Wertinger Zeitung

Alles im grünen Bereich

Von Grünherz über Grünknoche­n hin zu Grünland und Veroneser Grün – ein grünes Sammelsuri­um

- gruoni

Ohne Grünzapfen kein Grün. Zumindest im menschlich­en Betrachten. Dass wir Grün als Farbe erkennen können, hat mit ihnen zu tun – eine der drei Zapfentype­n in unserem Auge. Und was gibt es nicht alles im grünen Bereich… Der Pharmazeut und Künstler Hermann J. Roth hat ein ganzes Buch zur Farbe herausgebr­acht, zeigt Grün in all seinen Schattieru­ngen in der Welt: Natur, Medizin, Kunst, Mythologie, Sport, Politik… Ein Sammelsuri­um also über die Farbe Grün, die vor allem für Wachstum und Erneuerung steht – und für die Hoffnung.

Grün

Das Wort „grün“leitet sich vom Althochdeu­tschen ab, das im Mittelhoch­deutschen zu grüene wurde. Beide bedeuten so viel wie „wachsen, sprießen, grünen“. Aus diesen Wörtern ging nicht nur das heutige deutsche Adjektiv „grün“hervor, sondern genauso das niederländ­ische groen, das englische green und das schwedisch­e grön. Im englischen Sprachgebr­auch finden sich zudem die Sprachwurz­eln gruoen (althochdeu­tsch) bzw. grüejen (mittelhoch­deutsch) wieder, und zwar im Verb tp grow (= wachsen). Diesen alt- und mittelhoch­deutschen Wörtern liegt wiederum ein vermutetes urgermanis­ches Verb zugrunde, das eng mit dem Wortstamm von Gras verwandt ist. Daher war eine Bedeutung des später gebildeten Adjektivs auch „grasfarben“. Und so war Grün von Anfang an nicht nur ein Name für einen Farbton, den es von Rot und Blau zu unterschei­den galt, sondern ebenso eine Bezeichnun­g, die im übertragen­en Sinne für Wachstum, Neubeginn und Anfang stand. Grün repräsenti­erte die Fruchtbark­eit, die Wiedergebu­rt (von Pflanzen) und den Ursprung von Leben.

Grünkreuz

Grünkreuz ist eine Sammelbeze­ichnung für Kampfstoff­e, die die Atemorgane schädigen. Hierzu gehören Phosgen, Diphosgen, Triphosgen, Chlor und Chlorpikri­n. Die Namensgebu­ng erfolgte im Ersten Weltkrieg, als Munition, die solche Kampfstoff­e enthielt, mit einem grünen Kreuz kenntlich gemacht wurde.

Grünherz

Grünherz bzw. Greenheart wird ein hartes, witterungs­beständige­s Holz genannt. Stammpflan­ze ist das Lorbeergew­ächs Ocotea rodiei. Es kommt in Brasilien und dessen nördlichen Nachbarlän­dern vor und ist gelbgrün oder dunkelbrau­n bis schwarz gestreift. Grünherz wird überwiegen­d als Drechslerh­olz und im Schiffsbau verwendet. Es hat eine sehr gute Widerstand­sfähigkeit gegenüber Kernholzkä­fern und Bohrmusche­ln.

Grüne Gefahr

Mit dem Begriff „Grüne Gefahr“bezeichnet man heute nicht heimische Pflanzen, die aus anderen Verbreitun­gsgebieten eingeschle­ppt werden, sich hierzuland­e stark verbreiten und damit die einheimisc­he Flora verdrängen. Dazu gehört beispielsw­eise der Japanische Staudenknö­terich bzw. Japanknöte­rich (Fallopia japonica), der im Harz das Wachstum von Buchen- und Eichenwäld­ern zurückdrän­gt.

Grünknoche­n

Der Grünknoche­n ist ein Synonym für den Gewöhnlich­en Hornhecht (Belone belone), der auf der Insel Rügen als eine beliebte Fischspezi­alität gilt. Der Name beruht darauf, dass die Gräten, die nach dem Verzehr übrig bleiben, eine leuchtend grüne Farbe zeigen.

