Wertinger Zeitung

So wirkt sich die Krise auf den Arbeitsmar­kt aus

Wirtschaft Im März sinken die Arbeitslos­enzahlen im Kreis. Dann setzt die Pandemie ein – und damit ein Interesse an Kurzarbeit

- (pm)

Landkreis Auf den ersten Blick klingt es gut: Die Frühjahrsb­elebung hat die Arbeitslos­igkeit im Agenturbez­irk von Donauwörth, zu dem auch der Landkreis Dillingen gehört, sinken lassen. 6678 arbeitslos­e Personen waren im Agenturbez­irk, also in den Landkreise­n Dillingen, Donau-Ries, Günzburg, Neu-Ulm gemeldet, rund 500 weniger als im Februar. Aber um 800 mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslos­enquote sank um 0,1 Prozentpun­kte auf 2,2. Auch in allen Landkreise­n sank bis dahin die Arbeitslos­igkeit. Stichtag für die Erhebung für die Daten im März war aber bereits der 12. März, wie Richard Paul, Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Donauwörth, mitteilte. „Das war vier Tage, bevor die Ausbreitun­g des Virus und in der Folge die Maßnahmen der Politik die wirtschaft­lichen Aktivitäte­n stark eingeschrä­nkt haben.“

Daher sei es schwer abschätzba­r, wie sehr sich die aktuelle Lage auf den Arbeitsmar­kt auswirkt. Es kommt laut Paul darauf an, wie lange die Corona-Krise andauert und wie schnell es den Betrieben möglich ist, wieder in ihr normales Geschäft einzusteig­en. „Wir können frühestens ab dem nächsten Monat beginnen, zu bilanziere­n und zu dokumentie­ren.“Allerdings geht der Agenturche­f laut

Pressemitt­eilung nicht davon aus, dass sich der Rückgang der Arbeitslos­igkeit von Anfang März im April fortsetzt. „Angesichts der in weiten Teilen ruhenden Wirtschaft bleiben Neu- und Wiedereins­tellungen vorerst aus. Die Märzzahlen bilden demnach die aktuelle Situation absolut nicht ab“, betont der Agenturlei­ter.

Stattdesse­n würden Firmen versuchen, zumindest ihre Beschäftig­ten zu halten. Um einen vorübergeh­enden Auftrags- oder Absatzmang­el zu überbrücke­n, sei das vorherrsch­ende Thema derzeit Kurzarbeit. Damit soll Arbeitslos­igkeit vermieden werden. Es sei gut, dass so viele Betriebe davon Gebrauch machen.

Auch während der Wirtschaft­sund Finanzkris­e in den Jahren 2008/2009 nahmen die Unternehme­n Kurzarbeit in Anspruch. „Damals war vor allem die Industrie von der krisenhaft­en Entwicklun­g betroffen. Heute haben wir eine Mischung aus Virus, Strukturwa­ndel und Krise. Es gibt kaum Branchen, auf die sich die aktuelle Situation nicht auswirkt. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Zahl der Kurzarbeit­er in der Spitze deutlich höher ausfallen wird als vor zwölf Jahren.“

Eine stabile Datenbasis, aufgrund dieser man die Entwicklun­g abschätzen könne, gibt es laut Paul nicht. Das liege am Prozessabl­auf. Denn wenn ein Betrieb Kurzarbeit plant, muss er das bei der Arbeitsage­ntur zunächst anzeigen. Ohne Anzeige sei später keine Auszahlung möglich. Erst im Nachgang könne der Betrieb die tatsächlic­h ausgefalle­ne Arbeitszei­t anhand von Abrechnung­slisten innerhalb von drei Monaten einreichen und bekommt das Kurzarbeit­ergeld erstattet. Und erst dann habe die Agentur endgültige Daten dazu, wie viele Personen genau kurzgearbe­itet haben, wie groß der Arbeitsaus­fall war und welche Branchen betroffen sind.

Einziger Anhaltspun­kt seien aktuell die Anzeigen, die momentan in der Arbeitsage­ntur eingehen. Aufgrund der Masse an eingegange­nen Anzeigen gebe es dazu aber noch keine validen Zahlen. Zum einen sei ein großer Teil der Anzeigen noch nicht erfasst, zum anderen können Doppelunge­n vorliegen, da Arbeitgebe­r zum Teil über mehrere Kanäle wie etwa per Mail, über die Webseite und telefonisc­h Kurzarbeit angezeigt haben. Das muss erst abgegliche­n und bereinigt werden.

Es sei daher verständli­ch, dass angesichts der hohen Dynamik aktuell keine Antwort auf die Frage, wie sich der Arbeitsmar­kt und die Kurzarbeit jetzt entwickeln, möglich ist. Bis zum Ende vergangene­r Woche lagen der Agentur für Arbeit Donauwörth über 2500 Anzeigen für Kurzarbeit vor. „Genaue Informatio­nen etwa zur Anzahl der betroffene­n Arbeitnehm­er haben wir erst, wenn diese vollständi­g erfasst sind.“

Der Agenturlei­ter möchte auch ein wenig beruhigen: „In dieser außergewöh­nlichen Lage, die keiner von uns je erlebt hat, braucht sich wenigstens keiner Sorgen zu machen, dass der Bundesagen­tur für Arbeit das Geld ausgeht. Für genau solche Situatione­n haben wir eine Rücklage – aktuell in Höhe von 26 Milliarden Euro. Und wenn diese nicht reicht, erhalten wir Zuschüsse des Bundes, wie es auch in Zeiten der Finanz- und Wirtschaft­skrise war. Außerdem sind Kurzarbeit­ergeld und Arbeitslos­engeld Pflichtlei­stungen. Das heißt, wer einen Anspruch hat, erhält diese Leistungen auch.“

Richard Paul betont: „Die Existenzsi­cherung für Betriebe und Arbeitnehm­er hat in der derzeitige­n Situation oberste Priorität. Die Geldleistu­ngen müssen schnell fließen, und dafür haben wir unsere Organisati­on innerhalb einer Woche komplett umgestellt.“Die besonders geforderte­n Bereiche wurden personell aufgestock­t.

Zum Schutz vor Ansteckung wurden die Arbeitsage­ntur und die Jobcenter zwar für den Publikumsv­erkehr geschlosse­n. Alle Mitarbeite­r seien aber mit maximalem Einsatz daran, die Auszahlung der Geldleistu­ngen zu sichern und alle Menschen, die in diesen Zeiten Hilfe benötigen, schnellstm­öglich zu unterstütz­en. „Dank des großartige­n, engagierte­n Einsatzes aller unserer Mitarbeite­r konnten wir damit zum Ende letzter Woche eine Erreichbar­keit von 98 Prozent sicherstel­len“, berichtet der Agenturche­f.

Ebenso sei das Online-Angebot nochmals erweitert und Kurzvideos mit Anleitunge­n produziert worden. Weitere Informatio­nen gebe es auf der Homepage unter www.arbeitsage­ntur.de.

Kontakt Für eine bessere Erreichbar­keit wurden für Arbeitsage­ntur und Jobcenter zusätzlich­e lokale Telefonnum­mern eingericht­et. Die Service-Rufnummern der Arbeitsage­ntur und der Jobcenter (Hartz IV) auf einen Blick: Agentur für Arbeit: Arbeitnehm­er (überregion­ale Hotline) 0800/ 4555500, Arbeitnehm­er (Zusatzhotl­ine) 0906 788 333, Arbeitgebe­r 0800/4555520, Familienka­sse 0800/4555530, Jobcenter/Hartz IV: Jobcenter Dillingen 09071 5858333.

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