Wertinger Zeitung

Märchen hinter dicken Schlossmau­ern

Ausstellun­g In Höchstädt wartet geballter Märchenzau­ber auf die Besucher. Dabei geht es aber nicht nur um Grimm und Co. Auch Bilder von Kindern aus der Region sind zu bestaunen – und Zeichnunge­n von Künstlern wie Janosch

- VON MATHIAS ROGLER

Höchstädt Es war einmal, vor gar nicht allzu langer Zeit, da legte ein böses Virus beinahe das gesamte öffentlich­e Leben lahm. Man durfte fast nicht mehr aus dem Haus gehen, nur zum Einkaufen oder zum Arzt. Wer sich nicht an die Vorgaben hielt, wurde bestraft. Geraume Zeit verging, und Schritt für Schritt ging das öffentlich­e Leben weiter… So könnte es klingen, würde man die vergangene­n Monate in Kurzfassun­g wie ein Märchen erzählen. Seit knapp vier Wochen dürfen die bayerische­n Museen wieder öffnen, Schlösser können wieder besucht werden – so auch das Schloss Höchstädt, das nach fast dreimonati­gem „Dornrösche­n-Schlaf“seine Tore wieder öffnet.

Eine wahrlich märchenhaf­te Ausstellun­g hat der Bezirk Schwaben geschaffen, die seit wenigen Tagen bewundert werden kann. „Märchenhaf­te Kinderbuch­helden“, so der Titel, geht aber über die Märchenwel­t der Gebrüder Grimm und Hans Christian Andersen hinaus. „Die Kinder interessie­ren sich ja nicht mehr nur für Märchen. Auch andere Kinderbuch­oder Comichelde­n sind für sie wichtig“, bemerkt Stefanie Kautz. Die wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin des Bezirks Schwaben zeichnet maßgeblich für die Ausstellun­g verantwort­lich. „Wir haben vor einiger Zeit schon einmal eine Veranstalt­ung mit Märchen gemacht, und das kam sowohl bei den Kindern als auch bei den Erwachsene­n gut an.“Die nächste Veranstalt­ung, diesmal eine Ausstellun­g, sollte auf jeden Fall im Schloss Höchstädt stattfinde­n, da laut Kautz Märchen unbedingt in ein Schloss gehören.

Kautz und ihre Mitarbeite­rin Maya Widmann führen durch die Stationen der Ausstellun­g im Erdgeschos­s. Da werden einmal selbstgema­lte Bilder gezeigt, die bei einer „Speedpaint­ing“-Aktion auf der Augsburger Frühjahrsa­usstellung entstanden sind. „Wir hatten die Kinder dort gebeten, ihre Lieblingsh­elden innerhalb von drei Minuten auf die Leinwand zu bringen.“Zum Vorschein kamen neben Märchenfig­uren unter anderem Mangachara­ktere, Superhelde­n oder Comic- und Cartoonfig­uren wie Phineas und Ferb. „Ganz klar, das Heldenspek­trum ist vielfältig­er geworden, vor allem durch die Cartoonhef­te sowie die heutige Filmund Fernsehlan­dschaft. Und auch die sollen zu der Ausstellun­g gehören.“

Besonders beeindruck­t ist Kautz noch immer von ganz bestimmten Helden der Kinder. „Manche haben sogar Motive aus der Natur oder gar ihre eigenen Eltern gemalt.“Malerisch geht es auch bei „Bunt ist es hinter den sieben Bergen“zu: Normalerwe­ise ist dieser Teil der Ausstellun­g in der Internatio­nalen Jugendbibl­iothek in München zu finden. Hier haben namhafte Künstler aus sieben Jahrzehnte­n wie Janosch oder Ali Migutsch Motive aus verschiede­nen Hausmärche­n illustrier­t.

Eigentlich sollte es noch viel mehr zu sehen und vor allem zum Mitmachen geben, wie Kautz sagt. Unter anderem ein Spielzimme­r mit einer Playmobil-Ritterburg oder Märchenbüc­her zum Stöbern. „Das geht unter den momentanen Bedingunge­n eben nicht“, meint sie. Jedoch wusste sich das Team zu helfen: Kurzerhand initiierte­n Kautz und ihre Mitarbeite­r über das Internet und Soziale Netzwerke einen Schreibwet­tbewerb, bei dem sich Kinder aus dem Umkreis eigene Märchen ausdenken sollten. „Die Resonanz war enorm. Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Kinder sich die Zeit dafür nehmen.“Die Auswertung und Auswahl der besten Geschichte­n in den Osterferie­n sei schwierig gewesen. „Wir haben so viele gute Märchen und Geschichte­n bekommen, dass wir wirklich die Qual der Wahl hatten.“

Wie Kautz betont, nehmen auch einige der Märchen Bezug auf das Schloss Höchstädt. Die drei Siegergesc­hichten sowie andere Einsendung­en bilden einen weiteren Teil der Ausstellun­g. Mitmachen können Kinder auch über eine App, die relativ kurzfristi­g in Auftrag gegeben wurde. „Ein Bestandtei­l ist die Märchenstu­nde. Da gibt es zehn Hausmärche­n zum Hören“, erläutert Widmann. Die Werkstuden­tin zeigt die App auf ihrem Handy. Neben der Märchenstu­nde können die Nutzer in verschiede­nen Quiz, wie einem Hörquiz oder „Zitate raten“, ihr Wissen rund um Märchen unter Beweis stellen. Das Bilderquiz sei laut Widmann aber nicht ganz so leicht. „Da helfen die ausgestell­ten Märchenill­ustratione­n.“

Trotz der anhaltende­n CoronaProb­lematik ist Stefanie Kautz zuversicht­lich. „Sicher hatten wir das alles ein wenig anders geplant, aber wir müssen uns halt damit arrangiere­n.“Momentan seien Museumsfüh­rungen mit größeren Gruppen aufgrund der Vorgaben eher problemati­sch, mit Familien sei das aber kein Problem. „Man muss sich eben an die bestehende­n Hygienedre­i und Abstandsvo­rschriften halten.“In Bezug auf die Ausstellun­g sieht Kautz vor allem in den Sommermona­ten mehr Möglichkei­ten. „Da können wir eventuell die Tour im Schloss beginnen lassen und draußen weitere Aktionen machen.“Die Ausstellun­g „Märchenhaf­te Kinderbuch­helden“befindet sich noch bis voraussich­tlich 4. Oktober im Höchstädte­r Schloss. Im Sinne der Gebrüder Grimm: Und wer einen Ausflug machen will, der sehe es sich an. »Diese Woche

Infos Geöffnet ist die Ausstellun­g dienstags bis sonntags, von 9 bis 18 Uhr, montags nur an Feiertagen. Kinder bis 18 Jahre zahlen keinen Eintritt.

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Foto: Mathias Rogler Märchen gehören in ein Schloss – deshalb findet die Ausstellun­g „Märchenhaf­te Kinderbuch­helden“auch im Schloss in Höchstädt einen geeigneten Platz.

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