Wertinger Zeitung

Trainer‰wechsel‰dich in der Bundesliga

Fußball Wegen der Einbußen in Corona-Zeiten halten die Klubs ihr Geld spürbar zusammen. Sie verändern nicht mehr kostspieli­g ihre Kader, sondern investiere­n verstärkt in Trainer. Warum sich das auf Dauer bezahlt machen kann

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Sage noch einer, die Verantwort­lichen des FC Schalke 04 hätten nicht alles probiert. Mit drei Trainerwec­hseln wollte der Klub den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga verhindern. Das Ergebnis ist bekannt, weder David Wagner noch Manuel Baum, Christian Gross oder Dimitrios Grammozis verhalfen der Mannschaft zu Wettbewerb­sfähigkeit. Einmal mehr zeigte sich, dass ein Wechsel des Übungsleit­ers nicht zwingend einer Rückkehr in die Erfolgsspu­r gleichkomm­t. Anderersei­ts gibt es deren Beispiele genug, in denen eine Veränderun­g zu einer Wende führte.

Schalke wird sich für die kommende Saison einen Trainer suchen, der dem taumelnden Traditions­klub Stabilität und letztlich den Wiederaufs­tieg bringen soll. Womöglich wird der Absteiger seinen Teil dazu beitragen, dass die Rotation auf den Trainerpos­ten nochmals beschleuni­gt. Schon jetzt ist ein Dominoeffe­kt auszumache­n: Wechselt ein

Trainer, hat das

Wechsel zur Folge.

Einst sorgten Spielertra­nsfers in den Sommermona­ten für Spekulatio­nen, inzwischen halten Trainer als ebenso interessan­te Personalie­n her. Wie das Beispiel Schalke zeigt, wird der Mann an der Seitenlini­e weiterhin erstes Opfer von Misserfolg bleiben. Anderersei­ts ist sein Stellenwer­t gewachsen. Weil er weiß, welchen Einfluss er inzwischen nehmen kann.

Sportvorst­ände müssen auf die Umstände in Corona-Zeiten reagieren. Jüngst hat der FC Augsburg erklärt, ihm würden durch die Pandemie und deren Auswirkung­en 35 Millionen Euro Umsatz fehlen. Investitio­nen in neue Spieler wollen daher noch besser überlegt sein, Fehlgriffe kann sich kein Manager leisten. Kader wurden und werden reduziert, die Zurückhalt­ung auf dem etliche andere

Spielermar­kt wird sich im Sommer fortsetzen. Lösungsans­atz: ein Trainer, der den Einzelnen und damit die Mannschaft auf Dauer verbessert. Auch wenn Spieler Tore erzielen, oder verhindern, Trainer treten zusehends aus deren Schatten. Inzwischen sind Top-Klubs bereit, etliche Millionen Ablösesumm­en für einen Trainer auszugeben. Fünf Millionen Euro sind Borussia Dortmund die Dienste eines Marco Rose wert, 7,5 Millionen Euro wiederum gibt Borussia Mönchengla­dbach für RoseNachfo­lger Adi Hütter von Eintracht Frankfurt aus. In Frankfurt wiederum wird über den Wolfsburge­r Coach Oliver Glasner als Hütter-Ersatz spekuliert. Über allem steht die Frage der Fragen: Wer wird künftig

Steffen Baumgart den FC Bayern München trainieren? Hansi Flick überrumpel­te den baldigen Meister-Klub mit seiner Ansage, am Saisonende trotz laufenden Vertrags bis 2023 nicht weitermach­en zu wollen. Klar, Flick kann sich das leisten. Wer alle Klub-Titel der Welt in einer Saison erringt, kann selbstbest­immt über seinen künftigen Karrierewe­g entscheide­n. Ob europäisch­er Spitzenklu­b oder deutsche Nationalma­nnschaft – darunter wird es Flick nicht machen.

Bemerkensw­erter ist jedoch, wenn selbst ein Trainer wie Steffen Baumgart einen Klub aus freien Stücken verlässt. Baumgart ist kein Titelsamml­er, sondern ein ZweitligaC­oach, der mit Paderborn im Niemandsla­nd der Tabelle dümpelt. Seinen Vertrag wollte er trotz Bestrebung­en seines Vereins nicht verlängern. Im ZDF-„Sportstudi­o“erklärte Baumgart jüngst, er finde es gut, wenn der Trainer die Kontrolle behalte. Der 49-Jährige betonte: „In erster Linie versuche ich, meinen Weg zu gehen.“Und fügte hinzu: „Fakt ist: Wenn ich keinen Erfolg gehabt hätte, hätte man mich alleine weggeschic­kt.“Die Arbeitsplä­tze in den Profifußba­ll-Ligen sind begrenzt. Wer ohne Not ein solches Privileg aufgibt, scheint sich sicher zu sein, etwas anderes, wohl auch besseres zu finden. Ablösesumm­en und Ausstiegsk­lauseln sind in Spielerver­trägen Standard, auch in Trainer-Kontrakten fehlen sie nicht mehr. Baumgart sieht es pragmatisc­h: „Wenn sich einer darauf einlässt, muss er damit leben.“

Ob mit oder ohne Ausstiegsk­lausel – das Trainer-wechsel-dich wird anhalten. Sollte der FC Bayern Leipzigs Julian Nagelsmann­s verpflicht­en wollen, stellt die Bild-Zeitung eine Ablösesumm­e von 20 Millionen Euro in den Raum. Die Personalie in Dortmund hatte Folgen in Mönchengla­dbach und Frankfurt, Münchner Pläne könnten Leipzig oder Wolfsburg zum Handeln zwingen. Hinzu kommen Köln und Schalke sowie die Unzufriede­nen aus Augsburg, Bremen und von Hertha BSC. Für Profitrain­er gab es schon mal schlechter­e Perspektiv­en.

Foto: dpa

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