So kann sich die Risikogruppe schützen
Das Coronavirus und seine Folgen Pandemie I In Altersheimen und Krankenhäusern sind die Besuchszeiten wegen des Coronavirus eingeschränkt. Was ein Virologe am Uniklinikum Augsburg älteren und kranken Menschen rät
Augsburg Ältere und kranke Menschen sind in der aktuellen CoronaPandemie besonders gefährdet. Wir sprachen mit dem Direktor der Labormedizin und der Mikrobiologie am Universitätsklinikum Augsburg, Dr. Reinhard Hoffmann, über die besten Schutzvorkehrungen und fragten in Altersheimen nach deren Vorsichtsmaßnahmen.
Ab welchem Alter gehört man zur Risikogruppe, schon ab 50 Jahren?
„Das ist nicht ganz geklärt“, sagt Dr. Reinhard Hoffmann. „Laut Robert-Koch-Institut beginnt die Risikogruppe zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr, das Risiko für eine schwere Erkrankung – das zeigen Daten aus China – steigt aber pro Jahr weiter an.“
Wer zählt noch zur Risikogruppe?
„Zur Risikogruppe zählen vor allem Menschen mit Vorerkrankungen in der Lunge, also etwa Asthmapatienten, aber auch Patienten mit anderen schweren Lungenerkrankungen“, erklärt Hoffmann. Auch Menschen, die Medikamente einnehmen, die ihr Immunsystem unterdrücken, gehören dazu. Das können Krebspatienten sein, aber auch Menschen, die eine Transplantation hinter sich haben. „Diabetiker haben auch ein etwas schwächer ausgeprägtes Immunsystem, auch hier könnte es schwerere Verläufe geben.“
Viele fragen sich, warum einschneidende Maßnahmen getroffen werden, wenn die Erkrankung meist einer Erkältung ähnelt? Manche vermuten, Politik und Ärzte verheimlichen etwas. Was ist da dran?
„Gar nichts“, sagt Hoffmann. „Nichts wird verschwiegen. Es ist nur so, dass wir in Italien sehen, dass die Krankenverläufe auch ganz anders, nämlich sehr viel schwerer verlaufen können. In Italien liegen etwa zehn Prozent der an dem Coronavirus erkrankten Patienten auf Intensivstationen, das sind nicht wenige.“Und es besteht natürlich die Sorge, dies könnte in Deutschland auch noch so kommen. „Daher wird versucht, die Ansteckungswelle zu verlangsamen. Gerade auch mit Blick auf die Ressourcen in unserem Gesundheitssystem.“Außerdem versuche man gerade, Zeit zu gewinnen, da parallel auch noch viele Grippe haben. „Die Grippewelle flaut aber zumindest in unserem Haus jetzt ab.“Auch sei es nicht das erste Mal, dass ein Virus vom Tier auf den Menschen überspringt und eine Epidemie auslöst: „Es könnte sein, dass in Zukunft auch einmal ein Erreger vom Tier auf den Menschen überspringt, der deutlich gefährlicher ist als das jetzige SARSCoV2 – die jetzt gesammelten Erfahrungen, welche Maßnahmen zur Eindämmung eines hoch ansteckenden Erregers greifen, werden dann sehr hilfreich sein.“
Wenn ältere Menschen besonders stark gefährdet sind, ist es dann ratsam, dass die Enkel Oma und Opa nicht mehr besuchen?
„Dazu würde ich so generell nicht raten“, sagt Hoffmann. „Da muss auch die psychologische Komponente mitberücksichtigt werden. Es wäre niemandem geholfen, wenn jetzt ältere Menschen vereinsamen.“Gleichwohl sagt der Facharzt: „Bei Kindern sehen wir, dass sie an dem Coronavirus erkrankt sein können und überhaupt keine Symptome zeigen, dennoch aber andere Menschen anstecken können – hier sind ältere Menschen natürlich gefährdeter.“
Wie können sich Menschen aus der Risikogruppe schützen und wie sollten sich Kranke verhalten?
„Es gelten die gleichen Schutzmaßnahmen wie vor jeder Erkältung“, betont Hoffmann und zählt als Erstes das richtige und häufige Händewaschen auf. Vor allem sollten die
Hände sofort, wenn man zu Hause ist, gründlich gereinigt werden. Ebenso vor dem Zubereiten von Mahlzeiten, aber auch immer nach dem Niesen, Husten und Naseputzen. Hoffmann rät zu Papiertaschentüchern, die in einem Eimer mit Deckel entsorgt werden sollten. Wenn kein Taschentuch zur Hand ist, sollte beim Niesen die Ellenbeuge vor Mund und Nase gehalten werden. „Ganz wichtig ist es für Menschen, die ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben, dass sie Abstand zu anderen Menschen einhalten“, betont Hoffmann. Das bedeutet: Einen Meter oder in einer Sitzgruppe einen Stuhl zum Nachbarn freilassen. Auch sollte man verstärkt versuchen, sich mit den Händen nicht ins Gesicht zu fassen. Wichtige Hinweise hierzu gibt es auf der Seite www.infektionsschutz.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Wäre es nicht sinnvoll, als anfälliger Mensch nun Handschuhe zu tragen?
„Nein, das wäre sogar eher schädlich“, sagt Hoffmann. „Dann neigen Menschen, die Handschuhe tragen, dazu, das wirklich entscheidende Händewaschen zu vernachlässigen, weil sie irrtümlich glauben, auf der sicheren Seite zu sein. Doch das stimmt nicht. Denn sie kontaminieren sich ganz leicht beim Ausziehen der Handschuhe.“
Älteren Menschen werden zwei Impfungen empfohlen: gegen die Grippe und gegen Pneumokokken. Sollten das Ältere jetzt noch tun?
„Die Pneumokokkenimpfung wird für ältere Menschen generell empfohlen – diese ist ja auch unabhängig von der Saison, kann also jederzeit erfolgen“, sagt Hoffmann. Ob eine Grippeimpfung jetzt noch Sinn macht, sollte am ehesten individuell mit dem Hausarzt geklärt werden. Aber spätestens zur nächsten Grippesaison empfiehlt es sich, die Impfung rechtzeitig durchzuführen.
Schränken Kliniken und Altenheime bereits die Besuchszeiten ein?
Am Uniklinikum Augsburg wird mit Plakaten und Handzetteln darum gebeten, nur als engste Angehörige Patienten zu besuchen und die Besucherzahl einzuschränken. Auch wurden Besucher gebeten, keine Kinder mitzubringen. Vor allem vorerkrankte Personen sollten das Klinikum, wenn möglich, aus Präventionsmaßnahmen nicht betreten. In Altersheimen sei man auf ein ähnliches Szenario vorbereitet, sagt Heinz Münzenrieder, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwaben. In Kempten, Kaufbeuren, in den Landkreisen Ober-, Ost- und Unterallgäu sowie in Krumbach und Ichenhausen im Landkreis Günzburg sind bereits Besuche in Altersheimen verboten. „Eine vernünftige Entscheidung. Wir stellen uns darauf ein, dass wir diese Maßnahmen auch im nördlichen Schwaben treffen müssen. Aber wir fordern eine landesweite einheitliche Regelung.“Die Heime seien in Sachen Hygiene gut aufgestellt. „Sorgen mache ich mir um ältere Menschen, die alleine leben.“