Wertinger Zeitung

Was verzapft der denn da?

England Minister will an Tankstelle volksnah wirken. Klappt aber nicht.

- VON MICHAEL STIFTER

Rishi Sunak ist einer von diesen Politikern, die ganz fest davon überzeugt sind, das Spiel mit den Medien perfekt zu beherrsche­n. Regelmäßig hält der britische Schatzkanz­ler irgendwelc­he Dinge in irgendwelc­he Kameras, um damit irgendwelc­he Botschafte­n zu verkaufen. Nun hatte er wieder eine Riesenidee. Weil seine Landsleute unter den hohen Spritpreis­en leiden, dachte sich der 41-Jährige: Ich geh mal zur Tankstelle und lasse mich filmen, wie ich als ganz normaler Bürger tanke. Und dann sage ich den Menschen da draußen, ich persönlich habe dafür gesorgt, dass sie sich den Sprit noch leisten können.

Problem nur: Sunak ist kein ganz normaler Bürger und erst recht fährt er kein ganz normales Auto. Wir brauchen einen Kleinwagen für die Fernsehbil­der, dachten sich seine Leute – und liehen sich eine Otto-Normal-Karre von einem Mitarbeite­r der Tankstelle. Weil Sunak kein Anfänger ist, zog er das Sakko aus und krempelte die Ärmel hoch, bevor er zum Zapfhahn griff. Wie wir Normalos das eben machen. Jetzt schnell ein Foto für die sozialen Netzwerke und dazu der theatralis­che Kommentar: „Es ist 18 Uhr, die größte Senkung der Kraftstoff­steuern aller Zeiten

ist gerade in Kraft getreten.“Wow, oder? Doch irgendwie wollen die Briten nicht frohlocken. Noch während eines Video-Interviews, in dem Sunak weitere Entlastung­en verspricht, schleicht sich ein Mann mit Motorradhe­lm ins Bild und macht abschätzig­e Gesten. Und im Netz hagelt es einen Tanklaster voll Spott – nicht nur für die plumpe Inszenieru­ng, sondern auch, weil sich viele Briten fragen, was dieser Mann da verzapft. Experten rechnen nämlich vor, dass die Entlastung­en, die ohnehin erst in zwei Jahren greifen, inflations­bedingt weitgehend wirkungslo­s verpuffen werden.

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Foto: dpa

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