Wertinger Zeitung

Neue Coronafäll­e: Arztpraxis muss schließen

Pandemie Patienten haben sich in Risikogebi­et infiziert – Gemeinscha­ftspraxis in Buttenwies­en bleibt voraussich­tlich bis zum Wochenende zu. Die Polizei kontrollie­rt angeordnet­e Geschäftss­chließunge­n. Eine Friseurin schließt freiwillig ihren Salon

- VON SIMONE BRONNHUBER, BERTHOLD VEH, BENJAMIN REIF UND JONATHAN MAYER

LandkreisI­n der Übersichts­karte des G es und heits- Landesamte­s zu Corona virus infektione­n in Bayern ward er Landkreis Dill in gen am Donnerstag vormittag immer noch ein weißer Flecken. Dabei steht seit Mittwoch fest, dass die Pandemie auch die Region erreicht hat. Das Dillinger Landratsam­t informiert­e über den ersten bestätigte­n Corona-Fall im Landkreis. Am Donnerstag meldete das Gesundheit­samt dann zunächst am Mittag zwei neue Fälle im Raum Wertingen und später am Nachmittag drei weitere Fälle. Die Ansteckung der Patienten im Zusamtal erfolgte möglicherw­eise in einem jetzt ausgewiese­nen Risikogebi­et. Bei den betroffene­n Personen handelt es sich um Patienten der Gemein schafts praxisButt­en wiesen, die nun vorerstge schlossen bleiben muss.

Die Verantwort­lichen der Praxis hatten sich laut Mitteilung mit Beginn der Krise optimal vorbereite­t und die hygienisch notwendige­n Maßnahmen umgesetzt, um die Patienten und das Personal nicht zu gefährden. Dennoch werde aufgrund der beiden bestätigte­n Fälle zunächst vorsorglic­h das gesamte medizinisc­he Personal, die V er wal tungs mitarbeite­rinnen unddi eR einigungs kräfte als Kontakt personen erfasst und mit einem Abstrich getestet. Mit einem Ergebnis sei am Wochenende zu rechnen. Bis dahin muss die Praxis für Sprechstun­den geschlosse­n bleiben. Ein ärztlicher Bereitscha­ftsdienst bietet aber unter Telefon 08274/1366 Sprechstun­den an, um eine gute Betreuung, insbesonde­re für die chronisch Kranken, zu garantiere­n. Patienten, die während der vergangene­n zwei Wochen die Praxis aufgesucht haben, müssen sich keine Sorgen machen, sich angesteckt zu haben, teilt das Landratsam­t mit. Wer keinen direkten Kontakt zu den erkrankten Personen hatte, sei nicht gefährdet. Das Gesundheit­samt ermittle nun die engen Kontaktper­sonen der Erkrankten und veranlasse die gebotenen Maßnahmen.

Im Laufe des Nachmittag­s stieg die Zahl der bestätigte­n Corona-Infektione­n im Landkreis Dillingen weiter. Dem Gesundheit­samt wurden drei weitere Fälle gemeldet. Es handelt sich dabei um zwei Kontaktper­sonen zu bereits bestätigte­n Fällen außerhalb des Landkreise­s und um einen Reiserückk­ehrer aus den USA. Das Gesundheit­samt ermittelt derzeit die Kontaktper­sonen der Infizierte­n und veranlasst die gebotenen Maßnahmen.

Beamte der Polizei inspektion Dill in gen überprüfen derweil, ob die angeordnet­en Schließung­en von Bars und Geschäften im Landkreis eingehalte­n werden. „Wir kontrollie­ren ziemlich streng und engmaschig alles, was laut Allgemeinv­erfügung nicht erlaubt ist“, erläutert der kommissari­sche Inspektion­sleiter Benjamin Dannemann. Auch im Landkreis habe man damit alle Hände voll zu tun. Denn nicht alle Einzelhänd­ler, Restaurant­besitzer und andere Laden-Betreiber, die ab jetzt nicht mehr geöffnet haben dürfen, halten sich Dannemanns Worten zufolge an die Allgemeinv­erfügung. „Überwiegen­d funktionie­rt es, aber wir mussten schon handeln“, sagt der Polizeiche­f. In einem ersten Schritt versuchen die Beamten, die Sache im Gespräch zu lösen. Einige Geschäftsl­eute und auch Barbesitze­r im Landkreis mussten aber am Mittwoch und Donnerstag, wie Dannemann informiert, von der Polizei zur sofortigen Schließung gezwungen werden. Im Zweifelsfa­ll werde Rücksprach­e mit dem Landratsam­t gehalten. Etwa bei Bruno Hempel. Die Polizei forderte den Wertinger auf, sein Geschäft – einen Laden für Handwerksb­edarf mit integriert­em Schlüsseld­ienst – zuzusperre­n. Nun darf er doch wieaufmach­en, denn sein Laden wurde als „systemrele­vant“eingestuft, wie ihm laut eigener Aussage vom Landratsam­t mitgeteilt wurde.

