So klappt die erste Gehaltsverhandlung
Beruf Auch Berufsanfänger sind keine „Bittsteller“. Bewerberinnen und Bewerber haben etwas zu bieten und können dafür auch etwas einfordern. Mit welchen Techniken ein angemessenes Gehalt herausspringt
Wetter/Ruhr/Wiesbaden Aller Anfang ist schwer. Auch im Berufsalltag. Wer nach der Ausbildung auf der Suche nach einer Stelle ist, tut sich oft schwer damit, das Thema Gehalt im Bewerbungsgespräch selbstbewusst anzugehen. „Das liegt daran, dass in den Schulen das Thema Geld und der Umgang damit einfach zu kurz kommen“, sagt Johannes Wilbert, Leiter des Instituts zur Berufswahl. Aber: Niemand sollte sein Wissen und seine Kompetenzen unter Wert verkaufen.
Mit den Bewerbungsunterlagen fängt es an: „Bereits dort sollte man klar herausarbeiten, welchen Mehrwert man zu bieten hat, um später eine gute Basis für Gehaltsverhandlungen zu haben“, rät Wilbert. Kommt es zum Vorstellungsgespräch, gilt es, sich im Vorfeld gut vorzubereiten – auch darüber, welche Gehälter in der Branche üblich sind. „Im Internet gibt es Jobbörsen, die genau diese Infos liefern“, erklärt Ute Bölke, Karriere-Coach in Wiesbaden. Bietet ein potenzieller Arbeitgeber einen Verdienst unter dem branchenüblichen Niveau, sollte eine Bewerberin oder ein Bewerber das zur Sprache bringen – und sich gegebenenfalls nicht darauf einlassen. Klar muss aber auch sein: Wer in den öffentlichen Dienst will oder eine Trainee-Stelle haben möchte, hat zumeist keinen Verhandlungsspielraum, weil der Verdienst festgelegt ist.
Laut Wilbert sind etwa 45 Prozent aller Unternehmen an Tarifverträge gebunden. Das heißt aber auch: 55 Prozent sind es nicht. Es lohnt sich daher, sich über die Konditionen bei einem potenziellen Arbeitgeber genau kundig zu machen. Das geht etwa über die Webseite des jeweiligen Unternehmens oder über Bewertungsportale. Dabei kommt es nicht allein auf das Fixgehalt an. „Möglicherweise gibt es ja zusätzlich noch attraktive Extras wie beispielsweise einen Essenszuschuss, ein Jobticket oder etwa vermögenswirksame Leistungen“, sagt Bölke. Auch ein Firmenwagen oder eine firmeneigene Weiterbildungsakademie sind denkbare Benefits.
Wer gut informiert ins Bewerbungsgespräch geht, ist in jedem Fall in einer guten Startposition. „Wichtig ist dabei vor allem, nicht als Bittsteller aufzutreten, der oder die einen Job möchte“, betont Wilbert. Die andere Seite möchte schließlich auch etwas von einem. Macht der Arbeitgeber ein Angebot, das dem Bewerber zu niedrig erscheint, könnte laut Wilbert der Bewerber etwa sinngemäß fragen: „Inwiefern sind Sie hier noch zu Kompromissen bereit?“
Ebenfalls wichtig beim Reden übers Geld: Gute Gründe vorbringen können, warum man etwa mehr als vom Arbeitgeber vorgeschlagen verdienen möchte. Und: „Bitte nicht giftig werden, immer freundlich bleiben“, empfiehlt Bölke.
Es kann durchaus nützlich sein, im Vorstellungsgespräch zu erwähnen, dass man noch andere Bewerbungsverfahren am Laufen hat. „Damit signalisiert man, dass man nicht zu jeden Konditionen bereit ist, den Job anzutreten“, so Wilbert.
Aus Erleichterung, überhaupt einen Job gefunden zu haben, lässt man sich gerade als Berufseinsteiger gerne mal mit wohlwollenden Worten abspeisen. Etwa, wenn ein Arbeitgeber zur Gehaltsforderung sinngemäß sagt: „Jetzt beweisen Sie sich doch erst einmal!“Dann sollte der Bewerber oder die Bewerberin aber gegenhalten und gezielt nachfragen, wie denn der „Lernentwicklungsplan“aussieht, rät Wilbert. Kommt es dann zu der Vereinbarung, dass man etwa nach drei Monaten noch einmal über das Thema Geld redet, dann sollte man sich dies unbedingt schriftlich geben lassen.
Was auch passieren kann: Jemand tritt eine Stelle an und merkt erst zu einem späteren Zeitpunkt, dass er in Sachen Gehalt viel zu niedrig eingestiegen ist. Und nun? „In jedem Fall das Gespräch mit dem Chef darüber suchen“, empfiehlt Wilbert. Damit zeigen Beschäftigte auch eine gewisse Loyalität – weil sie sich eben nicht an den Betriebsrat oder die Gewerkschaft, sondern unmittelbar an die Führungskraft wendet. Und: „Keinesfalls demütig bitten, sondern selbstbewusst auftreten“, sagt Bölke.