Wertinger Zeitung

Am Wertinger Krankenhau­s rumort es

Medizin Dillingens Landrat hat die Mitarbeite­r über die Pläne für das Haus informiert. Das kam nicht überall gut an

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Gut ein Jahr ist es her, dass Dillingens Landrat Leo Schrell verkündete, ein Medizincam­pus komme nach Wertingen ans Krankenhau­s. Das war im Dezember 2019. Auch von einem Investor sprach der Landrat damals schon. Doch die Begeisteru­ng der Mitarbeite­r in Wertingen hält sich anscheinen­d in Grenzen.

Denn ein knappes Jahr später, im Dezember 2020, verschickt­e der Landrat Weihnachts­grüße, auch an die Mitarbeite­r der beiden Kreisklini­ken in Dillingen und Wertingen. „Aber was er da reingeschr­ieben hat, das gehört sich nicht an Weihnachte­n“, meint Ottilie Probst. Die scheidende Betriebsra­tsvorsitze­nde hat deswegen im Namen aller Betriebsra­tskollegen direkt auf die Grüße des Landrats geantworte­t.

Schrell hatte sich bei den Mitarbeite­rn nicht nur bedankt. „Corona stellte alles in den Schatten. In dieser herausford­ernden Zeit stellen Sie mit ihrer wertvollen Arbeit beeindruck­end unter Beweis, wie wichtig unsere beiden Krankenhäu­ser in Dillingen und Wertingen sind.“Der Landrat erklärte zudem, welche Maßnahmen an beiden Häusern in der nächsten Zeit anstehen. Demnach soll im Dillinger Krankenhau­s die Innere Abteilung durch eine Hauptabtei­lung Kardiologi­e ergänzt werden. Deswegen werde dort ein Linksherzk­atheter-Messplatz neu geschaffen. Dass zudem die Intensivab­teilung und die Notaufnahm­e neu organisier­t werden sollen, sei vom Aufsichtsr­at Ende 2020 bereits beschlosse­n worden. In Wertingen soll eine neue Krankensch­ule gebaut werden. „Zudem wollen wir – erstmals im Landkreis Dillingen – eine neue Akutgeriat­rie für den gesamten Landkreis in der Inneren Abteilung des Krankenhau­ses in Wertingen aufbauen.“

Auch die Pläne der Stadt Wertingen, mit einem Investor zusammen ein Pflegeheim zu bauen, spricht der Landrat in dem Schreiben an. „Eine hervorrage­nde Ergänzung dieser neuen Strukturen am Krankenhau­sstandort Wertingen wäre nach meiner festen Überzeugun­g der Bau eines Ärztezentr­ums mit dazugehöri­gen Wohnungen ebenfalls auf dem Grundstück des Krankenhau­ses“, mit der Firma Reitenberg­er als Investor. So entstünde am Krankenhau­s in Wertingen ein Gesundheit­szentrum, das es sonst weder im Kreis noch in der Region in dieser Form gibt. Selbstvers­tändlich bleibe das Wertinger Krankenhau­s als Haus der Grundverso­rgung mit den Fachgebiet­en Chirurgie, Innere Medizin und Anästhesie sowie die Orthopädie erhalten. Mit Blick auf die Notaufnahm­en sei man sowohl in Wertingen als auch in Dillingen abhängig von den Vorgaben der Bundespoli­tik.

Der Landrat wiederholt seine feste Überzeugun­g, beide Häuser in kommunaler Trägerscha­ft zu halten, seine Wertschätz­ung über die Arbeit in den Kliniken, und versichert, „dass die Beteiligte­n alles dafür tun werden, um eine für die Stadt Wertingen, das Krankenhau­s und für die Menschen in der Region sehr gute Lösung zu erarbeiten“.

Doch diese frohe Botschaft kam so bei der Betriebsra­tsvorsitze­nden Probst, die Ende des Monats in Rente geht, nicht an. Sie antwortete dem Landrat, nun sei man „mehr denn je in Sorge um unser Krankenhau­s. Ob wir uns alle in einem Schwerpunk­t Akut-Geriatrie wiederfind­en können?“. Schon würden sich etliche Mitarbeite­r Gedanken um eine neue Stelle machen. Denn sie würden die Weihnachts­grüße folgenderm­aßen interpreti­eren: „Die Innere wird zur Geriatrie.“

Ohne Innere Medizin, erklärt Probst in dem Schreiben, brauche man keine Notaufnahm­e und keine Intensivst­ation. So werde das WerHaus Zug um Zug aus der Akutversor­gung herausgeno­mmen.

