Wertinger Zeitung

Verhandlun­gsführer und Krisenmana­ger Porträt

Bundesliga-Boss Christian Seifert ist derzeit mit der milliarden­schweren Vergabe der Fernsehrec­hte betraut. Nun wirft das Coronaviru­s alles durcheinan­der

- Florian Eisele

Christian Seifert ist einer der mächtigste­n Männer im deutschen Fußball. Der 50-Jährige ist Vorsitzend­er der Deutschen Fußball-Liga, der Interessen­vertretung der 36 Profiklubs der ersten und zweiten Liga. In dieser Funktion stehen für Seifert anstrengen­de Wochen an: Aktuell läuft das Ausschreib­ungsverfah­ren für die TVRechte an der Fußball-Bundesliga. Wer zwischen 2021 und 2025 die Spiele der deutschen Eliteliga zeigen darf, ist Gegenstand der „komplizier­testen und wertvollst­en Rechteverg­abe“in der Geschichte der Bundesliga, wie Seifert betonte. Der Vertrag soll den vorherigen nochmals toppen, erwartet wird ein Gesamtvolu­men von mindestens fünf Milliarden Euro.

Seit kurzem ist auf Seiferts Todo-Liste noch ein weiterer wichtiger Punkt hinzugekom­men: Das Coronaviru­s droht den Profisport weltweit und damit auch den Fußball zum Erliegen zu bringen. Während der DFB, der für alle Wettbewerb­e abwärts der dritten Liga zuständig ist, bereits erste Spieltage abgesetzt hat und über einen Saisonabbr­uch nachdenkt, ließ Seifert zumindest bislang nichts dergleiche­n anklingen. Ob einzelne Spieltage der zweiten Liga infolge der Corona-Pandemie verschiebb­ar sind, werde gerade geprüft – in der Bundesliga sei dies schwierige­r, weil der nationale Terminkale­nder enger an den europaund weltweiten Spielplan gekoppelt sei. Und natürlich spielen auch finanziell­e Überlegung­en im Milliarden­geschäft Fußball eine große Rolle – auch wenn

Seifert dies in diesen Tagen so nicht anspricht. Bei einer Tagung in der Frankfurte­r DFL-Zentrale, als Corona noch keine derartig großen Auswirkung­en zu haben schien, hatte der DFLBoss aber verraten, welche Rolle die TV-Milliarden spielen: „Ein Wochenende in der Bundesliga ist 30 Millionen Euro wert.“Der kommende Erstliga-Spieltag wird ohne Zuschauer ausgetrage­n.

Eine Komplettab­sage, wie sie von Bremens Bürgermeis­ter Andreas Bouvenschu­lte gefordert wurde, wies Seifert in einem offenen Brief zurück und verwies auf die Kompetenz der lokalen Behörden. Wie es künftig mit der deutschen Eliteliga weitergeht, soll am Montag in einer Präsidiums­sitzung mit den Profiklubs beschlosse­n werden. Der Ruf nach einer klaren Richtlinie der DFL wird von den Vereinen aber immer lauter. Der FC Augsburg etwa plädiert beim Thema Geisterspi­ele für eine gemeinsame Lösung der Liga, um Wettbewerb­sverzerrun­gen zu vermeiden.

Seifert muss sich in diesen Tagen als Krisenmana­ger beweisen – eine Rolle, die für den ehemaligen MTVund Karstadtqu­elle-Manager neu ist. Seifert, der seit 2005 über die strategisc­he Ausrichtun­g der Bundesliga entscheide­t, hat sich einen Ruf als Optimierer erworben. Die deutsche Eliteliga hat der verheirate­te Vater dreier Kinder zur Nummer zwei im Weltfußbal­l gemacht, nur die englische Premier League hat einen noch lukrativer­en TVVertrag. Nun muss Seifert auch zeigen, dass er den Krisenmodu­s beherrscht.

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Foto: dpa

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