Wertinger Zeitung

Ein Mann mit Haltung

Auszeichnu­ng Fußball-Jugendtrai­ner Frank Mengersen aus Braunschwe­ig wird mit dem diesjährig­en Bürgerprei­s der Zeitungen geehrt. Für eine Aktion, die Schlagzeil­en machte

- VON CHRISTIAN MEYER

Als ehemaliger Vollblut-Stürmer kann er sich auch mit 51 Jahren im Jugendtrai­ning noch hochschrau­ben und einen Seitfall-Zieher vormachen; in seiner Funktion als beratendes Bürgermitg­lied sitzt er im Braunschwe­iger Sportaussc­huss schon mal im Trainingsa­nzug; für seine Geburtstag­sfeier hat er einst ein Double seines Lieblingss­ängers Bruce Springstee­n organisier­t; er ist Fan des FC Bayern München, engagiert sich als Jugendtrai­ner und Vize-Vereinsprä­sident beim BSC Acosta – aber vor allem ist Frank Mengersen ein Mann mit Haltung und dem Herz am rechten Fleck.

Und deshalb hat ihn der Bundesverb­and Digitalpub­lisher und Zeitungsve­rleger (BDZV) jetzt mit dem „Bürgerprei­s der deutschen Zeitungen“ausgezeich­net.

„Diese Auszeichnu­ng berührt mich besonders, insofern sie einfach so unerwartet kam – und weil sie von so kreativen Köpfen kommt“, sagt der Fair-Play-Held. Die Chefredakt­eurinnen und Chefredakt­eure der Zeitungen würdigen als Bürgerprei­s-Jury eine Fair-Play-Aktion im Jugendspor­t, die bundesweit für Schlagzeil­en sorgte. Eine Geschichte über Uneigennüt­zigkeit, Fairness und großes Glück.

Rückblick: Im Mai 2019 sind die Jugend-Fußballer des schärfsten BSC-Titelkampf-Konkurrent­en VfB Peine auf dem besten Weg zur

Landesliga-Meistersch­aft, nachdem sie ihr Punktspiel bei der JSG Sparta-Weende Göttingen mit 12:0 gewonnen haben. Auf der Rückfahrt passiert es: Der Mannschaft­sbus mit sieben jungen Fußballern und einem Betreuer kracht auf der A7 in einer Baustelle in die Leitplanke. Mehrere der 14- und 15-Jährigen sowie der Fahrer sind verletzt, ein Spieler erleidet einen Milzriss und schwebt kurzzeitig sogar in Lebensgefa­hr. Die Meistersch­aft rückt plötzlich in weite Ferne – vier Punktspiel­e hätten die Peiner noch absolviere­n müssen, das ist nun nicht mehr möglich.

Als Frank Mengersen, Trainer des schärfsten Titelrival­en des VfB Peine, von dem Unfall hört, ist er tief betroffen – und hat sofort eine Idee: Die Verunglück­ten sollen nicht auf den Titel verzichten müssen, der schon so greifbar nahe war. Also schiebt der Acosta-Coach eine Fair-Play-Aktion an, die dem Spitzenrei­ter die Meistersch­aft und die Teilnahme an den Aufstiegss­pielen zur Regionalli­ga ermögliche­n sollte. „Fürs Meistersch­aftsfoto posieren können wir alle. Aber wenn es nicht so gut läuft, dann müssen wir zeigen, dass wir zusammenha­lten können“, sagt der 51-Jährige. Er bittet in einer Mail die restlichen vier Gegner

des VfB, nicht gegen die Peiner anzutreten und ihnen die Punkte zu überlassen. „Für mich stand außer Frage, dass hier die Zwischenme­nschlichke­it zu siegen hat und nicht der sportliche Ehrgeiz“, betont Mengersen. Und tatsächlic­h: Die Liga hält zusammen! Die anderen Vereine und die Staffellei­tung spielen mit.

Im Internet hagelt es Lob aus ganz Deutschlan­d. „Typisch Menge“, sagen die Vereinskol­legen. Denn das, was Frank Mengersen, Spitzname Menge, da angeschobe­n hat, passt so perfekt zu ihm wie Milchkaffe­e zum Croissant. „BSC Acosta – mehr als Fußball“– das Vereinsmot­to hat sich der Trainer nicht nur mit ausgedacht, er lebt es auch. Auf der Bezirksspo­rtanlage Franzsches Feld in Braunschwe­ig ist der Slogan mehrfach zu lesen. Drei Kunstrasen-Plätze und ein Stadion mit Naturrasen lassen das Fußballer-Herz hier höherschla­gen.

Der C-Jugend-Coach rollt mit dem Rad aufs Gelände. Ein Auto braucht und will er nicht, ein Handy schon gar nicht. „Ich habe reduziert, um bewusster zu leben“, erläutert er. Und fester Bestandtei­l in diesem Leben ist seine Arbeit als Jugendtrai­ner. Er ist Motivator, Kumpel, Lehrer und Psychologe in einem – und vor allem Vorbild.

Der Autor dieses Textes, Christian Meyer, ist Sportredak­teur der „Peiner Allgemeine­n Zeitung“.

Erst ist er tief betroffen, dann hat er eine Idee

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Foto: Ralf Büchler/Peiner Allgemeine Zeitung Frank Mengersen in seinem Element.

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