Ein Armutszeugnis, dass es Tafeln geben muss
Zum Bericht „Wie Corona die Ärmsten in der Region trifft“vom 28. März:
Zwei Meldungen in der Samstagsausgabe unserer Zeitung sind mir besonders ins Auge gestochen: „Renaissance der Volksparteien“im Politikteil und „Wie Corona die Ärmsten in der Region trifft“in der Wertinger/Dillinger Regionalausgabe über die Einstellung des Betriebes der „Tafeln“in unserem Landkreis. Hierzu sei festgehalten: Es waren die sogenannten „Volksparteien“, welche die Umstellung von staatlich organisierter Fürsorge für die Bedürftigsten massiv zurückgefahren haben – zugunsten eines an das 19. Jahrhundert erinnernden privaten Wohlfahrtssystems, das gerade in der jetzigen Krise sehr schnell an seine Grenzen gerät. So sehr ich die Arbeit der Freiwilligen an den Tafeln schätze – es ist dennoch ein Armutszeugnis für ein so reiches Land wie die BRD, dass es sie überhaupt geben muss.
Ebenso waren es die „Volksparteien“, welche das Gesundheitssystem zunehmend auf Einsparungen und Profitorientierung ausgerichtet haben und damit die Verantwortung tragen, dass Ärzte und Pflegepersonal nunmehr am Limit ihren Dienst verrichten müssen. Noch vor Jahresfrist haben führende Gesundheitspolitiker dieser Parteien, einer Empfehlung der Bertelsmann-Stiftung folgend, die Schließung etwa der Hälfte der Krankenhäuser in Deutschland gefordert! So gesehen muss man, zynisch formuliert, fast noch „froh“sein, dass uns die Corona-Krise jetzt und nicht erst nach dem ins Auge gefassten Kahlschlag erreicht hat.
Und diese Parteien sind es, die sich jetzt als Krisenmanager feiern lassen und bei den Bürgerinnen und Bürgern neues Vertrauen gewinnen. Werden sie dieses neue Vertrauen erfüllen – oder wieder enttäuschen? Für mich gilt das alte Sprichwort: „(Ver-)trau, schau wem“!
Wolfgang Zenetti, Wertingen