Das sind die Details der Notbremse
PandemieBekämpfung Nur noch mit negativem Test zum Friseur, Ausgangssperre ab 22 Uhr, strenge Regeln für private Kontakte, Einkaufen nur mit Termin: Diese Regelungen gelten ab sofort bundesweit immer dann, wenn der Corona-Inzidenzwert über 100 steigt
Berlin/München Mit ihr soll ein weiterer Anstieg der Corona-Infektionszahlen verhindert werden: Die Notbremse gilt ab sofort überall dort, wo die Inzidenzwerte die Schwelle von 100 überschreiten. Die politische Entscheidung war und ist umstritten – doch Bundestag, Bundesrat und der Bundespräsident machten den Weg frei für die Novelle des Infektionsschutzgesetzes. Die Notbremse ist damit ab diesem Samstag gültig. Darum geht es:
● BundesNotbremse Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz (Ansteckungen binnen sieben Tagen pro 100000 Einwohner) in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Schwelle von 100 überschreitet, sollen dort ab dem übernächsten Tag schärfere Maßnahmen gelten. Diese sollen so lange in Kraft bleiben, bis die Sieben-Tage-Inzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Tagen die Schwelle von 100 unterschreitet – dann treten die Extra-Auflagen am übernächsten Tag wieder außer Kraft.
● Private Kontakte Es darf sich höchstens ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Für Zusammenkünfte von Ehe- und Lebenspartnern oder zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts gilt die Kontaktbeschränkung nicht. Bei Trauerfeiern nach Todesfällen dürfen bis zu 30 Personen zusammenkommen.
● Ausgangsbeschränkungen Die geplanten Ausgangsbeschränkungen sollen ab 22 Uhr gelten. Bis 5 Uhr darf man die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück nicht mehr verlassen. Ausnahmen sind die „Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum“wie etwa gesundheitliche Notfälle bei Mensch und Tier oder dringende medizinische Behandlungen. Bewegung an frischer Luft ist im Freistaat bis 22 Uhr erlaubt, allerdings nur alleine und nicht in Sportanlagen. Hier ist Bayern strenger als der Bund – der erlaubt Bewegung an der frischen Luft bis 24 Uhr. Ausgenommen sind von der Regel die Ausübung eines Berufs oder Mandats und die journalistische Berichterstattung. Das Gleiche gilt für die Wahrnehmung von Sorge- oder Umgangsrecht, die unaufschiebbare Betreuung Unterstützungsbedürftiger oder Minderjähriger oder die Begleitung Sterbender, Versorgung von Tieren oder „ähnlich gewichtige und unabweisbare Zwecke“.
● Freizeiteinrichtungen Einrichtungen wie Schwimmbäder, Saunen, Diskotheken, Wellnesszentren, Solarien, Fitnessstudios, Ausflugsschiffe oder Indoor-Spielplätze müssen schließen.
● Läden Läden dürfen Kunden nur empfangen, wenn diese einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Ab einer Inzidenz von 150 soll nur noch das Abholen bestellter Waren möglich sein (Click & Collect). Ausgenommen von Schließungen oder Beschränkungen bleiben Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Zeitungsverkäufer und Großhandel. Diese dürfen nur das übliche Sortiment verkaufen. Für die zulässige Kundenanzahl gelten Grenzen in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche. Für die ersten 800 Quadratmeter Gesamtverkaufsfläche gilt eine Begrenzung von einem Kunden je 20 Quadratmeter Verkaufsfläche (oberhalb der Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern: Ein Kunde je 40 Quadratmetern). In geschlossenen Räumen sind Masken auf FFP2-Niveau Pflicht. Blumenläden, Buchhandlungen, Gartenmärkte und Gärtnereien, die in Bayern zeitweise inzidenzunabhängig öffnen durften, bleiben im Freistaat geschlossen, obwohl die BundesNotbremse für sie Ausnahmen vorsieht. Hier hofft der Handelsverband aber auf eine Lockerung in der kommenden Woche.
