Gesiegt hat: der Beharrlichste
Ein Siegertyp ist der neue CDU-Vorsitzende Laschet nicht. Aber einer, der nach Rückschlägen immer wieder aufsteht: Auch deswegen ist er nun am (ersten) Ziel
Armin Laschet hat schon einige politische Siege errungen, doch er ist nie ein Siegertyp gewesen. Meist ist der Aachener eher ins Ziel gestrauchelt – bei seinem (bislang) größten politischen Sieg, dem Erringen des CDU-Vorsitzes, war das nicht anders. Laschet hat an diesem Wochenende keinen Erdrutschsieg errungen, er hat nicht triumphiert, er hat einfach gewonnen.
Dass er gewonnen hat, liegt aber vermutlich genau an dieser Art. Laschet ist, wie in der Corona-Krise sehr deutlich wurde, kein Meister der politischen Inszenierung. Das hat er in seiner Bewerbungsrede sogar selbst thematisiert (wobei diese eine seiner bislang besten Inszenierungen war).
Aber Politiker sind immer ein Produkt ihrer Zeit. Und mitten in dieser Corona-Krise, die unsere menschliche Imperfektion so deutlich zeigt wie fast keine zuvor, wollen viele Bürger vielleicht gar keine Politiker, die immer alles perfekt im Griff zu haben scheinen, die ständig „durchregieren“.
Vielleicht wollen viele eher jemanden, der auch mal zögert, mal strauchelt, mal nachdenkt, der nach Rückschlagen wieder aufsteht – der also ein Steher ist, ein Mensch mit Stehvermögen und Nehmerqualitäten, so wie Laschet in diesem (Krisen-)Jahr.
Und: Sie schätzen, da (funktionierende) Regierungen eine ganz neue Bedeutung für den eigenen Alltag erhalten haben, Regierungsfähigkeit – die Laschet seinen Rivalen Friedrich Merz und Norbert Röttgen voraushatte. Denn das Regieren, gerade in einer Koalition, hat der Rheinländer hinbekommen, auch wenn er in NordrheinWestfalen nur knapp ins Amt kam.
Ob Laschet also nächster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird? Seriös kann das derzeit niemand sagen. Jens Spahn wird Laschet vorerst nicht mehr gefährlich werden, auch das hat dieser CDUParteitag
geklärt. Der Bundesgesundheitsminister, der sich schon lange zu noch Höherem berufen fühlt, durchlebt einige der schlimmsten Wochen seiner politischen Karriere. Erst musste er Pannen beim Impfstart verantworten, dann sondierte er etwas zu öffentlich seine eigenen Aussichten als Kanzlerkandidat – und schließlich warb er beim Parteitag so ungeschickt für Laschet, dass es vielen Beobachtern vorkam, als ginge es Spahn vor allem um seine eigene Inszenierung – wie einer, der Laschet seinen Segen erteilt. Spahns miserable Parteitagsbilanz heißt: Ins Rennen um die Kanzlerkandidatur wird er nicht mehr eingreifen.
Friedrich Merz wiederum wird kaum für Laschet-Unterstützung sorgen. Die Frage ist eher, für wie viel parteiinternen – und öffentlichen – Ärger er sorgen wird. Seine überfallartige Forderung nach einem Ministeramt lässt einiges vermuten. Laschet wird sich weiter bemühen müssen, das Merz-Lager einzubinden, aber das wurde schon am Tag seiner Wahl (noch) deutlich komplizierter.
Und die CSU? Die Christsozialen können erst einmal gelassen zuschauen. Laschet muss nun den Anspruch formulieren, Kanzlerkandidat zu werden, alles andere würde dem eigenen Anspruch der CDU nicht gerecht. Er kann auch darauf verweisen, dass Umfragen nicht alles sind – bei der Vorsitzendenwahl hat er sich schließlich auch gegen die demoskopische Meinung durchgesetzt. Für die Kanzlerfrage gelten solche Argumente aber nur bedingt: Bleibt Laschet in den Umfragen zur Kanzlertauglichkeit so weit zurück, ist durchaus denkbar, dass er Markus Söder ein unmoralisches Angebot macht.
Wenn dieser siegesgewiss ist und sich traut, kann es einen Kanzlerkandidaten Söder geben. Laschet hätte, anders als Merz, die Größe, sich zurückzunehmen. Wohl auch deswegen hat er gewonnen.
Die CSU kann gelassen abwarten