Ein Mann mit Haltung
Auszeichnung Fußball-Jugendtrainer Frank Mengersen aus Braunschweig wird mit dem diesjährigen Bürgerpreis der Zeitungen geehrt. Für eine Aktion, die Schlagzeilen machte
Als ehemaliger Vollblut-Stürmer kann er sich auch mit 51 Jahren im Jugendtraining noch hochschrauben und einen Seitfall-Zieher vormachen; in seiner Funktion als beratendes Bürgermitglied sitzt er im Braunschweiger Sportausschuss schon mal im Trainingsanzug; für seine Geburtstagsfeier hat er einst ein Double seines Lieblingssängers Bruce Springsteen organisiert; er ist Fan des FC Bayern München, engagiert sich als Jugendtrainer und Vize-Vereinspräsident beim BSC Acosta – aber vor allem ist Frank Mengersen ein Mann mit Haltung und dem Herz am rechten Fleck.
Und deshalb hat ihn der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) jetzt mit dem „Bürgerpreis der deutschen Zeitungen“ausgezeichnet.
„Diese Auszeichnung berührt mich besonders, insofern sie einfach so unerwartet kam – und weil sie von so kreativen Köpfen kommt“, sagt der Fair-Play-Held. Die Chefredakteurinnen und Chefredakteure der Zeitungen würdigen als Bürgerpreis-Jury eine Fair-Play-Aktion im Jugendsport, die bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Eine Geschichte über Uneigennützigkeit, Fairness und großes Glück.
Rückblick: Im Mai 2019 sind die Jugend-Fußballer des schärfsten BSC-Titelkampf-Konkurrenten VfB Peine auf dem besten Weg zur
Landesliga-Meisterschaft, nachdem sie ihr Punktspiel bei der JSG Sparta-Weende Göttingen mit 12:0 gewonnen haben. Auf der Rückfahrt passiert es: Der Mannschaftsbus mit sieben jungen Fußballern und einem Betreuer kracht auf der A7 in einer Baustelle in die Leitplanke. Mehrere der 14- und 15-Jährigen sowie der Fahrer sind verletzt, ein Spieler erleidet einen Milzriss und schwebt kurzzeitig sogar in Lebensgefahr. Die Meisterschaft rückt plötzlich in weite Ferne – vier Punktspiele hätten die Peiner noch absolvieren müssen, das ist nun nicht mehr möglich.
Als Frank Mengersen, Trainer des schärfsten Titelrivalen des VfB Peine, von dem Unfall hört, ist er tief betroffen – und hat sofort eine Idee: Die Verunglückten sollen nicht auf den Titel verzichten müssen, der schon so greifbar nahe war. Also schiebt der Acosta-Coach eine Fair-Play-Aktion an, die dem Spitzenreiter die Meisterschaft und die Teilnahme an den Aufstiegsspielen zur Regionalliga ermöglichen sollte. „Fürs Meisterschaftsfoto posieren können wir alle. Aber wenn es nicht so gut läuft, dann müssen wir zeigen, dass wir zusammenhalten können“, sagt der 51-Jährige. Er bittet in einer Mail die restlichen vier Gegner
des VfB, nicht gegen die Peiner anzutreten und ihnen die Punkte zu überlassen. „Für mich stand außer Frage, dass hier die Zwischenmenschlichkeit zu siegen hat und nicht der sportliche Ehrgeiz“, betont Mengersen. Und tatsächlich: Die Liga hält zusammen! Die anderen Vereine und die Staffelleitung spielen mit.
Im Internet hagelt es Lob aus ganz Deutschland. „Typisch Menge“, sagen die Vereinskollegen. Denn das, was Frank Mengersen, Spitzname Menge, da angeschoben hat, passt so perfekt zu ihm wie Milchkaffee zum Croissant. „BSC Acosta – mehr als Fußball“– das Vereinsmotto hat sich der Trainer nicht nur mit ausgedacht, er lebt es auch. Auf der Bezirkssportanlage Franzsches Feld in Braunschweig ist der Slogan mehrfach zu lesen. Drei Kunstrasen-Plätze und ein Stadion mit Naturrasen lassen das Fußballer-Herz hier höherschlagen.
Der C-Jugend-Coach rollt mit dem Rad aufs Gelände. Ein Auto braucht und will er nicht, ein Handy schon gar nicht. „Ich habe reduziert, um bewusster zu leben“, erläutert er. Und fester Bestandteil in diesem Leben ist seine Arbeit als Jugendtrainer. Er ist Motivator, Kumpel, Lehrer und Psychologe in einem – und vor allem Vorbild.
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Der Autor dieses Textes, Christian Meyer, ist Sportredakteur der „Peiner Allgemeinen Zeitung“.
Erst ist er tief betroffen, dann hat er eine Idee