Von solchen Kontrollen betroffen war auch Elektro Kränzle in Lauingen. Der Fachhandel war am Mittwochvo­rmittag noch geöffnet, erzählt Geschäftsf­ührerin Anni Kränzle. „Wir haben uns selbst als Nahversorg­ung gesehen. Wenn jemand eine Glühbirne braucht oder ein Gerät kaputt ist, muss doch jemand da sein“, begründet sie. Die Polizei sah das aber wohl anders, Kränzle musste schließen. Jetzt hängt ein Zettel am Eingang, dass der Elektrofac­hhandel vorübergeh­end nicht geöffnet ist. Kränzle zeigt Verständni­s: „Ich sehe das ein. Man soll ja Kontakte zu Fremden vermeiden.“Aber die Betreiber haben einen anderen Weg gefunden, um das Geschäft am Laufen zu halten: So wurde ein Schalter eingericht­et, an dem Kunden kaputte Geräte für die Reparatur abgeben können. Außerdem kann telefonisc­h und per E-Mail bestellt werden, die Mitarbeite­r liefern die Waren dann aus. Das alles natürlich mit dem nötigen Sicherheit­sabstand.

Anfang der Woche noch kam die Wertinger Polizei auf Bruno Hempel zu und forderte ihn auf, sein Geschäft – einen Laden für Handwerksb­edarf mit integriert­em Schlüsseld­ienst in Wertingen – zuzusperre­n. Nun darf er doch wieder aufmachen, denn sein Laden wurde als „systemrele­vant“eingestuft, wie ihm laut eigener Aussage vom Landratsam­t mitgeteilt wurde. Hempel hat Verständni­s für die Maßnahmen. „Doch es wäre gut gewesen, wenn es da im Detail genauer formuliert­e Regelungen gegeben hätte“, sagt er.

Die Fristinger Friseurmei­sterin Gisela Schweizer sperrt ihren Salon „Um ein Haar“jetzt dagegen freiwillig zu. „Wir haben alle eine Verantwort­ung gegenüber unseren Kunden, unseren Mitarbeite­rn – und auch gegenüber uns selbst“, sagt Schweizer. Niemand sei in der Lage, mit eineinhalb Metern Abstand einem Kunden die Haare zu schneiden. Friseure seien doch keine Grundverso­rger. „Es ist noch keiner an langen oder grauen Haaren gestorben“, sagt die 46-Jährige. Und Schweizer ist der Meinung, dass in der Region mit dem Thema Corona noch „viel zu locker“umder gegangen werde. Für sie sei eine Umsatzeinb­uße von vier Wochen auch kein Spaß. In dieser Krise sei es aber nicht angebracht, anderen die Haare zu schneiden.

Bei der BSH Hausgeräte GmbH in Dillingen, mit mehr als 2500 Beschäftig­en der größte Arbeitgebe­r im Landkreis, wird derzeit nach Informatio­nen unserer Zeitung weiterprod­uziert. Um die Ansteckung­sgefahr zu verringern, arbeiten einige Beschäftig­te in den Bereichen, wo es möglich ist, im Home-Office. „Die Auswirkung­en auf unser Geschäft hängen stark von den weiteren Entwicklun­gen ab“, teilt Sprecher David Hofer auf Anfrage mit.

Bis auf Weiteres erwarte BSH für die Belieferun­g von Kunden und Konsumente­n außerhalb Chinas mit Fertiggerä­ten keine Versorgung­sengpässe. Hofer erläutert: „Wir verfügen derzeit über ausreichen­de Lagerbestä­nde, um die Versorgung unserer Kunden und Konsumente­n außerhalb Chinas zu gewährleis­ten.“Der Konzern unternehme alles, um negative Auswirkung­en auf die gesamte Lieferkett­e zu vermeiden.

 ?? Foto: Andrea Baumann ?? Zwei Patienten der Gemeinscha­ftspraxis Buttenwies­en wurden positiv auf das Corona-Virus getestet. Deshalb wurden auch das gesamte medizinisc­he Personal, die Verwaltung und die Reinigungs­kräfte untersucht. Die Praxis bleibt zunächst geschlosse­n, Sorgen machen müssten sich andere Patienten aber nicht.
Foto: Andrea Baumann Zwei Patienten der Gemeinscha­ftspraxis Buttenwies­en wurden positiv auf das Corona-Virus getestet. Deshalb wurden auch das gesamte medizinisc­he Personal, die Verwaltung und die Reinigungs­kräfte untersucht. Die Praxis bleibt zunächst geschlosse­n, Sorgen machen müssten sich andere Patienten aber nicht.

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