Der Tiger wird nicht müde
„Sex Bomb“? Nun ja, jedenfalls begeistert Tom Jones mit seinem Hüftschwung seit Jahrzehnten die Fans – und auch mit 80 ist noch lange nicht Schluss
Von ihrer Herzensdame „Delilah“haben in den vergangenen Jahrzehnten ja so einige Künstler gesungen. Aber keiner jauchzt ihren Namen so herzzerreißend im Dreivierteltakt wie er: Tom Jones. Am Sonntag wird die walisische Schlagerlegende 80 Jahre alt.
Dabei ist „Delilah“nicht unumstritten – immerhin besingt Jones einen Mann, der aus Eifersucht tötet. Ein Ohrwurm ist der Song von 1968 aber allemal, genauso wie sein Hit „It’s not unusual“, mit dem er 1964 den Durchbruch schaffte.
Es folgten ausverkaufte Tourneen und sogar seine eigene TV-Show: In „This is Tom Jones“musizierte er mit Größen wie Stevie Wonder und Cher. Der Arbeitersohn, der als Thomas Jones Woodward in der kleinen Bergarbeiterstadt Pontypridd in Südwales geboren wurde, gehörte bald zu den bestbezahltesten Entertainern in Amerika. Der „Tiger“– der Spitzname ist ein Überbleibsel seines früheren Pseudonyms „Tiger Tom“– spielte im angesagten Nachtclub „Copacabana“in New York und in Casinos in Las Vegas. Seine engen Hosen und offenen Hemden, sein Hüftschwung und seine kräftige Bariton-Stimme ließen seine – überwiegend weiblichen – Fans verrückt spielen. Unzählige Herzen und Damen-Schlüpfer flogen ihm zu. Doch dann ebbte sein Erfolg ab, seine Alben floppten.
Aber Tom Jones wäre nicht Tom Jones, wenn er sich nicht immer wieder neu erfinden würde: 1988 gelang ihm das Comeback mit einem Cover des Prince-Hits „Kiss“. Später folgte das Album „Reload“, auf dem zahlreiche namhafte Künstler wie Robbie Williams oder Simply Red vertreten sind. Diese Mischung kam auch bei der jüngeren Generation gut an, der eingängige Song „Sex Bomb“wurde ein Welthit. Obwohl Jones gerne mit seinem Frauenheld-Image kokettierte, hielt die Ehe mit seiner Jugendliebe Melinda bis zu ihrem Tod im Jahr 2016. Einige Affären wurden ihm allerdings schon nachgesagt. 2008 räumte er ein, dass er der Vater eines unehelichen
Sohnes ist.
Sein Brusthaar bedeckt der Entertainer mittlerweile seriös mit hochgeschlossenem Hemd und Anzug. Und Jones, den die Queen 2005 sogar zum Ritter schlug, entwickelte sich auch künstlerisch weiter: Für sein 2008 erschienenes Album „24 Hours“schrieb er die Songs zum ersten Mal selbst. Außerdem ist er wieder im Fernsehen zu sehen: In der Talentshow „The Voice UK“ist er seit 2012 Gesangscoach.
Nur, weil Sir Tom Jones jetzt 80 wird, ist für ihn also noch lange nicht Schluss. 2002 sagte er, er habe mit dem Alter keine Probleme. Seine einzige Angst sei die vor dem Moment, in dem er nicht mehr auf der Bühne stehen und singen könne. Aber dieser Moment wird so schnell wohl nicht kommen: Schon im nächsten Jahr ist er wieder auf Tour. Anna Kabus