G’sundheit!
Olympia Vor den Spielen in Tokio ist dem DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann die Ausbeute an Medaillen egal. Wichtig sei nur, die Athleten heil nach Japan und wieder zurück zu bringen
München/Sulzberg Dieser eine emotionale Moment, den sich DOSBPräsident Alfons Hörmann am Montag im Münchener Presseclub leistete, spiegelt vermutlich seine Denke ganz gut wider. Als er mit Ruder-Weltmeister Oliver Zeidler gerade gedanklich tief in die Thematik Olympia eingetaucht war und ihn ein Journalist – obwohl dieser Punkt bis dahin schon abgearbeitet war – noch einmal zur Brief-Affäre in der Geschäftsstelle des DOSB in Frankfurt löchern wollte, geriet der 60-jährige Spitzenfunktionär aus dem Oberallgäuer Sulzberg kurzzeitig in Wallung. „Aus Respekt vor den Athleten bleiben wir doch jetzt bitte beim Thema Olympia“, sagte er leicht gereizt, um dann doch schnell auf „höflich“umzuschwenken und dem Medienvertreter zu sagen: „Ich stehe hinterher für alle Fragen bereit und laufe Ihnen nicht davon. Versprochen.“
Die Mission Olympia hat für Hörmann oberste Priorität. Dass er selbst kurz vor Beginn der Spiele die
Schlagzeilen mit seinem angeblich so schlechten Führungsstil beherrscht, kann ihm nicht recht sein. Deshalb betont er wiederholt, dass alle im Verband gerade sieben Tage, 24 Stunden mit Olympia beschäftigt seien. Dass Ruderer Zeidler auf Nachfrage des Moderators glaubhaft versicherte, dass er von all den Querelen im DOSB gar nichts gehört habe, weil für ihn das Training vor Tokio absolut im Mittelpunkt stünde, kommt Hörmann zupass. Er quittiert die Aussage des Wassersportlers mit einem milden Lächeln.
Trotz aller Proteste in der japanischen Bevölkerung ist auch Hörmann davon überzeugt, dass die bereits einmal verschobenen Spiele 2020 wie geplant Ende Juli, Anfang August dieses Jahres stattfinden werden. „Nicht das Ob, sondern nur das Wie“sei noch zu klären, zitierte Hörmann seinen Vorgänger und IOC-Chef Thomas Bach. Auf den Zug der Olympia-Gegner aufzuspringen, sei ihm als Vertreter des Sports quasi unmöglich, betonte Hörmann. „Wir können nicht 400 Athleten jeden Tag ein hartes Training und so viele Entbehrungen zumuten, wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass die Spiele stattfinden.“Wenn der Athlet im Mittelpunkt stehe, müsse der Verband dessen Interessen auch wahren, begründete Hörmann.
Auf die Proteste in Japan oder die Menschenrechtsverletzungen in China einzugehen, sei Aufgabe der Politik und eventuell auch noch des Internationalen Olympischen Komitees, nicht aber des DOSB. „Gleichwohl haben wir die Verantwortung, zu all den Themen eine klare Haltung zu entwickeln.“Dafür würde der Dachverband auch die Athleten immer über die aktuellen Entwicklungen im Ausrichterland informieren und auch deren Meinung abfragen. Vom äußersten Mittel des Olympia-Boykotts hält Hörmann allerdings nichts. „In der Vergangenheit gingen solche Boykotte nur zulasten der Athleten, politisch bewirkt wurde nichts.“
Das Stimmungsbild im Team D sei bislang sehr gut. Vor allem die kürzlich gestartete Impfkampagne habe für zusätzliche Sicherheit bei den Athleten gesorgt. Vor sechs Wochen seien von 1400 befragten Sportlern und Betreuern etwa 60 Personen mit dem Virus infiziert gewesen. „Wir haben gesehen, dass mit der Mutante die Gefahr für Sportler und Trainer sprunghaft angestiegen ist. Deshalb war der Vorstoß mit der Impfung enorm wichtig.“Generell werde es für Sportler auch weiterhin keine Impfpflicht geben. Lediglich Ärzte, Physiotherapeuten und Personal aus der Organisation, das am Tag mehrfach mit mehreren Athleten in Kontakt kommt, müsse geimpft nach Tokio reisen: „Nur so können wir die Gesundheit der Sportler schützen“, sagt Hörmann. Die Impfbereitschaft liege nach einer Befragung bei 90 Prozent.
Das oberste Gebot diesmal sei klar die Gesundheit der Sportler. Die Medaillenausbeute stehe nicht im Vordergrund, so Hörmann: „Jeder Athlet soll seine Zielsetzung selbst definieren. Die Sicherheit hat absolute Priorität. Wir wollen die Sportler nur sicher nach Tokio und wieder sicher nach Hause bringen.“