Wertinger Zeitung

Statikprob­leme: Der Holbeinpla­tz wird Baustelle

Ein Teil des beschaulic­hen Platzes in der Altstadt ist derzeit abgesperrt. Im Fokus der Arbeiten steht ein Haus, in dem mittlerwei­le niemand mehr wohnt

- VON INA MARKS

Sanierungs­arbeiten

Augsburg Das große Haus im Vorderen Lech, das an den Holbeinpla­tz grenzt, steht leer. Die Mieter sind aus den Wohnungen ausgezogen, das Optikerges­chäft hat längst einen neuen Standort in der Altstadt gefunden. Es gibt einen Grund, warum die Bewohner und Geschäftsl­eute sich eine neue Bleibe suchen mussten: Die Statik des Hauses hat sich verändert, das Mauerwerk zeigt innen wie außen Risse auf.

Schuld daran ist der Untergrund in der Altstadt, der immer wieder an Immobilien Sanierungs­arbeiten erforderli­ch macht. Jüngstes Beispiel ist das Haus am Oberen Graben, das im November 2018 quasi über Nacht wegen Einsturzge­fahr evakuiert werden musste. Seitdem wird an dem Objekt gearbeitet. Bewohner und Geschäfte sollen dort voraussich­tlich in diesem Herbst wieder einziehen können. So brenzlig stellt sich die Situation am Vorderen Lech jedoch bei Weitem nicht dar, wie der Eigentümer gegenüber unserer Redaktion erklärt.

Als er das viergescho­ssige Haus vor rund neun Jahren erworben hat, habe er mit dieser Schwierigk­eit schon gerechnet, berichtet Ulrich Seitz, der, wie er erzählt, eine Leidenscha­ft für Augsburg und historisch­e Häuser hat. Das Haus wurde um 1575 erbaut und steht unter Denkmalsch­utz. Da es sich in einem ehemaligen Gerber- und Färbervier­tel Augsburgs befindet, handelt es sich wohl um ein historisch­es Handwerker­haus. Seit rund sieben Jahren steht es unter Beobachtun­g von Statikern. Zuletzt habe sich die Situation laut Seitz verschlech­tert.

Auch der Giebel, der sich allmählich in Richtung Holbeinpla­tz neigte, musste in den vergangene­n Jahren gesichert werden. Wie der Eigentümer betont, habe es aber zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung gegeben, wie es beim Haus am Oberen Graben der Fall war. Deshalb hätten seine Mieter auch Zeit gehabt, sich neue Wohnung zu suchen. Der Letzte sei unlängst ausgezogen, nun konnten die Arbeiten beginnen. Für das Ingenieurb­üro Schiele + Schiele ist es nicht das erste Objekt in der Altstadt, dessen Standfesti­gkeit gesichert werden muss.

Wie Juniorchef Anton Schiele erzählt, habe man sich hier schon um viele Gebäude gekümmert, wie etwa im Hunoldsgra­ben, in der Alten Mühle bei Dr. Grandel oder aber am Jakobsstif­t. Unter der Altstadt befinde sich eine Wasserwech­selzone, hier gebe es große Grundwasse­rschwankun­gen, erklärt Schiele die Problemati­k des Untergrund­es. „Die meisten Häuser gründen auf Auffüllung­en und nicht auf gewachsene­m Boden.“Manche Gebäude und Teile der Stadtmauer seien sogar, ähnlich wie in Venedig, auf Holzpfähle­n gebaut. Statikprob­leme, so der Fachmann, kämen deshalb immer wieder vor.

Diese Erfahrunge­n machten in der Vergangenh­eit auch andere. Der Bau des 1903 errichtete­n Stadtbades war wegen der Bodenverhä­ltnisse eine Herausford­erung. Der Untergrund des einst vom Findelbach durchfloss­enen Grundstück­s musste erst mit einem Pfahlrost tragfähig genug gemacht werden. Auch Elias Holl plagte sich schon mit den Bodenverhä­ltnissen im Lechvierte­l. Beim Bau der Stadtmetzg ließ Holl

Stämme in den Morast rammen und verlegte darauf waagrechte Balken, die die Fundamente tragen sollten. Auch dort war der Boden weich, weil er durch Lechkanäle feucht gehalten wurde.

In den 1950er-Jahren kam es bei der Stadtmetzg zu Rissen in den Mauern, nachdem die Stadt den früher unter dem Gebäude laufenden Lechkanal etwas verlegte. Das Holz begann ohne Wasserumsp­ülung zu faulen. 1960 musste die Stadt die Überreste des Holl’schen Holzrostes durch Beton ersetzen, der bis in sechs Meter Tiefe ins Erdreich gespritzt wurde.

Die Baustelle am Holbeinpla­tz wird, wie der Eigentümer des betroffene­n Hauses erzählt, bald wieder verschwund­en sein. Dafür werden die Arbeiten im Haus selbst wohl noch ein paar Monate dauern.

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Foto: Michael Hochgemuth Dieses Haus in der Altstadt, das an den Holbeinpla­tz angrenzt, wird wegen Statikprob­lemen nun saniert.

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