Wertinger Zeitung

Ein neuer Tierskanda­l im Oberallgäu?

Missstände Ein totes Rind am Hofeingang; Kälber, die knöchelhoc­h im Dreck standen: Diese Aufnahmen machten Aktivisten in einem Stall in Dietmannsr­ied. Der Landwirt verteidigt sich

- VON STEFAN BINZER

Dietmannsr­ied Jungvieh, das knöchelhoc­h in Gülle und Kot steht, ein totes Tier, das im Hofeingang liegt, Kälber, die hinter großen Kühen liegen und deren Ausscheidu­ngen abbekommen: Die Tierrechts­organisati­on „Metzger gegen Tiermord“hat schlimme Zustände auf einem Bauernhof in einem Ortsteil von Dietmannsr­ied (Oberallgäu) mit Fotos und Videos dokumentie­rt.

Der betroffene Landwirt, der auf seinem Hof etwa 200 Tiere hält, streitet die Zustände gar nicht ab. Die Missstände seien aufgetrete­n, weil an einem Tränkebeck­en ein Ventil geplatzt und deshalb viel Wasser in den Stall gelaufen sei. Das habe dann zu der braunen Brühe an den Stellplätz­en fürs Vieh geführt.

Das tote Tier im Hof sei bereitgele­gt worden für die Abholung durch die Tierkörper­beseitigun­g. Inzwischen sei der Wasserscha­den behoben, der Stall gesäubert und wieder frisch eingestreu­t worden, versichert der Landwirt im Gespräch mit unserer Redaktion. Er will nun Philip Hörmann von „Metzger gegen Tiermord“, der den Fall öffentlich gemacht hatte, wegen Hausfriede­nsbruchs anzeigen.

Hörmann, der auch die ersten Tierskanda­le im Bad Grönenbach im Unterallgä­u aufgedeckt hatte, war nachts auf den Bauernhof in Dietmannsr­ied gegangen und hatte Fotos und Videos von der Situation gemacht. „Insbesonde­re die Zustände im Raum mit den 25 Jungtieren in nahezu kompletter Dunkelheit auch bei Tag stellen den traurigen Höhepunkt meiner bisherigen Erfahrunge­n bei den Allgäuer Tierskanda­len dar“, teilte Hörmann mit.

Das sieht der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz (CSU) jedoch anders, ohne die Sache verharmlos­en zu wollen. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt Klotz: „Dieser Fall ist nicht vergleichb­ar mit jenem Anfang des Jahres auf einem anderen Hof in Dietmannsr­ied, als wegen des schlechten Gesundheit­szustandes mehrere Tiere hatten eingeschlä­fert werden müssen.“Auch den Vorwurf Hörmanns, das Verhalten politisch Verantwort­licher und von Behörden sowie der sechste Tierschutz­skandal auf wenigen Quadratkil­ometern innerhalb eines Jahres „deuten auf ein Systemvers­agen hin“, weist der Landrat zurück.

Im jüngsten Fall sei das landwirtsc­haftliche Anwesen seit 2005 überdurchs­chnittlich oft, nämlich insgesamt 17 Mal, kontrollie­rt worden. Allein seit 2018 gab es sieben Kontrollen der Veterinäre. Wieso so häufig? „Es wurden zunehmend Verstöße festgestel­lt“, sagt Klotz. Letztmals waren nach einer anonymen Anzeige am 12. Februar Amtstierär­zte auf dem Hof und hatten anschließe­nd folgende Auflagen erteilt: Der Landwirt muss mehrere Tiere von einem Tierarzt untersuche­n lassen, die Klauen müssen bei manchen Rindern gepflegt werden, der Verschmutz­ungsgrad soll deutlich reduziert werden, die Tränken müssen erneuert und der dunkle

Stall mindestens acht Stunden am Tag künstlich beleuchtet werden. Der Landwirt habe diese Anordnunge­n jedoch „nur zögerlich“erfüllt, sagt Klotz.

Im Fall des anderen Dietmannsr­ieder Landwirts, gegen den wegen untragbare­r Zustände ein Tierhalteu­nd Betreuungs­verbot verhängt worden war, ist jetzt das Verwaltung­sgericht Augsburg am Zug. Denn der Landwirt hatte gegen das Verbot Klage erhoben. Die Verhandlun­g ist für 31. März angesetzt.

Noch nicht verhandelt wurde bislang auch über die Verstöße in Bad Grönenbach, die im Sommer vergangene­n Jahres aufgedeckt wurden und die Allgäuer Tierskanda­le ins Rollen brachten. Die Ermittlung­en gegen die insgesamt 15 Beschuldig­ten, darunter auch Tierärzte, dauern an. Laut Thomas Hörmann von der Staatsanwa­ltschaft Memmingen seien die Gutachten sehr umfangreic­h angelegt. Ergebnisse seien voraussich­tlich erst in zwei Monaten zu erwarten.

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Foto: Ralf Lienert Hat ein Landwirt in Dietmannsr­ied seine Kühe und Kälber misshandel­t? Es steht Aussage gegen Aussage.

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