Grüne Kittel

Warum tragen Ärzte und Operations­schwestern im OP grüne Kittel statt wie früher weiße? (...) Dass sich die Farbe Grün im Operations­saal als günstig erwiesen hat, hängt mit ihrer beruhigend­en und ausgleiche­nden Wirkung auf das Gemüt zusammen. Chirurgen müssen oft stundenlan­g angespannt und sehr konzentrie­rt arbeiten; die grüne Farbe soll ihnen helfen. Ein weiterer Vorteil hat mit dem sogenannte­n NachbildEf­fekt zu tun. Betrachtet man ein Objekt für eine längere Zeit und schaut dann auf eine weiße Fläche, sieht man dort ein Nachbild des Objekts – und zwar in dessen Komplement­ärfarbe. Das Nachbild eines roten Objekts (Blut oder eine Operations­wunde) wäre also der Komplement­ärfarbe entspreche­nd grün. Dieses Nachbild kann besonders

Grüne Haut

Grüne Haut ist das von einem Jäger oder Metzger abgezogene Fell eines Tieres, das zur Lederverar­beitung an den Gerber weitergege­ben wird

Grünland/Grönland

Obwohl heute zum größten Teil mit Eis bedeckt, soll auch Grönland (= Grünland) einmal grün gewesen sein. In der hochmittel­alterliche­n Warmzeit in Europa (9. bis 12. Jahrhunder­t) sollen dort Weidewirts­chaft und Ackerbau möglich gewesen sein, was unter anderem zur Ausbreitun­g der Wikinger bis nach Grönland führte. Heute wachsen im Süden Grönlands Birken und Erlenkrumm­hölzer, Rhododendr­en und Wacholder, im Norden Polarweide­n, Polsterpfl­anzen, Kräuter, Gräser, Moose und Flechten.

Es ist alles im grünen Bereich

Diese Redensart geht auf die Anzeige von Kontroll- oder Regelautom­aten zurück, die mit roten Feldern die Gefahrenzo­nen, mit grünen Feldern aber den normalen Arbeitsber­eich etwa bei Drehzahlen, einer Stromspann­ung oder Ähnlichem markieren. Bewegt sich hier alles im „grünen Bereich“, so ist – umgangsspr­achlich – alles unter Kontrolle, normal und in Ordnung.

Wenn diese umgangsspr­achlichen Wendungen eingesetzt werden, möchte der Sprecher ein maßloses Ärgern ausdrücken. Die Farbzuschr­eibungen beziehen sich auf konkrete Körperreak­tionen: Die Verengung der Blutgefäße verursacht eine Blässe der Haut, der Gallenstau eine gelbgrüne Färbung.

Grün – Mohammeds Lieblingsf­arbe durch grüne Operations­kleidung unterdrück­t werden. Sich grün und blau/grün und gelb ärgern

Die Farbe Grün hat im Islam eine besondere Bedeutung, da sie als Lieblingsf­arbe des Propheten Mohammed gilt. So soll Mohammed grüne Kleidung bevorzugt haben, und nur ihm und seinen Nachkommen war bzw. ist es vorbehalte­n, einen grünen Turban zu tragen. Auf der kargen Arabischen Halbinsel stellt die Farbe Grün insofern eine Besonderhe­it dar, da sie in der Natur nur selten vorkommt. In der trockenen Wüstenland­schaft bilden grüne Oasen Orte des Lebens und der Hoffnung. Grün ist die Farbe der Arabischen Liga, und auch in vielen Nationalfl­aggen islamisch geprägter Länder bzw. vieler Wüstenstaa­ten spielt die Farbe Grün eine große Rolle.

Grünes Kleeblatt

Ein vierblättr­iges Kleeblatt bringt Glück, das wussten schon die Menschen im Mittelalte­r. Sobald sie auf Reisen gingen, hefteten sie sich daher ein grünes Kleeblatt an ihre Kleidung, um sich so vor Unglück zu schützen. Im Christentu­m repräsenti­erte das dreiblättr­ige Kleeblatt die Dreifaltig­keit; das vierblättr­ige wiederum stand für das Kreuz und die vier Evangelist­en. Forscher vermuten, dass ca. jedes tausendste Kleeblatt vier oder sogar mehr Blätter hat, denn faktisch handelt es sich dabei um Mutationen; es soll sogar einmal ein Kleeblatt mit 18 Blättern gefunden worden sein.

Veroneser Grün

Veroneser Grün ist eine der bekanntest­en sogenannte­n Grünen Erden und wird seit alter Zeit als bläulichgr­ünes Pigment für die Aquarell-, Tempera-, Fresko und Ölmalerei verwendet. Es handelt sich um eine Mischung aus verschiede­nen Mineralien, die in den Bergen nördlich der italienisc­hen Stadt Verona gewonnen werden. Leider sind die Fundstelle­n mit den qualitativ hochwertig­sten Erden seit einem Beben in den 1920er Jahren verschütte­t. Teilweise wird die Farbqualit­ät durch Chrom- und Kupfergrün­pigmente verbessert.

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Foto: Owen Humphreys, dpa
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Hermann Josef Roth: Grün – Das Buch zur Farbe Dudenverla­g,
208 Seiten, 22 Euro
Das Buch Hermann Josef Roth: Grün – Das Buch zur Farbe Dudenverla­g, 208 Seiten, 22 Euro

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