Wir haben Tipps für alle Gartenfreunde
Pandemie Schulen, Bars, Kinos und viele Läden sind geschlossen. In einigen Orten gibt es sogar Ausgangssperren, um das Coronavirus auszubremsen. Wie das bisher funktioniert und ob bald ganz Bayern zu Hause bleiben muss
Augsburg Der Viktualienmarkt in München an einem warmen Frühlingstag. Die Sonne scheint vom weiß-blauen Himmel, die schicken Großstädter stehen mit einem Glas Aperol Spritz in der Hand zwischen den Marktständen und genießen das Draußensein. Ein bayerischer Bilderbuch-Tag, wie er schöner kaum sein könnte – würde man zumindest meinen. Denn mit einem Bilderbuch hat die ganze Sache längst nichts mehr zu tun. Eher mit einem Drama. Das Foto vom Viktualienmarkt, das am vergangenen Samstag aufgenommen wurde und sich rasend schnell im Internet verbreitet hat, zeigt: Viele Menschen sehen es überhaupt nicht ein, zu Hause zu bleiben. Corona-Pandemie hin oder her.
Der Freistaat hat deswegen bereits drastische Maßnahmen ergriffen, um die Menschen zum Daheimbleiben zu bewegen. Kitas und Schulen haben dichtgemacht. Kinos, Bars und Schwimmbäder wurden geschlossen, viele Geschäfte haben zu, Restaurants dürfen nur noch bis zum Nachmittag geöffnet sein. Alles Maßnahmen, um die immense Geschwindigkeit, mit der sich das Coronavirus in Bayern ausbreitet, zu verlangsamen. Denn die Situation spitzt sich zu: In Bayern waren bis Donnerstag mindestens 2282 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. 13 Menschen sind nach Angaben des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gestorben.
Im oberpfälzischen Städtchen Mitterteich hat man die Notbremse gezogen und am Mittwoch eine Ausgangssperre verhängt. Am Donnerstagmorgen scheint eigentlich alles wie immer zu sein, in der Metzgerei schräg gegenüber der Kirche gibt es ein reges Kommen und Gehen. Der Schein trügt allerdings. Es kämen viel weniger Kunden als sonst um diese Zeit, sagt Eva-Maria Grillmeier, die Ehefrau des Inhabers. Die Menschen legten sich außerdem Vorräte an, fährt sie fort. Die Ausgangssperre sei ja noch ganz frisch.
Ansicht der örtlichen Polizei klappt die Anordnung bisher gut. Nur vereinzelt hätten Menschen belehrt werden müssen, weil sie unberechtigterweise unterwegs waren, sagt ein Polizeisprecher.
Bis Mittwoch waren im Landkreis Tirschenreuth 47 Corona-Infizierte registriert, 25 davon in der 6500-Einwohner-Stadt Mitterteich. Von den Patienten waren 15 in Krankenhäusern, fünf mussten beatmet werden. Wenn die Ausbreitung so weitergehe, komme das Gesundheitssystem bald an seine Grenzen, mahnt Innenminister Joachim Herrmann bei seinem Besuch vor Ort am Mittwochabend.
Warum konnte sich das Virus ausgerechnet hier so gut ausbreiten? Zuerst geisterte das Gerücht nur durch die meist leeren Straßen der
Stadt, dann erreichte es auch den bayerischen Landtag: Ein Starkbierfest sei vermutlich verantwortlich, sagt jetzt Ministerpräsident Markus Söder. Ob wirklich das bierselige Fest mit engen Sitzbänken und feucht-fröhlicher Stimmung die Ursache für die vielen Krankheitsfälle ist, kann noch niemand sicher sagen. Ein Krisenstab versucht derzeit, die Infektionsketten nachzuvollziehen.
Dem Beispiel von Mitterteich sind inzwischen andere Orte gefolgt. Auch in zwei oberfränkischen Kommunen im Landkreis Wunsiedel gibt es seit Donnerstag Ausgangssperren. Die Coronavirus-Fallzahlen seien dort auffällig schnell und stark gestiegen, sagt eine Sprecherin des Landratsamts Wunsiedel. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Alle Bürger in den betroffenen OrNach ten müssen ab sofort daheim bleiben. Sie dürfen das Haus nur verlassen, um zur Arbeit, zum Arzt oder zum Einkaufen zu gehen.
Wird es so bald in ganz Bayern sein? Am Donnerstagmorgen fordert Ministerpräsident Markus Söder noch einmal eindringlich alle Bürger auf, Sozialkontakte zu meiden, wo immer es geht. Und Söder macht in seiner Regierungserklärung auch deutlich: Wenn sich die Menschen nicht freiwillig einschränken, bleibe am Ende nur eine bayernweite Ausgangssperre als einziges Instrument. Das müsse allen Bürgern klar sein.
Man kommt nicht umhin, sich zu fragen: Wie klar ist das denn den Menschen? Ziehen sie Konsequenzen? Bleiben sie daheim? Oder tun sie weiterhin so, als ginge sie diese ganze Pandemie nichts an? In Kempten seien die Straßen nicht mehr so voll wie üblich, sagt Andreas Weber, Leiter des Büros des Oberbürgermeisters. „Die Leute spüren, dass sie ihre Abläufe ändern müssen, viele haben sie auch schon geändert.“Seiner Ansicht nach zeigen die Anordnungen bereits Wirkung. Er fügt aber hinzu: „Es gibt auch Unbelehrbare.“
Die gibt es natürlich längst nicht nur im Allgäu. Sondern überall, unter anderem in Neu-Ulm. Dort wurde etwa ein Skatepark trotz Sperrung rege genutzt, wie die Stadt mitteilt. Derlei Probleme kennt man auch in Augsburg. Deswegen macht Ordnungsreferent Dirk Wurm am Donnerstag in einer Pressekonferenz auch eines ganz deutlich: „Es ist nicht witzig, wenn junge Leute in einer Grünanlage Corona-Partys feiern.“Er wolle eindringlich an die Vernunft jedes Einzelnen appellieren, solche Dinge bleiben zu lassen. Außerdem, so Wurm weiter, würden in den kommenden Tagen die Ufer von Lech und Wertach, wo sich bei dem schönen Frühlingswetter viele Menschen treffen, stärker kontrolliert.
Wäre in Augsburg auch eine Ausgangssperre denkbar? Oberbürgermeister Kurt Gribl meint: „Wir wollen davon nicht gerne Gebrauch machen – wir werden es aber tun, wenn es erforderlich ist.“Das Polizeipräsidium Schwaben Nord, dessen Beamte in den vergangenen Tagen viele Kontrollen durchgeführt haben, zieht ebenfalls eine Bilanz: In knapp 300 Fällen seien gewerbliche Betriebe entgegen der Allgemeinverfügung geöffnet gewesen oder es hätten sich Menschen in Grünanlagen oder auf Spielplätzen aufgehalten. Überwiegend seien die Personen nicht in vollem Umfang über die Allgemeinverfügung informiert gewesen. „In vielen aufklärenden Gesprächen zeigten sich die Betroffenen nach Information und Belehrung einsichtig“, heißt es in einer Pressemitteilung. Aufklären und sensibilisieren – so will man in Bayern weiter vorgehen. Dass es aber bald überall Ausgangssperren gibt, ist nicht ausgeschlossen.