Ein neuer Tierskandal im Oberallgäu?
Missstände Ein totes Rind am Hofeingang; Kälber, die knöchelhoch im Dreck standen: Diese Aufnahmen machten Aktivisten in einem Stall in Dietmannsried. Der Landwirt verteidigt sich
Dietmannsried Jungvieh, das knöchelhoch in Gülle und Kot steht, ein totes Tier, das im Hofeingang liegt, Kälber, die hinter großen Kühen liegen und deren Ausscheidungen abbekommen: Die Tierrechtsorganisation „Metzger gegen Tiermord“hat schlimme Zustände auf einem Bauernhof in einem Ortsteil von Dietmannsried (Oberallgäu) mit Fotos und Videos dokumentiert.
Der betroffene Landwirt, der auf seinem Hof etwa 200 Tiere hält, streitet die Zustände gar nicht ab. Die Missstände seien aufgetreten, weil an einem Tränkebecken ein Ventil geplatzt und deshalb viel Wasser in den Stall gelaufen sei. Das habe dann zu der braunen Brühe an den Stellplätzen fürs Vieh geführt.
Das tote Tier im Hof sei bereitgelegt worden für die Abholung durch die Tierkörperbeseitigung. Inzwischen sei der Wasserschaden behoben, der Stall gesäubert und wieder frisch eingestreut worden, versichert der Landwirt im Gespräch mit unserer Redaktion. Er will nun Philip Hörmann von „Metzger gegen Tiermord“, der den Fall öffentlich gemacht hatte, wegen Hausfriedensbruchs anzeigen.
Hörmann, der auch die ersten Tierskandale im Bad Grönenbach im Unterallgäu aufgedeckt hatte, war nachts auf den Bauernhof in Dietmannsried gegangen und hatte Fotos und Videos von der Situation gemacht. „Insbesondere die Zustände im Raum mit den 25 Jungtieren in nahezu kompletter Dunkelheit auch bei Tag stellen den traurigen Höhepunkt meiner bisherigen Erfahrungen bei den Allgäuer Tierskandalen dar“, teilte Hörmann mit.
Das sieht der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU) jedoch anders, ohne die Sache verharmlosen zu wollen. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt Klotz: „Dieser Fall ist nicht vergleichbar mit jenem Anfang des Jahres auf einem anderen Hof in Dietmannsried, als wegen des schlechten Gesundheitszustandes mehrere Tiere hatten eingeschläfert werden müssen.“Auch den Vorwurf Hörmanns, das Verhalten politisch Verantwortlicher und von Behörden sowie der sechste Tierschutzskandal auf wenigen Quadratkilometern innerhalb eines Jahres „deuten auf ein Systemversagen hin“, weist der Landrat zurück.
Im jüngsten Fall sei das landwirtschaftliche Anwesen seit 2005 überdurchschnittlich oft, nämlich insgesamt 17 Mal, kontrolliert worden. Allein seit 2018 gab es sieben Kontrollen der Veterinäre. Wieso so häufig? „Es wurden zunehmend Verstöße festgestellt“, sagt Klotz. Letztmals waren nach einer anonymen Anzeige am 12. Februar Amtstierärzte auf dem Hof und hatten anschließend folgende Auflagen erteilt: Der Landwirt muss mehrere Tiere von einem Tierarzt untersuchen lassen, die Klauen müssen bei manchen Rindern gepflegt werden, der Verschmutzungsgrad soll deutlich reduziert werden, die Tränken müssen erneuert und der dunkle
Stall mindestens acht Stunden am Tag künstlich beleuchtet werden. Der Landwirt habe diese Anordnungen jedoch „nur zögerlich“erfüllt, sagt Klotz.
Im Fall des anderen Dietmannsrieder Landwirts, gegen den wegen untragbarer Zustände ein Tierhalteund Betreuungsverbot verhängt worden war, ist jetzt das Verwaltungsgericht Augsburg am Zug. Denn der Landwirt hatte gegen das Verbot Klage erhoben. Die Verhandlung ist für 31. März angesetzt.
Noch nicht verhandelt wurde bislang auch über die Verstöße in Bad Grönenbach, die im Sommer vergangenen Jahres aufgedeckt wurden und die Allgäuer Tierskandale ins Rollen brachten. Die Ermittlungen gegen die insgesamt 15 Beschuldigten, darunter auch Tierärzte, dauern an. Laut Thomas Hörmann von der Staatsanwaltschaft Memmingen seien die Gutachten sehr umfangreich angelegt. Ergebnisse seien voraussichtlich erst in zwei Monaten zu erwarten.