Wie sich Nashorn Kibo in Rom eingelebt hat
Zoo Zwei Augsburger Wildtieren fliegen auch im Ausland die Herzen zu. Der Nashornbulle nimmt in seiner neuen Heimat stetig zu und ein Hengst könnte bald schon Vater werden. Auch Kibos Schwester Keeva hat ein neues Zuhause gefunden
Augsburg Drei Jahre lang waren sie die Lieblinge der Augsburger im Zoo: Die Breitmaulnashorn-Babys Kibo und Keeva sahen zum Knuddeln aus, tollten verspielt durch ihr Gehege und bescherten dem Zoo einen Besucherboom. Dass sie nicht in ihrer Geburtsstadt würden bleiben können, war von Anfang an klar: Keeva wurde 2019 nach Großbritannien abgegeben, Kibo nach Italien. Dort hat er sich inzwischen gut eingelebt – und ordentlich zugelegt.
Yitzhak Yadid ist Kurator des „Bioparco“in Rom, wo Nashornbulle Kibo seit September 2019 lebt. Dort hat er einen Artgenossen, der genauso alt ist wie er selbst. Dieser Bulle heißt Thomas. Es ist der Name, dem man ihm in seinem Geburtszoo in Arnhem in den Niederlanden gab. Die beiden Nashörner halten laut Yadid immer Ausschau nach ihren Pflegern. Kibo verpasse keine Gelegenheit, sich Streicheleinheiten abzuholen. Inzwischen ist der in Augsburg geborene Bulle ein echtes Schwergewicht und dementsprechend etwas behäbiger, als ihn so mancher Augsburger noch kennen mag. „Er ist ein Erwachsener“, sagt
Yadid, „und ziemlich groß“. Dass es Kibo schmeckt, zeige sich auf der Waage. Yadid erinnert sich noch daran, dass er bei der Ankunft zwei Tonnen wog. Heute ist der Bulle um ein Viertel schwerer. Sein Gewicht von mehr als 2500 Kilogramm kann nach Auskunft von Fachleuten aber noch deutlich zunehmen. 3500 Kilogramm sind für einen Nashornbullen nicht ungewöhnlich. Im Bioparco ist die Zooleitung bemüht, auch für Kibo die richtigen Vorausset
zungen zu schaffen. Dazu gehören laut Yadid die richtige Behausung, genügend Auslauf und fürsorgliche Pfleger. Ein monumentales Eingangsportal weist den Weg in den „Bioparco di Roma“beziehungsweise zoologischen Garten Roms. Er liegt auf einer Fläche von 42 Hektar zu Füßen des Hügels Pincio im Park der Villa Borghese. Er gilt als Italiens größter und – 1911 erbaut – Europas ältester Zoo. Kibo ist eines von 1114 dort lebenden Tieren. Es war der Hamburger Carl Hagenbeck, der die Verantwortung für die Gründung des Bioparco übernahm. Auch Kibos Schwester Keeva hat sich in ihrer neuen Heimat, dem Knowsley Safari Park in der Nähe von Liverpool, Großbritannien, offenbar gut eingelebt. Sie lebt dort in einer größeren Herde, Besucher des Parks können dort auf geführte Touren gehen und die Tiere erleben, als lebten sie in freier Wildbahn. Noch ein anderes Augsburger Wildtier wanderte vor Kurzem aus: Przewalski-Hengst Lars. Er war einst Teil des Beweidungsprojekts im Stadtwald Augsburg, in dessen Rahmen Przewalskipferde dafür sorgen, die Heide und den lichten Kiefernwald im Gehege offen zu halten. Die Junghengste der Augsburger Herde müssen immer wieder ausgetauscht werden, weshalb Lars diesen Januar nach Warschau gebracht wurde, wo er für Nachwuchs sorgen soll. Der Warschauer Zoologische Garten liegt im Stadtteil Praga-Północ und wurde 1928 eröffnet. Damals galt er als der größte Tierpark Europas. Die heute 40 Hektar große Anlage verfügt über rund 550 Tierarten mit etwa 3500 Exemplaren. Sie wird jährlich von etwa 600.000 Menschen besucht. Die Anlage steht seit 1990 gemeinsam mit dem angrenzenden Park Praski unter Denkmalschutz. Zoodirektorin Magdalena Gajownik und die für Huftiere zuständige Kuratorin Sylwia Gródkowska sagen, auch wenn der Hengst erst seit einigen Monaten in der polnischen Hauptstadt lebe, sei es ihm bereits gelungen, die Herzen seiner neuen Zoo-Familie zu „stehlen“. Die Verantwortlichen haben den Eindruck, dass er in der neuen Gruppe sehr glücklich sei.
Lars habe sich sehr schnell akklimatisiert. Gródkowska erwartet in einiger Zeit sogar schon zwei Fohlen im Zoo. Die Tragezeit beträgt in der Regel ein Jahr. Der siebenjährige Lars teilt sein Gehege mit drei Stuten, wo er als sogenannter „Haremshengst“schon am ersten Tag nach seiner Ankunft beim Liebesspiel beobachtet werden konnte. Außerdem kam der Hengst aus Augsburg schnell auf den Geschmack von Heu und Geäst, bevorzugt knabbere er an Weiden. Gródkowska ist davon überzeugt, dass Lars von den Pflegern viel abwechslungsreiche Interaktion und Freiheiten erfährt und bei ihnen in guten Händen ist. Es gebe keinerlei Anzeichen für Aggression
bei ihm. Laut Norbert Pantel, Leiter des Beweidungsprojekts im Augsburger Stadtwald, sei Lars bereits das fünfte Pferd, das dem europäischen Zuchterhaltungsprogramm dient. Eines der in Augsburg geborenen Tiere habe es zu diesem Zweck sogar bis in die Mongolei geschafft, die Stute soll am Rand der Wüste Gobi in einem Schutzgebiet die frei lebende Population von Przewalskipferden ergänzen. Noch einmal zurück zu den Rhinozerossen: Der Schutz der Breitmaulnashörner liegt dem Augsburger Zoo und seiner Direktorin Barbara Jantschke am Herzen. Im Jahr 2008 seien zwei weibliche Breitmaulnashörner aus Südafrika importiert worden, mit denen hier eine Zuchtgruppe aufgebaut werden soll. Mit der Geburt der Jungtiere Kibo und Keeva konnte der Zoo Augsburg seinen „ersten Erfolg zum Schutz der Art in menschlicher Obhut“verbuchen. Die Augsburger ZooDirektorin hofft auch bei Augsburgs Nashörnern wieder auf Zuwachs. Im Oktober kam das dreieinhalbjährige Nashornmädchen Wiesje aus Arnheim in den Niederlanden, im November die 25-jährige Numbi aus Erfurt.