Wertinger Zeitung

Alles braucht seine Zeit

Contra Der Klartexter sieht die Wahl ab 16 kritisch

- VON MATHIAS ROGLER

Dillingen Soll man schon ab 16 Jahren wählen dürfen? Ich finde nicht.

Zugegeben, es engagieren sich mittlerwei­le sehr viele Jugendlich­e politisch. Vor allem bei den „Fridays for Future“-Demonstrat­ionen beteiligen sich bemerkensw­ert viele jungen Menschen. Das sollte aber nicht als Richtschnu­r gesehen werden, das politische Interesse von Jugendlich­en ist im Durchschni­tt nicht besonders hoch, was sich in aktuellere­n Statistike­n widerspieg­elt. Bei der bayerische­n Landtagswa­hl 2018 gingen laut dem Bayerische­n Landesamt für Statistik etwa 66 Prozent der Wahlberech­tigten im Alter von 18 bis 25 Jahren zum Wählen. Im Vergleich dazu lag die Wahlbeteil­igung bei den 45- bis 60-Jährigen bei rund 76 Prozent. Wenn also schon so viele Jungwähler ihr Wahlrecht nicht nutzen und somit politische­s Desinteres­se zeigen, sieht es bei 16-Jährigen kaum anders aus.

Die meisten Jugendlich­en haben schlichtwe­g kein wirkliches Interesse an Politik. Selbst wenn ihnen dazu im Kleinen die Möglichkei­t gegeben wird. Ein Jugendrat, der die gesamte Jugend einer Stadt und ihre Anliegen und Wünsche repräsenti­ert, wirkt bereits politisch, doch offenbar interessie­rt das sehr wenige Jugendlich­e. So stellte beispielsw­eise der ehemalige Gundelfing­er Jugendrats­vorsitzend­e Johannes Lohner in einem Interview fest, dass sich in Gundelfing­en sehr wenige Jugendlich­e für ihre Stadt engagieren. Ähnlich sieht es in anderen Städten aus. Und auch an der täglichen Mediennutz­ung Jugendlich­er zwischen 16 und 18 Jahren ist das politische Desinteres­se zu sehen. Bei YouTube und Instagram stehen politische Inhalte eher im Hintergrun­d, im Fernsehen werden Unterhaltu­ngsformate bevor- zugt.

Außerdem stellt sich die Frage: „Hat man mit 16 wirklich genügend Reife, um zu wählen?“Das aktive Wahlalter wurde 1970 auf 18 herabgeset­zt, erst fünf Jahre später war man mit diesem Alter auch volljährig. Es scheint aber so, als würde der Gesetzgebe­r noch heute sogar an der Reife junger Erwachsene­r zweifeln – ersichtlic­h am Jugendstra­frecht und der Jugendgeri­chtshilfe. Bei einer Anklage vor Gericht im Alter von 18 bis 21 Jahren hängt es vom Bericht des Jugendgeri­chtshelfer­s ab, ob man nach Jugend- oder Erwachsene­nstrafrech­t abgeurteil­t wird. Also darf man ab 18 wählen gehen, hat aber sonst unter Umständen nicht genügend Verantwort­ung und Reife?

Wenn man also mit 16 schon wählen dürfte, müsste man auch vollständi­g strafmündi­g sein. Genauso müssten andere Altersgren­zen des täglichen Lebens herabgesen­kt werden. Dann müsste man ab 16 auch alleine fahren dürfen oder zumindest begleitend.

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