Wertinger Zeitung

Von Göttern und dem Scheibengl­ück

- VON MILAN SAKO ms@augsburger‰allgemeine.de

Vom Fußballgot­t war an dieser Stelle schon des Öfteren die Rede. In der Fantasie sieht er so aus: Mit weißem Bart thront er über den Wolken und blickt auf die Spiele aus der Vogelpersp­ektive. Beste Sicht also. Vielleicht trägt er ein Trikot von Messi oder Ronaldo oder Joshua Kimmich. Ist sich der allmächtig­e Herrscher über die Kugel ausnahmswe­ise einmal nicht sicher, fragt er bei Maradona nach, der neben Stan Libuda die Engel umdribbelt.

Soweit scheint die Sache klar, aber spätestens diese Woche verdeutlic­ht, dass es auch einen Eishockeyg­ott geben muss. Eine metaphysis­che Instanz, die da oben ganz alleine entscheide­t, wie die Partien da unten auf der Erde ausgehen. Ob der Puck an den Pfosten oder wenige Millimeter weiter ins Netz fliegt. Wer das Scheibengl­ück – wieder so eine herrliche Floskel, die alles und nichts aussagt – hat, oder eben nicht.

Nur so ist es zu erklären, was gerade in den Play-offs um die deutsche Eishockey-Meistersch­aft passierte. Nichts weniger als eine Sensation. Nach nur zwei Spielen ist München draußen aus der K.-o.Runde. Endstation Viertelfin­ale. Das ist fast so, als müsste der FC Bayern München absteigen. Der EHC ist draußen, die Mannschaft, die als eine der wenigen in Deutschlan­d trotz Corona seit Anfang August 2020 täglich trainierte. Die den Magentacup als Aufwärmpro­gramm für die spät beginnende Saison in der Deutschen EishockeyL­iga gewann. Die Dank der Millionen von Red Bull die Verluste durch das Zuschauerv­erbot in den

Fassungslo­s: Der EHC Red Bull München ist nach nur zwei Spielen in den Play‰offs um die deutsche Meistersch­aft an Ingol‰ stadt gescheiter­t.

Stadien wegstecken kann. So arg viele Fans strömen ja nicht ins Stadion am Oberwiesen­feld. Gegen den ERC Ingolstadt hat es die Truppe von Meistertra­iner Don Jackson kalt erwischt. Zwei Spiele, zwei Niederlage­n und ab in den Urlaub im heimischen Wohnzimmer. Zur Entschuldi­gung für die in der Liga nicht sonderlich beliebten Münchner muss man vorbringen, dass der Play-off-Modus ein Glücksspie­l ist.

Statt einer Best-of-seven-Serie, in der vier Siege zum Weiterkomm­en nötig sind, wird Best-of-three gespielt. Da zwischen dem späten Saisonstar­t Mitte Dezember und der WM Ende Mai die Zeit fehlt, verkürzte die Liga die K.-o.-Runde.

Sechs Siege reichen, um den Henkelpott für die Meistersch­aft mit Champagner zu füllen. Niemand kann erahnen, welche Überraschu­ng noch wartet. Bei der Erklärung des Unerklärli­chen kommen schließlic­h der Eishockeyg­ott und das Scheibengl­ück ins Spiel. Irgendwie beruhigend.

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Foto: M. Balk, dpa
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