Corona-Auflagen: Jetzt sind Tische und Stühle weg
Konsequenzen Für die Betreiber der Eisdiele „San Marco“auf dem Wertinger Marktplatz sind die Schutzmaßnahmen bei einem Café-Betrieb nicht umsetzbar. Weil Strafe droht, werden Eis und Cappuccino nur noch über die Straße verkauft
Wertingen Ein Espresso, dazu ein paar Kugeln Eis und ein lockerer Talk mit Freunden, Bekannten und Passanten. Beim Treffen im Eiscafé kommt schnell das leichte Lebensgefühl des Südens und ein Hauch von Urlaub auf. In diesem Jahr ist jedoch alles anders. Corona führte dazu, dass Gastwirte und Eismacher für viele Wochen schließen mussten. Seit dem 18. Mai ist eine Außenbewirtung grundsätzlich wieder erlaubt. Nach wenigen Tagen haben die Betreiber des Eiscafés „San Marco“am Wertinger Marktplatz Stühle und Tische aber wieder weggeräumt.
Alessandro und Katharina Rova, die Betreiber von „San Marco“, studierten den mehrseitigen Brief des bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und
„Die Regeln sind nicht praktikabel. Egal, was wir machen, wir werden es immer falsch machen.“
Alessandro Rova, Eisdielenbetreiber
Energie und des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, den sie zugeschickt bekamen. Dort sind Handlungsempfehlungen zum Wiederhochfahren der gastgewerblichen Betriebe detailliert dargestellt.
Nach den Vorgaben versuchte das Ehepaar am Marktplatz 1 schließlich einen Neustart. Doch die Freude währt nur kurz. „Die Regeln sind nicht praktikabel und deshalb nicht umsetzbar“, sagt Alessandro Rova und zeigt auf das Schaufenster. Dort hängt jetzt der ministeriale Brief. Einiges darin ist mit grünem und rotem Leuchtstift markiert. „Egal wie wir es machen, wir werden es immer falsch machen“, schüttelt er resigniert den Kopf. Er nennt Beispiele: „Ich muss die Gäste fragen, ob sie in den letzten 14 Tagen krank waren.“Sei das der Fall, müsste er sie wieder wegschicken. In den Augen von Alessandro Rova ein Unding. Oder ein weiterer Fall: Drei Radfahrer wollen sich ein kaltes Getränk genehmigen und setzen sich an einen Tisch. Rova: „Sollten sie aus drei verschiedenen Haushalten stammen, müsste ich sie auffordern, zu gehen, denn nur zwei dürften an einem Tisch zusammen sitzen.“Jeder Gast muss seine persönlichen Daten schriftlich hinterlassen, auch wenn er nur einen Cappuccino trinkt und fünf Minuten sitzen bleibt. Sollte ein Gast die Toilette benutzen, ist gründliches Desinfizieren nötig. Das „oberste Gebot“, die Einhaltung der Abstandsregel von 1,5 Metern zwischen Personen in allen Bereichen drinnen und draußen sei in Stoßzeiten fast nicht einzuhalten oder zu kontrollieren. Der Personalaufwand wäre zu groß. Alessandro Rova führt im Gespräch mit unserer
Zeitung viele weitere Beispiele an. Bei einer Kontrolle sei dem Eismacher durch Polizeibeamte deutlich gemacht worden, dass die Regeln unbedingt einzuhalten sind, ansonsten drohe eine Straße von 5000 Euro.
Danach hat Rova die Reißleine gezogen, Stühle und Tische weggeräumt und die Türen zur Eisdiele verschlossen. Eis wird jetzt nur noch über die Theke verkauft. Genauso wie Getränke, die in Plastikbechern oder – mit einem Aufpreis von 20 Cent – in wiederverwertbaren Bechern gereicht werden. Eine Maskenpflicht besteht beim Anstellen im Freien nicht. Die erforderlichen Abstände der Wartenden sind am Boden farbig markiert.
„Wir gehen auf Nummer sicher und ersparen uns so Ärger“, erklärt
„Der Schock sitzt bei den Menschen zu tief. Es wird nicht mehr so sein wie früher.“
Alessandro Rova, Eisdiele Wertingen
Rova die Entscheidung, auf eine Außenbewirtung trotz Einbußen zu verzichten. „Lieber weniger verdienen, als eine Infektion und die damit verbundene Quarantäne zu riskieren.“Der gute Ruf wäre dahin und der Schaden am Ende größer, glaubt er.
Vor zwei Wochen musste Rova auch seine drei Hilfskräfte, die aus Brasilien stammen, nach Hause schicken. Der Eismacher arbeitet seither im Ein-Mann-Betrieb. Er wechselt sich mit seiner Frau Katharina ab. Einer bleibt bei den beiden Kindern. Weil Schule und Kindergarten wegen der Krise geschlossen sind, mussten sie neben dem Geschäft die Betreuung selbst übernehmen.
„Für uns ist die Saison schon gelaufen“, sagt Rova. Regnerisches Wetter und Corona – die Kombination war in diesem Jahr einfach zu viel für ihn. Jetzt geht es für den Familienvater darum, zu retten, was noch zu retten ist und wenigstens die Kosten zu decken. Es geht ums Überleben. „Der Winter ist lang“, gibt er zu bedenken.
Ob es im nächsten Jahr besser läuft, bezweifelt der Eismacher: „Der Schock sitzt bei den Menschen zu tief. Es wird nicht mehr so sein wie früher.“