Spitzenspiel im Unterhaus
Der Tabellenführer Bochum empfängt heute den HSV
Ältere Semester erinnern sich: Von den frühen 1970er-Jahren bis zur Bundesliga-Spielzeit 2009/10 gehörte der VfL Bochum quasi zum Stamminventar der Bundesliga. Lediglich fünf Spielzeiten verbrachte der Verein aus dem Ruhrgebiet in dieser langen
Zeit im Unterhaus. Noch immer belegt der Klub mit
1160 Bundesligapartien den 13.
Platz in der Ewigen Tabelle der Beletage des deutschen Fußballs. Doch seit dem letzten Abstieg hat sich die 2. Liga zum natürlichen Lebensraum der Bochumer entwickelt, schon die elfte Saison in Folge kicken die BlauWeißen dort.
Das könnte sich demnächst ändern: Aktuell steht der VfL an der Tabellenspitze, zwei Punkte vor dem Zweiten aus Kiel. Mitverantwortlich für den Höhenflug ist der Trainer, der auch in Augsburg kein Unbekannter ist: In der Regionalliga-Saison 2003/04 kam
Thomas Reis, mit 128 Bundesliga-Partien einer der erfahrensten Spieler im Kader, 27-mal im rot-grün-weißen Trikot zum Einsatz. Seit 2009 ist Reis, der für Bochum von 1995 bis 2003 spielte, beim VfL tätig. Zunächst war er Scout für die Nachwuchsmannschaften, dann Trainer und Assistent der Leitung der Nachwuchsabteilung. Später trainierte er die Frauenmannschaft, die U19 und die zweite Mannschaft des VfL, außerdem war er als Co-Trainer der Profis tätig.
Im September 2019 wurde er als Chef-Trainer der Zweitligatruppe installiert. Und das macht er erfolgreich: In seinem ersten Jahr führte er das Team auf den elften Rang, die vergangene Saison beendete der VfL dann auf dem achten Platz. Und nun hat Bochum beste Aufstiegschancen. Die Ambitionen des Vereins unterstrich der Klub am vergangenen Wochenende mit einem 2:1-Sieg bei Verfolger Fürth.
Der Abstand auf den Relegationsrang drei, den aktuell der HSV belegt, beträgt fünf Zähler. Dem Spitzenspiel am heutigen Freitag (Anpfiff 18.30 Uhr) kommt also besondere Bedeutung zu. Sollte der ehemalige Bundesliga-Dino die Partie für sich entscheiden, wären die Norddeutschen wieder mittendrin im Kampf um die direkten Aufstiegsplätze.
Der Trend spricht gerade nicht für die Hamburger: Im Nordduell gegen Kiel gab es zuletzt eine Punkteteilung, zuvor ging das prestigeträchtige Stadtderby gegen den FC St. Pauli knapp verloren. In den vergangenen fünf Partien konnte der HSV keinen Sieg einfahren. Dennoch sagt Sportdirektor Michael Mutzel, der 1997/98 in der FCAJugend gegen den Ball trat: „Ich bin davon überzeugt, dass der Ball wieder häufiger reinfällt, wenn wir so weitermachen. Das haben wir den Jungs auch mit auf dem Weg gegeben. Wir wissen, dass wir gut sind. Es liegt nur an uns. Am Ende entscheiden wir, wie die Spiele ausgehen.“
Das war ja mal ein Blitzstart: Nach nur 109 gespielten Sekunden ging der FC Augsburg beim Gastspiel in Berlin in Führung. Einen Klärungsversuch der Berliner schnappte sich Tobias Strobl, seinen Pass leitete André Hahn mit dem Kopf in den Lauf von László Bénes, der mit einem perfekt getimten Linksschuss seinen ersten Treffer für den FCA erzielte. Kein Torwartfehler war vonnöten, nur eine schnörkellos ausgeführte Offensivaktion. Leider folgten in den nächsten 5291 Spielsekunden nicht mehr viele ähnliche Aktionen der Rot-Grün-Weißen. Stattdessen spielte in der Folge vor allem die Hertha – mit 65 Prozent Ballbesitz – die 17-mal aufs Augsburger Gehäuse zielte (FCA: 8 Torschüsse), 523 Pässe spielte, von denen 431 auch beim gewünschten Mitspieler ankamen. Bei den Gastgebern wurden 92 Fehlpässe gezählt. Diesen Wert übertrafen die FCA-Profis mit 99, obwohl sie lediglich 280-mal passten. Die Folgen sind bekannt: In der 62. Minute erzielte Piatek per Kopfball den Ausgleich, kurz vor dem Schlusspfiff traf Mads Pedersen einen Herthaner im Strafraum, den unnötigen, aber nichtsdestotrotz fälligen Elfmeter verwandelte Lukebakio sicher. Es war der erste Sieg der Berliner nach neun Partien. Ähnlich formschwach ist der heutige Gegner des FCA: Die Borussia aus Mönchengladbach hat aus den vergangenen sieben Pflichtspielen nur einen Punkt geholt.