Der Blick geht nach innen
Auf Abstand zu Europäern und den USA
Am Freitag hat Deutschlands Botschafter in Peking dem chinesischen Magazin Caixin ein Interview gegeben. „Einigkeit und Transparenz“seien bei der Virusbekämpfung das Wichtigste, sagte Botschafter Clemens von Goetze – ein diplomatischer Seitenhieb auf die chinesischen Behörden, die besonders zu Beginn der Virus-Krise freie Informationen unterdrückt haben.
In China ist der Blick auf die Virus-Bekämpfung im Ausland allerdings ein eher nationalistischer, wenig differenzierter. Europa galt hier lange Zeit als neues Virus-Epizentrum, mit Staunen haben die Chinesen die chaotischen Szenen aus Italien verfolgt. „Westler“wurden plötzlich als potenziell Infizierte betrachtet und teilweise in den U-Bahnen auf Abstand gehalten und sogar beschimpft. Für die Regierung war dieses Narrativ ein willkommenes Ablenkungsmanöver von den eigenen Fehlern. Zwischenzeitlich wurde auch kolportiert, dass das Virus aus den Vereinigten Staaten nach China gebracht wurde.
Dass sich die Lage in Deutschland mittlerweile entspannt hat, ja eine unkontrolliert wütende Epidemie bislang vermieden werden konnte, verfolgt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Hauptsächlich fokussiert sich die Berichterstattung derzeit auf das Versagen der Behörden in den Vereinigten Staaten. Dass auch andere Länder abseits Chinas das Virus unter Kontrolle bekommen – etwa Südkorea –, wird von den Medien wenig prominent berichtet. Vielleicht auch, um die eigene Leistung nicht schmälern zu wollen.
Sehr wohl aber haben die Chinesen mitbekommen, dass zu Beginn der Corona-Pandemie asiatisch aussehende Bürger auch in Deutschland teilweise Opfer von Diskriminierung wurden. Fabian Kretschmer