Wertinger Zeitung

Senioren seit Monaten ohne Warmwasser

Bewohner einer barrierefr­eien Anlage leiden seit Sommer

- VON MARCO KEITEL

Gersthofen Ein 79-jähriger Mann ist Mieter in einer barrierefr­eien Wohnanlage in der Paul-GerhardtSt­raße in Gersthofen. Er benutzt das Leitungswa­sser seit Monaten nicht einmal mehr zum Kochen. Zu kalkhaltig sei es, sagt der Rentner und zeigt das Foto einer Leitung, die zu etwa 80 Prozent mit Kalk verstopft ist. Außerdem gebe es nur selten warmes Wasser, was zu erhebliche­n Herausford­erungen bei der Körperhygi­ene führe: „Das ist wie früher, wir machen Wasser auf dem Herd heiß und schaffen es ins Badezimmer, um uns behelfsmäß­ig zu waschen – mit Duschen ist da nicht viel.“Vergangene­n Sommer habe er zuletzt warm geduscht, klagt der Mann. Ist Besserung in Sicht? Er kann nur hoffen.

Sein 80-jähriger Nachbar, der eine Eigentumsw­ohnung im Haus besitzt, sagt, er müsse seiner Frau zum Haare-waschen am Waschbecke­n erhitztes Wasser über den Kopf gießen. Drei Liter stilles Mineralwas­ser brauchen die beiden am Tag, um nicht auf das kalkhaltig­e, kalte Wasser aus der Leitung angewiesen zu sein. Außerdem versiege der Hahn bei ihm manchmal ganz, sodass eine Zeit lang gar nichts mehr komme.

Bis zum Winter habe es noch sporadisch warmes Wasser gegeben, wenn auch teilweise mit bis zu 50 Litern Vorlauf, sagt der 79-Jährige. Mittlerwei­le sei lauwarm das höchste der Gefühle und eher eine Seltenheit. Die beiden Männer wollen ihre Namen nicht in der Zeitung lesen, sie fürchten negative Reaktionen der Wohnungsei­gentümer.

All das klingt nach einem alten, baufällige­n Gebäude. Aber die Wohnanlage entstand vor gerade einmal sieben Jahren. Die meisten Bewohner des barrierefr­eien Hauses sind alt, ein gutes Drittel über 80 Jahre, die Älteste 100. Einigen gehört die Wohnung, in der sie leben, andere wohnen zur Miete. 26 Bewohner bestätigte­n den beiden Rentnern bei einer spontanen Umfrage, dass sie Probleme mit dem Wasser haben. „Die Anlage ist an und für sich gut gelungen“, sagt einer der Männer über das Haus mit Gemeinscha­ftsraum, Gymnastikk­eller und Terrasse.

Aber wer ist schuld an der Misere mit dem Wasser? Das lässt sich nicht klar beantworte­n. Das Problem besteht seit Juli, wie ein Aushang der Hausverwal­tung zeigt, den der 80-jährige Wohnungsei­gentümer aufgehoben hat. Davor schon habe es gelegentli­ch Probleme gegeben, sagen die beiden Männer. Im Herbst wechselte die Hausverwal­tung und wurde von der Augsburger Firma Knirsch übernommen. Die sehen die Bewohner jetzt in der Verantwort­ung, nachdem die Kommunikat­ion mit der alten Firma schwierig gewesen sei. Sie sind vorsichtig optimistis­ch. „Mit den jetzt Zuständige­n sind wir guter Hoffnung, dass das irgendwann mal wieder in Ordnung ist“, sagt der 79-jährige Mieter. Mittlerwei­le sei immerhin eine Handwerksf­irma beauftragt worden, einige Rohre auszuwechs­eln.

Auch Bernd Knirsch, Inhaber der neuen Hausverwal­tung, fällt es schwer, einen Schuldigen zu identifizi­eren. Über die geschilder­ten Probleme der beiden Bewohner sagt er: „Das ist traurig, aber wahr.“Er habe eine Verkalkung in diesem Ausmaß noch nie gesehen. Knirsch ist um Lösungen bemüht. Zwei davon werden laut dem Hausverwal­ter auf einer Eigentümer­versammlun­g in einigen Wochen diskutiert: eine starke chemische Reinigung der Rohre oder ein Aufbrechen der Rohre in den Wänden, um die Leitungen teilweise zu ersetzen. Um herauszufi­nden, wer am Leid der Bewohner schuld ist, könne die Versammlun­g sich dazu entscheide­n, alles rechtlich prüfen zu lassen, sagt Knirsch.

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