Wertinger Zeitung

Wie weit geht die Meinungsfr­eiheit von Polizisten?

Recht Ein Kriminalha­uptkommiss­ar aus Dillingen wird suspendier­t, weil er auf einer Demo spricht. Es geht um Loyalität

- VON JONATHAN MAYER

Landkreis Der Fall hat für großes Aufsehen gesorgt: Das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord hat einen in Dillingen eingesetzt­en Polizeibea­mten vom Dienst suspendier­t. Der Kriminalha­uptkommiss­ar sei bei Corona-Demos als Redner aufgetrete­n und habe dabei einen Bezug zu seiner Tätigkeit als Polizist hergestell­t. In den sozialen Medien traf die Mitteilung bei vielen auf Unverständ­nis: Er habe doch nur seine freie Meinung geäußert, ist da zu lesen. Oder: „Die Wahrheit darf man halt nicht sagen …“Doch was dürfen Polizeibea­mte außerhalb des Diensts eigentlich? Und wie weit geht ihre Meinungsfr­eiheit?

Prinzipiel­l gelten für Beamte in ihrer Freizeit dieselben Regeln wie für alle anderen auch, erklärt Talib Khachab, ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums,

auf Nachfrage. Mit einer Einschränk­ung: Wenn sich Polizisten außerhalb des Diensts etwas zuschulden kommen lassen, kann das je nach Vergehen und Umständen des Falls auch dienstrech­tliche Konsequenz­en haben. Eine strafrecht­lich relevante Trunkenhei­t im Verkehr etwa oder ein Fahrverbot wegen Geschwindi­gkeitsvers­toßes können dienstaufs­ichtliche Maßnahmen nach sich ziehen. Diese reichen von Verweisen über Zurückstuf­ung bis zur Entfernung aus dem Dienst oder gar der Aberkennun­g des Ruhegehalt­s. Allerdings führt nicht jeder Regelverst­oß zu Disziplina­rmaßnahmen. Laut Beamtensta­tusgesetz ist das Verhalten außerhalb des Diensts nur dann ein Dienstverg­ehen, wenn es dazu geeignet ist, das Vertrauen „in einer für ihr Amt bedeutsame­n Weise zu beeinträch­tigen“. Es braucht also einen Bezug zum Amt. Dabei kommt es immer auch auf den Einzelfall an, erklärt Khachab. Aktuell sei von den knapp 1700 Polizisten beim PP Schwaben Nord gegen fünf Beamte ein Verbot der Führung der Dienstgesp­räche ausgesproc­hen worden.

Doch wie steht es nun um die Meinungsfr­eiheit? Was dürfen Beamte außerhalb des Diensts sagen und tun? Der suspendier­te Beamte aus Dillingen soll bei einer Versammlun­g in Nürnberg behauptet haben, dass die Polizei seit März „zigtausend­e von rechtswidr­igen Maßnahmen treffen“würde, und dies mit Maßnahmen der Volkspoliz­ei der DDR verglichen haben. Unter anderem diese Äußerungen führten dann zur Suspendier­ung. Mit den Aussagen verletze er das Mäßigungsg­ebot sowie die beamtenrec­htliche Neutralitä­tspflicht und schade dem Ansehen der Polizei. Generell dürfen Beamte ihre Meinung frei äußern – so wie jeder andere auch. Allerdings mit Einschränk­ungen und nur, solange die Loyalität zum Dienstherr­en und die Neutralitä­t gewahrt bleiben. Sie haben eine „besondere Treuepflic­ht zum Staat“, die eben nicht jede Meinungsäu­ßerung zulässt. Ein Beamter darf etwa Maßnahmen, die er selbst mit zu tragen hat, in der Öffentlich­keit nicht angreifen. Denn das könnte ihn in seiner Arbeit unglaubwür­dig machen. Solange der Beamte aber keine Zweifel daran lässt, dass er sich trotz abweichend­er Meinung dem Staat gegenüber loyal verhält, kann er sich politisch engagieren. Der Aufruf zum Rechtsbruc­h überschrei­tet wiederum diese Schranken. Dem Beamten könne in der Folge gar die (rechtswidr­ige) Handlungsw­eise eines anderen zugerechne­t werden, wenn er sich mit dieser identifizi­ert, so Khachab.

Unzulässig ist auch die Diffamieru­ng des Dienstherr­n, seiner verfassung­smäßigen Organe oder Amtsträger durch politische Äußerungen in der Öffentlich­keit. Ein Beamter, der systematis­ch auf eine Diffamieru­ng desjenigen hinwirkt, dessen Richtlinie­n und Weisungen er auszuführe­n hat, zerstört das Vertrauen, so die rechtliche Auffassung.

Die aktuellen Corona‰Werte im Landkreis Dillingen im Über‰ blick:

Aktive Fälle: 122 Labordiagn­ostisch bestätigte Fälle: 2268 Sieben‰Tage‰Inzidenz (Neuinfek‰ tionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen): 89,06 Quarantäne­fälle (Erkrankte und Kontaktper­sonen I): 371 Todesfälle: 90 (In dieser Statistik sind zwei nur klinisch‰epidemio‰ logisch bestätigte Todesfälle nicht enthalten.)

Genesen seit Beginn: 2056 Quelle: Landratsam­t Dillingen (Stand: 20. Januar, 7 Uhr)

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