Der Tod einer Bloggerin
Tatort: National feminin
ARD, 20.15 Uhr Der etwas komplizierte Titel eines Videoblogs im jüngsten in Göttingen spielenden „Tatort“lautet „National feminin“. Die Folge handelt davon, dass die Jurastudentin Marie Jäger den Feminismus der Neuzeit hinterfragt und die „Aufgabe der deutschen Frau“perfide mit rechtsradikalem Gedankengut zusammen rührt. Und so kommen gleich mehrere Täter infrage, nachdem Marie mit durchschnittener Kehle im Wald gefunden worden ist.
Für Hauptkommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) ist die Schuld der „patriarchalischen Gesellschaft“derart offensichtlich, dass sie glaubt, sich gegenüber der Kollegin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) verteidigen zu müssen. Lindholms Aussage „Ich mach’ das auch für dich“kontert Schmitz kühl: „Ich hab’ dich nicht darum gebeten.“Ein „Tatort“also mit aktuellen Themen: Rechtspopulismus, Nationalismus und Rassismus. Dazu patriotischer Feminismus – ein nicht nur im Film vernachlässigtes Sujet.
Bedeutende Gegenspielerin der Ermittlerinnen ist die durchaus sympathische Verfassungsrechtlerin
Sophie Behrens, die kurz vor dem Aufstieg in das Bundesverfassungsgericht steht – trotz ihrer extrem konservativen Ansichten. Durch ihre Kritik am modernen Feminismus wurde sie regelrecht zur Ikone der jungen Bewegung, hinter der Marie Jäger und ein gewisser Felix Raue stehen. Die ziehen gegen „frauenverachtende Migranten“vom Leder und provozieren besonders die afrikanischstämmige Hauptkommissarin Schmitz, für die Lindholm Partei ergreift.
Unglücklicherweise fallen die Charaktere ziemlich klischeehaft aus. Damit die Hauptfiguren so etwas wie Authentizität rüberbringen, werden sie unsympathisch überzeichnet. Buch und Regie sorgen in „National feminin“immer wieder dafür, dass niemand vergisst, wer in dem Sonntagskrimi die Guten und wer die Bösen sind. Nachgerade läppisch ist die Sache mit dem Parfüm, das Lindholm jeden Morgen vor Dienstbeginn aufträgt. Selbst der achtjährige Sohn der Hauptkommissarin bemerkt, was da mit der Mutter und dem Ehemann der Kollegin läuft. Rupert Huber