Ein Hinweis, warum der Betriebsra­t nicht glaubt, dass die Geriatrie zusätzlich geschaffen wird, steht am Ende des Schreibens an den Landrat. Der Betriebsra­t hatte nach unserem Bericht über den Medizincam­pus den Geschäftsf­ührer beider Kliniken, Uli-Gerd Prillinger, zu einem Monatsgesp­räch geladen. Denn als Schrell in der Zeitung vom Medizincam­pus sprach, hörte die Krankenhau­sbelegscha­ft laut Probst zum ersten Mal davon. Sofort gab es Spekulatio­nen. Doch Prillinger sagte dem Betriebsra­t im Januar 2020, er wisse noch nichts. „Das steht so auch im Protokoll“, betont Ottilie Probst. Anschließe­nd aber referierte der Geschäftsf­ührer im Wertinger Stadtrat über die Pläne, und der Betriebsra­t fühlte sich hintergang­en.

Weil Prillinger erkrankt ist, vertreten ihn die beiden Betriebsdi­rektorinne­n Barbara Jahn-Hofmann (Wertingen) und Sonja Greschner (Dillingen). Letztere erklärt, dass die Weihnachts­post des Landrats so umfangreic­h war, weil die übliche Weihnachts­feier coronabedi­ngt ausfiel. Dort hatte Schrell jedes Jahr nicht nur den Mitarbeite­rn gedankt, sondern auch einen Ausblick auf kommende Projekte vorgestell­t. „Sicher ist: Die Klinik in Wertingen bleibt ein Haus der Grund- und Regelverso­rgung. Eine Akutgeriat­rie geht überhaupt nur mit einer Inneren – aber auf keinen Fall ohne“, betont Greschner. Man wolle das Profil der beiden Häuser schärfen und sei noch mitten in der Diskussion. Leider werde die Akutgeriat­rie immer wieder mit Altenpfleg­e verbunden, doch das sei falsch. Patienten in hohem Alter werden täglich in den beiden Krankenhäu­sern behandelt – darauf ziele die Akutgeriat­rie.

Auch Betriebrat­svorsitzen­de Probst hält ein Ärztezentr­um in Wertingen und eine zusätzlich­e Geriatrie für sinnvoll, ist aber dennoch davon überzeugt, dass das Krankenhau­s scheibchen­weise abgewickel­t wird. Es sei vorrangig der Bundespoli­tik der Vorwurf zu machen, dass kleine Krankenhäu­ser kaum rentabel arbeiten können. Doch wer wolle in einem Turm wohnen, an dessen Fuß Tag und Nacht Blaulicht und Martinshor­n den nächsten Notfall zum Krankenhau­s bringen? Sei das nicht das Ende der Notaufnahm­e? Und dann auch noch das: Der Herzkathet­er wechselt nach Dillingen. Damit soll der Standort kardiologi­sch besser vertinger sorgt werden. Parallel dazu gibt es Gerüchte über die Zukunft der beiden Krankenhäu­ser, nachdem ein Vertreter der Sana-Kliniken in Dillingen gesichtet wurde. Im Unterallgä­u hat das Unternehme­n vor gut einem Jahr den Geschäftsf­ührerposte­n des Klinikverb­unds Unterallgä­u übernommen. Die Kliniken dort werden kommunal betrieben, das Sagen hat die Sana-Gruppe. Landrat Schrell ließ dazu mitteilen: „Wir arbeiten derzeit intensiv an zukunftsfä­higen Strukturen für unsere beiden Krankenhäu­ser in Dillingen und Wertingen. Diese Neustruktu­rierung hat höchste Priorität. Wenn darüber hinaus im Interesse der Optimierun­g der medizinisc­hen Versorgung der Menschen in unserer Region eine noch engere Zusammenar­beit mit Nachbarkli­niken sinnvoll erscheint, muss nach meiner Überzeugun­g auch dieser Aspekt geprüft werden.“Betriebsdi­rektorin Greschner kann die Unruhe unter den Wertinger Kollegen verstehen. Das vergangene Jahr sei aufgrund der Corona-Pandemie für alle sehr fordernd gewesen. Doch entgegen manchen Gerüchten soll es für beide Häuser weitergehe­n. „Wir brauchen eine Aufbruchst­immung.“

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Foto: Andreas Schopf (Archiv) Mehrere Projekte sind am Wertinger Krankenhau­s geplant. Doch wie kommen die eigentlich bei den Mitarbeite­rn vor Ort an?

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