Hoffnung auf Lockerungen
Überwachung und Quarantäne
Geht es nach Aljona Popowa, macht Deutschland vieles richtig in diesen „präzedenzlosen Zeiten“. So nennt die 37-Jährige die Covid-19-Pandemie und die Maßnahmen, die jedes Land anwendet, um die Bedrohung gering zu halten. „Schaut doch einfach mal nach Deutschland“, rät die Kämpferin gegen digitale Überwachung den Behörden in ihrem Telegram-Kanal.
Damit ist sie nicht allein. Wenn Russen wegen Corona den Blick nach außen wenden, so führen sie Deutschland stets als positives Beispiel an: Das Land habe zwar eine hohe Zahl an Infizierten, dennoch ist die Todesrate relativ niedrig, und das, obwohl niemand zum Zuhausebleiben gezwungen werde. „Die
Menschen dürfen raus in den Park und sogar Radfahren“, heißt es bewundernd, vor allem in den Berichten unabhängiger Medien.
In den meisten russischen Regionen gelten strenge Ausgangsbeschränkungen. Die Wohnung verlassen dürfen die Menschen lediglich zum Einkaufen (und selbst das in manchen Gegenden nur mit einem Passierschein), zur Apotheke und zum Gassigehen mit dem Hund. „Smarte Systeme“überwachen die Vergehen und sollen bald russlandweit greifen. Verstöße gegen die Selbstisolation werden mit Strafen von umgerechnet ab knapp 100 Euro geahndet.
In Moskau sollen sich Menschen, die kein Homeoffice machen und sich durch die Stadt bewegen müssen, online registrieren, samt Autokennzeichen und der Nummer der elektronischen Metro-und-BusKarte. Das Land ist bestens mit Kameras ausgestattet, in vielen Regionen werden bereits jetzt Softwares zur Gesichtserkennung eingesetzt. Einige russische Beobachter befürchten, dass viele einschränkende Maßnahmen auch nach der Pandemie bleiben werden. „Deutschland hat keinen Hausarrest, Deutschland kann frische Luft atmen“, schreibt Aljona Popowa. Inna Hartwich