● Kultur und Zoos Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Musikclubs, Kinos (außer Autokinos), Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten müssen schließen, auch entsprechende Veranstaltungen sind untersagt. Die Außenbereiche von
Zoos und botanischen Gärten sollen für Besucher mit aktuellem Negativ-Test offen bleiben.
● Sport Nur kontaktloser Individualsport bleibt erlaubt, den man allein, zu zweit oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands ausüben kann. Für Berufs- und Leistungssportler gibt es Ausnahmen. Für Kinder bis 14 Jahre soll Sport in Gruppen weiter möglich sein.
● Gastronomie Der Betrieb von Gastronomiebetrieben und Kantinen wird untersagt. Es gibt aber Ausnahmen etwa für Speisesäle in Reha-Zentren oder Pflegeheimen, die Versorgung Obdachloser oder von Fernfahrern. Die Abholung von
Speisen und Getränken zum Mitnehmen bleibt erlaubt, ebenso die Auslieferung.
● Körpernahe Dienstleistungen Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden sind untersagt. Auch hier ist der Freistaat strenger als der Bund: Hand-, Fingernagelund Gesichtspflege ist nach Angaben der IHK Bayern künftig auch zu medizinischen, therapeutischen und pflegerischen Zwecken nicht mehr gestattet. Friseure und Fußpfleger dürfen ihre Betriebe weiterhin auch bei hohen Inzidenzen öffnen. Neu ist, dass Kunden ab einer Inzidenz über 100 einen negativen CoronaTest vorweisen müssen, der maximal 24 Stunden alt sein darf. Kunden müssen laut Friseurinnung immer eine FFP2-Maske tragen, Friseure und Fußpfleger bis zur Inzidenz von 100 mindestens eine medizinische Maske, ab 100 ebenfalls eine FFP2-Maske.
● Nah und Fernverkehr Für Passagiere in Bus, Bahn und Taxi sind Masken mit FFP2-Niveau Pflicht, für Personal mit Kundenkontakt medizinische Masken. Möglichst soll nur die Hälfte der regulär zulässigen Passagiere mitfahren.
● Tourismus und Reisen Die Vermietung touristischer Übernachtungsmöglichkeiten ist untersagt. Die Ausgangssperre erschwert das Reisen: Wer zwischen 22 und 5 Uhr „touristisch“sein will, sollte besser „umbuchen oder umplanen“, rät das Innenministerium. Dienstliche Flugreisen gelten als Ausnahmen.
● Schulen Grundsätzlich müssen sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrer im Präsenzunterricht zweimal pro Woche testen lassen. Darüber hinaus gilt für viele Bundesländer: Überschreitet die Sieben-TageInzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 100, so wird Wechselunterricht ab dem übernächsten Tag Pflicht. Ab 165 wird ab dem übernächsten Tag der Präsenzunterricht in Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und ähnlichen Einrichtungen verboten. Doch Vorsicht: Die bayerischen Regeln sind strenger! Bayern kündigte an, in den Schulen beim bisherigen Kurs zu bleiben. Weiterhin gilt deswegen im Freistaat ab einer Inzidenz von 100 die Pflicht zum Distanzunterricht. Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen. Die Schulbremse tritt außer Kraft, wenn die Sieben-TageInzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert wieder unterschreitet.
● Arbeitsplatz Unternehmen müssen zwei Corona-Tests pro Woche bereitstellen. Falls möglich, muss der Arbeitgeber seinen Angestellten Homeoffice ermöglichen und Arbeitnehmer müssen das normalerweise auch annehmen.
● Geimpfte Die Bundesregierung soll Erleichterungen für Geimpfte oder Menschen, bei denen wegen einer Covid-19-Erkrankung von einer Immunisierung auszugehen ist, regeln können.
● Weitergehende Regelungen Weiterreichende Gebote und Verbote des Infektionsschutzes bleiben von der Notbremse unberührt. Gottesdienste sind ebenfalls nicht erfasst.
● Verordnungen des Bundes Für Gebiete mit einer Inzidenz über 100 kann die Bundesregierung per Verordnung nun auch schärfere Auflagen erlassen. Bundestag und Bundesrat müssen dann zustimmen.
● Dauer Alle Regeln sind befristet bis maximal 30. Juni.