Kinder, wie die Zeit vergeht
Zeit wird unterschiedlich wahrgenommen. Hier erfährst du mehr
Eine Minute kann sich wie eine Sekunde anfühlen. Das weiß jeder, der nur kurz dösen wollte, nachdem der Wecker bereits geklingelt hat. Eine Minute kann aber auch unheimlich lange dauern. Etwa, wenn man versucht, eine Minute die Luft anzuhalten.
„Wie die Zeit tatsächlich vergeht, ist uns selten so richtig bewusst“, sagt der Zeitforscher Dietrich Henckel. „Wir messen die Zeit ständig mit Uhren und Kalendern. Doch wir selbst sind nicht besonders gut darin, die Zeit richtig zu erfassen.“Dazu brauche man nur einmal die Augen zu schließen und zu versuchen, eine Minute abzuzählen. Dabei könne man sich manchmal ganz schön täuschen.
Passiert nichts Spannendes, wirkt das hinterher ganz kurz
Denn Zeit ist nicht gleich Zeit. Einerseits ist da die Zeit der Natur, nach der wir uns richten. Damit sind Tag und Nacht gemeint oder auch Jahreszeiten. Andererseits hat jeder sein eigenes Zeitgefühl. „Wie lang sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft anfühlen, ist für jeden Menschen und zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedlich“, sagt der Fachmann. Das merken wir auch jetzt in der CoronaKrise. Viele finden: Das Jahr seit Beginn der Krise ging schnell vorbei. Andererseits: So ein Nachmittag ohne Freunde oder der Fußballmannschaft kann ziemlich zäh sein.
Dietrich Henckel erklärt, was unser Zeitgefühl beeinflusst. Er sagt: Wie die Zeit vergeht, hängt auch damit zusammen, wie wir die Gegenwart erleben. Ob wir Freizeit haben oder arbeiten müssen. Ob wir die Zeit allein oder mit Freunden verbringen. Meist vergeht die Zeit mit anderen Menschen gefühlt schneller. Doch mit anderen muss man die Zeit auch miteinander in Einklang
bringen. Wir verabreden uns zu bestimmten Zeiten, warten oder müssen uns früher verabschieden. Im Nachhinein fühlt sich die vergangene Zeit oft unterschiedlich an. „Zeiten, in denen wenig bis gar nichts Spannendes passiert, schrumpfen in unserer Erinnerung und wirken ganz kurz“, erklärt Dietrich Henckel. Die fünf Minuten, die wir heute auf den Bus gewartet haben und sich wie eine halbe Ewigkeit angefühlt haben, haben wir morgen schon so gut wie vergessen. Forscher sprechen vom Zeit-Paradoxon. Je mehr Eindrücke wir in einer Zeitspanne erleben, desto länger kommt uns die Zeit rückblickend vor.
Auch Kinder und Erwachsene erleben die Zeit unterschiedlich. „Für einen alten Menschen sind zwei Jahre vielleicht nicht sehr viel“, sagt der Forscher. „Doch für ein Kleinkind entspricht dieselbe Zeitdauer die Hälfte seines bisherigen Lebens.“Ein Kind sammelt in dieser Zeit im Verhältnis viel mehr neue Erfahrungen als ein Erwachsener.
Deshalb bleibt uns nichts anderes übrig, als die Zeit so zu nehmen, wie sie eben ist, sagt der Fachmann. „Wir wissen, dass schöne Zeit schneller vergeht als nicht so schöne. Anhalten oder vorstellen können wir die Zeit trotzdem nicht.“