Arbeitnehmer zahlen die Zeche im Homeoffice
Weil kein gesetzlicher Rahmen existiert, bleiben Beschäftigte oft auf Mehrkosten sitzen
Augsburg Am Mittwoch hat das Bundeskabinett eine Verlängerung der sogenannten Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung beschlossen. Die Verpflichtung für Arbeitgeber, im Kampf gegen die Pandemie Homeoffice zu ermöglichen, wo immer es möglich ist, gilt nun mindestens bis Ende April. Ungeklärt bleibt, wer für die daraus entstehenden Mehrkosten der Beschäftigten aufkommen soll. Wie hoch diese ausfallen, ist noch schwer zu beziffern – doch es gibt einige Indizien.
So gilt es als gesichert, dass der Stromverbrauch privater Haushalte im vergangenen Jahr deutlich gestiegen ist. Genaue Zahlen fehlen zwar bislang, die Ablesungen laufen noch, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft auf Anfrage mitteilt. Doch auch Versorger in der Region, wie LEW, die Stadtwerke Augsburg oder Erdgas Schwaben, gehen davon aus, dass der Verbrauch der Privathaushalte gewachsen ist. Der Abschlag für einzelne Haushalte würde in der Folge steigen. Im Durchschnitt der vergangenen Jahre haben die privaten Haushalte in Deutschland rund 130 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr verbraucht – die Hälfte davon für Information und Kommunikation, Licht und Kochen. Genau diese Bereiche fallen nun beim Mehrverbrauch wohl besonders ins Gewicht, wenn so viele Menschen von zu Hause aus arbeiten wie nie.
Nach einer Auswertung der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online für den Spiegel stieg der Stromverbrauch pro Haushalt 2020 im Schnitt um 162 Kilowattstunden, was Mehrkosten von durchschnittlich 50 Euro verursacht. Für den Vergleich wurden Datensätze von Privathaushalten ausgewertet, die auf tatsächlichen Stromzählerständen basieren. Fast drei Viertel der ausgewerteten Haushalte verbrauchten demnach mehr Strom. Doch die Tücke liegt im Detail, denn die Zahlen können sich je nach individueller Situation stark unterscheiden: Ist nur eine Person im Homeoffice oder sind es mehrere? Gibt es Kinder, die dem Unterricht am Computer folgen? Wird mittags mehr gekocht? Wie lange brennt das Licht? Allein für die Nutzung eines Computers geht co2online in einer Beispielrechnung davon aus, dass bei 335 Arbeitstagen aufs Jahr gesehen 21 Euro an Stromkosten anfallen. Die Berechnung beruht auf einer Durchschnittsleistung eines Computers von 50 Watt, einer Nutzungsdauer von vier Stunden und einem durchschnittlichen Strompreis von 31,8 Cent pro Kilowattstunde. Die Nutzungszeit vieler Arbeitnehmer dürfte noch viel höher sein. Und einberechnet sind darin auch nicht die Kosten für einen oder mehrere Monitore, Drucker und andere Geräte.
Hans Sterr, Sprecher der Gewerkschaft Verdi in Bayern, fordert eine gesetzliche Regelung der Kostenverteilung. Bis jetzt habe der Infektionsschutz Vorrang gehabt. Doch Homeoffice und mobiles Arbeiten werden sich verstetigen – und dafür müsse es einen gesetzlichen Rahmen geben, der Mindestanforderungen festlege. Die Details müssten in Dienst- oder Betriebsvereinbarungen gelöst oder individuell mit dem Arbeitgeber festgelegt werden. Dazu zählten auch Punkte wie Büroausstattung und Kernarbeitszeiten. Langfristig drohende Folgekosten wie Rückenschäden, etwa aufgrund ungeeigneter Stühle, dürften nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Ein Recht auf Homeoffice will so simpel auch Verdi nicht mehr: Beschäftigte dürften durch Homeoffice nicht ihren Büroarbeitsplatz ganz verlieren.
Auch Verdi will nun kein Recht auf Homeoffice mehr