Mehr als nur die Leute von nebenan
Tag der Nachbarn In Krisenzeiten macht sich ein gutes Verhältnis zur Nachbarschaft besonders bezahlt
Berlin „Nachbarn sind was anderes als nur Leute nebenan. Nachbarn braucht ein jeder irgendwann“, heißt es in einem Lied von Johanna von Koczian aus dem Jahr 1981. Sie besingt ein Verhältnis, dem am
29. Mai, dem Tag der Nachbarn, gedacht wird. Ein guter Zeitpunkt, um einen Blick auf die vielen Facetten von Nachbarschaft zu werfen.
● Nähe: Zum Tag der Nachbarn 2020 wird es wohl keine großen Feste geben. Kleine Gesten zur Stärkung des nachbarschaftlichen Miteinanders sind aber erlaubt. Die Nebenan.de-Stiftung, die den Jahrestag initiiert hat und sich gegen die Isolierung von Menschen in Städten einsetzt, schlägt vor, etwa mit einem Carepaket, Blumengrüßen, einer
Aufmunterung per Post oder einem Hinterhof-Konzert dem Nachbarn eine Freude zu machen.
● Apps: Nachbarschaft und Nachbarschaftshilfe funktionieren auch digital. Über die Apps nebenan.de, Nextdoor oder die NachbarschaftsApp
kann man nach einem Babysitter, einer Putzhilfe, einer Bohrmaschine oder Tierbetreuung suchen oder sich zum Joggen verabreden. Auch Apps im Foodsharing-Bereich leben vom Nachbarschaftsprinzip: Die App To-Good-To-Go zeigt beispielsweise an, wo in der Umgebung Essen abzugeben ist.
● Corona: In der Krise macht sich gute Nachbarschaft besonders bezahlt. Überall in Deutschland bildeten sich mit der Ausbreitung des Coronavirus und der Einschränkung des öffentlichen Lebens zahlreiche Nachbarschaftshilfen, etwa beim Einkauf und beim Gassigehen. Viele Nachbarn unterstützen auch den kleinen Laden, Bäcker oder Buchhandel um die Ecke.
● Hassliebe: Doch nicht immer verläuft alles so harmonisch. Laut einer Forsa-Studie hat sich schon fast jeder Zweite mit seinem Nachbarn gestritten. Der mit Abstand am häufigsten angegebene Grund für Nachbarschaftsstreit ist mit 74 Prozent Lärmbelästigung – etwa laute Musik, Handwerksgeräusche oder lautstarker Sex. Es folgen falsch geparkte Autos und missachtete nachbarschaftliche Pflichten – etwa Schnee schippen. Die streitlustigsten Nachbarn leben der Studie zufolge im Norden. Jedes Jahr landen hunderttausende nachbarschaftliche Streitfälle vor Gericht.
● Ausgezeichnet: Friedliche und besonders engagierte Nachbarn hingegen können sogar Preise gewinnen. Die Nebenan.de-Stiftung zeichnet jedes Jahr Projekte aus, die einen „aktiven Beitrag für ein gutes Miteinander fördern“. Im vergangenen Jahr war das unter anderen ein Verein in Dresden, in dem Nachbarn Gemeinschaftsgärten und Bildungsangebote organisieren.
● Notruf: Nachbarn kriegen oft am schnellsten mit, wenn im Haus etwas passiert. Die Schreie und das Poltern aus der Nachbarwohnung können mehr sein als nur ein normaler Streit. Alleinstehende Menschen können in Not geraten, ohne dass es jemand merkt. In solchen Situationen braucht es einen aufmerksamen Nachbarn, der klingelt und nachfragt – und wenn nötig die 110 wählt. Magdalena Tröndle, dpa