Abholgeschäft lohnt sich kaum für Einzelhandel
Konsum Viele Geschäfte im Kreis Augsburg bleiben wegen Corona dicht. Erlaubt ist nur das kontaktlose Abholen bestellter Ware. Händler sagen: Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein
Landkreis Augsburg Ausgerechnet zum für den Einzelhandel so wichtigen Weihnachtsgeschäft war Schluss. Alle Geschäfte, die keine Produkte des täglichen Bedarfs anbieten, mussten dichtmachen. Vor ein paar Wochen dann ein Lichtblick für große Teile des Einzelhandels: „Click & Collect“, also das Abholen von bestellter Ware vor Ort, ist nun doch wieder erlaubt. Aber bringt das den Geschäften etwas?
„Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“, fasst es Claudia Baur zusammen. Sie führt ein kleines Sportgeschäft in Gersthofen. Bei ihr können Turnschuhe oder Trainingsanzüge telefonisch oder per Mail bestellt und dann abgeholt werden. „Das wird auch gut angenommen“, sagt Baur. Mit dem „normalen“Geschäft sei das aber überhaupt nicht zu vergleichen. Baur ist deshalb weiterhin auf finanzielle Unterstützung vom Staat angewiesen. So wie die meisten kleinen Einzelhändler im Augsburger Land. Aus Sicht von Andreas Gärtner, Bezirksgeschäftsführer des Schwäbischen Handelsverbands, ist die Möglichkeit zu Click & Collect nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dennoch sei es derzeit das einzige Instrument, dass den Einzelhändlern in der Zeit der geschlossenen Läden einigermaßen helfen könne. „Es kommt immer darauf an, um welchen Bereich es geht“, sagt Gärtner. Der Buchhandel, Elektrogeschäfte oder auch Möbelhäuser hätten mehr vom Abholgeschäft. Schließlich müssen Bücherei oder eine Playstation vor dem Lesen oder Benutzen nicht anprobiert werden. Das kann Günter Müller, Manager von Ikea in Gersthofen, bestätigen. Möbel verkaufen sich, jetzt wo viele zu Hause bleiben, auch über das Abholgeschäft gut. „Auch wir könne nicht den ganzen Verlust auffangen, aber es hilft uns und wird angenommen“, meint Müller. als im Bereich Mode. „Die Modebranche hat es besonders schwer getroffen“, sagt Andreas Gärtner. Jüngstes Beispiel sei die große Modekette Adler, die jüngst Insolvenz anmeldete. Und auch in den übrigen Geschäftsbereichen würden durch das Abholgeschäft nur etwa zehn Prozent des üblichen Umsatzes erreicht, sagt der Chef des Schwäbischen Handelsverbands.
Das deckt sich in etwa mit den Erfahrung von Hans Peter Pfleger, Chef von Spiel und Freizeit in Gerthofen. Er sagt: „Mit Click & Collect können wir nur einen Bruchteil des üblichen Umsatzes erreichen“. Pfleger sehe dieses Modell mehr als Service für den Kunden, der seit einigen Wochen wieder vorbeikommen und bestelltes Spielzeug kaufen kann. „Die Resonanz ist riesig“, meint Pfleger. Auch, wenn sich die finanziellen Verluste des großen Einzelhändlers damit nicht auffangen ließen.
Einige Nummern kleiner als das riesige Spielwarengeschäft ist der kleine Blumenladen Rosenblatt in Gersthofen. Auch hier bietet Inhaberin Ramona Goller nun Ware zum Abholen an. „Zuvor mussten wir liefern“, sagt sie. „Für uns ist das Abholgeschäft eine unglaubliche Erleichterung.“Goller hat ihr Schaufenster mit Topfblumen dekoriert, so kann auch die Landkundschaft sehen, was angeboten wird. Die darf zwar nicht in den Laden, doch kann von draußen bestellen. Goller geht davon aus, dass sie in etwa 75 Prozent ihres Vorjahresumsatzes in diesem Monat erreichen wird. Damit ist sie offenbar eine Ausnahme.
Aus Sicht der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK) wächst mit jedem Tag des Lockdowns die Not der Einzelhändler. Es dürfe nicht vergessen werden, dass das Abholgeschäft mit einem erhöhten Organisationsaufwand für den Händler verbunden ist, sagt IHK-Sprecherin Franziska Behrenz: „Zeitfenster müssen koordiAnders niert, eine Abholstelle entsprechend den Vorgaben aufgebaut und eine Rechnung ausgestellt werden. Und das im Zweifelsfall für drei Kugelschreiber.“Deshalb sei die finanzielle Unterstützung für viele weiterhin extrem wichtig. Das Problem: Bei vielen kommt die offenbar nicht oder nur schleppend an.
„Die Zugangshürden zu Unterstützung waren viel zu kompliziert“, meint Andreas Gärtner, Chef des Schwäbischen Handelsverbands. Selbst Steuerberater hätten in den vergangenen Monaten nicht mehr durchgeblickt, wie Hilfe zu beantragen ist. Gärtner: „Wie soll das dann der kleine Händler schaffen?“. Am Dienstag hatte die Bundesregierung angekündigt, die Finanzspritzen leichter zugänglich zu machen. Außerdem will man dafür sorgen, dass das Geld schneller ankommt. „Das ist jetzt unsere Hoffnung“, sagt Gärtner. „Noch ist das Geld bei vielen aber nicht auf dem Konto.“