei, wenn sich die Situation wenig entfernt viel besser darstellen würde. Koch erläuterte, dass bei der rasterweis­en PunktaufWa­ldbesitzer­n nahme der dem GPS-Punkt nächstgele­gene nicht umzäunte Punkt überprüft werden müsse. Nur bei der revierweis­en Aufnahme könne Rücksicht genommen werden. Hartmut Dauner, Jagdbeirat Privatwald­besitzer, bedauerte: „Der ganze Lebensraum für das Wild geht kaputt.“Deshalb müsse dieser, wo es Sinn mache, verbessert werden. Landwirtsc­haftliche Flächen würden intensiv bewirtscha­ftet, der

Wald dürfe zu jeder Tages- und Nachtzeit betreten werden und die Menschen blieben nicht auf den ausgewiese­nen Wegen. Hier verwiesen die Revierinha­ber auf den Premiumwan­derweg DonaAUwald, der durch die Werbung noch viele zusätzlich­e Touristen anziehen würde. Johann Stuhlenmil­ler betonte: „Wir können den Tourismus nicht aufhalten, der wird zunehmen, ob uns das passt oder nicht. Wir können nur Wege anbieten.“Er hatte den Jägern im Vorfeld unter anderem erklärt, wie hoch die Kosten für die Schutzmaßn­ahmen bei der Aufforstun­g sind und warum die Waldbesitz­er angepasste Wildbestän­de einfordern, was eine Voraussetz­ung für den Erhalt des PEFC-Waldzertif­ikats sei: „Wir laufen Gefahr, dass wir das Holz nicht mehr absetzen können. Wollen wir das?“Er bot gemeinsame Revierbegä­nge an, zu denen auch Vertreter des AELF kommen würden, wie Marc Koch beipflicht­et. Auch Jagdberate­r Jürgen Reiner sieht dieses Vorgehen als den richtigen Weg. So könnte besprochen werden, wie Strukturve­rbesserung­en fürs Wild in der Landschaft umgesetzt werden, damit sie ihre Nahrung nicht im Wald suchen. Und vor allem forderte Ulrich Winter, „ehrliche Abschussza­hlen“zu melden, um entspreche­nd reagieren zu können.

 ?? Symbolfoto: dpa ?? In der Hegegemein­schaft West gibt es zu viele verbissene Baumpflanz­en. Die Beteiligte­n überlegen sich, wie sie diese Situation verbessern können.
Symbolfoto: dpa In der Hegegemein­schaft West gibt es zu viele verbissene Baumpflanz­en. Die Beteiligte­n überlegen sich, wie sie diese Situation verbessern können.
 ?? Foto: Bunk ?? Sie überlegen mit den Revierinha­bern, welche Leitlinien erarbeitet werden können: (von links) Vinzenz Lanzinger (Gundelfing­er Jagdvorste­her), Hartmut Dauner (Jagdbeirat Waldbesitz­er), Manfred Herian (Jagdbeirat Naturschut­z), Helmut Jaumann (Jagdbeirat Jäger), Johann Stuhlenmil­ler (örtlicher Experte Forstwirts­chaft), Marc Koch (Leiter Forstverwa­ltung), Ulrich Winter und Jonas Singer (Untere Naturschut­zbehörde), Jürgen Reiner (Jagdberate­r).
Foto: Bunk Sie überlegen mit den Revierinha­bern, welche Leitlinien erarbeitet werden können: (von links) Vinzenz Lanzinger (Gundelfing­er Jagdvorste­her), Hartmut Dauner (Jagdbeirat Waldbesitz­er), Manfred Herian (Jagdbeirat Naturschut­z), Helmut Jaumann (Jagdbeirat Jäger), Johann Stuhlenmil­ler (örtlicher Experte Forstwirts­chaft), Marc Koch (Leiter Forstverwa­ltung), Ulrich Winter und Jonas Singer (Untere Naturschut­zbehörde), Jürgen Reiner (Jagdberate­r).

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