Kein Maibaum keine Feiern, kein Baumklau
Wie das Coronavirus das Brauchtum lähmt
Hohenschäftlarn Fast 42 Meter hoch sollte er aufragen: der neue Maibaum in Hohenschäftlarn bei München. Noch höher als sein Vorgänger. Doch jetzt bleibt der Platz unterhalb der Dorfkirche leer. Mit den Beschränkungen in der Corona-Krise sind alle weiteren Vorbereitungen für das Aufstellen des „Neuen“gestoppt. „Die Hälfte ist gehobelt. Dann haben wir aufgehört“, berichtet der Hohenschäftlarner Burschenvereinsvorsitzende und Oberbursch Florian Metz. Die Maifeier, die im Dorf seit eineinhalb Jahren vorbereitet wurde, fällt aus – wie in vielen anderen Orten in ganz Bayern.
Am 1. Mai werden traditionell im Freistaat tausende Maibäume aufgestellt. Die Größe ist eine Prestigefrage. Als natürliche Begrenzung gilt wegen Blitzschlags, aber auch aus Respekt: nicht höher als der Kirchturm. Alle fünf Jahre wird gemeinhin ein Maibaum erneuert. Die Farbe platzt dann ab. Zudem lockt das Dorffest, mit dem das Aufstellen begangen wird. Das Ritual vom Schlagen des Baumes über das Bewachen vor nachbarlichem Diebstahl bis zum Aufstellen stärkt den Zusammenhalt. „Der Maibaum symbolisiert die Dorfgemeinschaft“, sagt der Bezirksheimatpfleger von Oberbayern, Norbert Göttler. Der Brauch gehe bis ins Mittelalter zurück.
Doch nicht mal mit dem Maibaum-Klau inklusive Auslöse durch Bier oder Schnaps wird es heuer was. Die Maibäume bleiben unbewacht. Denn in den Wachhäuseln ist es eng – gefährliche Virenhotspots. Für Heimatpfleger Göttler ist es keine Frage, dass in der Corona-Krise andere Regeln für den Diebstahl gelten – und der unbewachte Baum nicht geklaut wird. „Das sollte jetzt ein Ehrenkodex sein.“