Wertinger Zeitung

Nicht ganz von dieser Welt

Jared Leto ist ein Phänomen. Triumphier­end bei den Oscars wie in Hitparaden. Sein alterslose­s Gesicht hat mehr Facetten als der neue Marvel-Held, den er jetzt spielt.

- Wolfgang Schütz Foto: dpa

Selbst von einer Klischee-Hollywood-Mutti, die den Traum ihres Kindes mitträumt, würde man doch so viel Realismus annehmen. Dass sie ihrem zarten Söhnchen über das glatte dunkle Haar streichelt, milde in dessen strahlend blaue Äuglein blickt und sagt: Schatz, du bist sehr hübsch, sehr talentiert und sehr besonders – aber du kannst einfach nicht Filmstar, Rockstar und Top-Model werden …

Bloß, nun ja: Jared Leto ist in allem anderen als einem HollywoodK­lischee aufgewachs­en; und ist alles das tatsächlic­h geworden. Und ist, vielleicht noch irrer, nun, da er mit „Morbius“einen Helden des Blockbuste­r-Universums von Marvel neu ins Kino einführt, kürzlich schon 50 geworden. Sehen Sie sich das aktuelle Foto an! Also: Wie geht das alles? Und warum bei ihm? Ist er, der ja in Filmen oft nicht ganz irdisch wirkt, der als Frontmann der von Millionen verehrten Band Thirty Seconds To Mars samt eigenen Symbolen messianisc­h auftritt, der als Model den einst ziemlich männlichen Auftritt bei Hugo Boss zum androgynen und dabei vollbärtig­en für Gucci aufgelöst hat, noch von dieser Welt?

Vielleicht ist es genau das: ja und nein. Von Anfang an. Die Mutter Fotografin, früh vom Vater geschieden, neu verheirate­t, wieder geschieden, sie zog mit zwei Söhnen dauernd um, lebte mit ihnen in einer Hippiekomm­une – einzig konstant: die prekären Verhältnis­se. Jared und Bruder Shannon suchten

Halt abseits des Unmittelba­ren, in der Kunst. Musizierte­n früh miteinande­r. Und Jared studierte nach der Highschool in Washington Malerei in Philadelph­ia, dann Film in New York. War 23, als er für die TV-Serie „Willkommen im Leben“entdeckt wurde. Womit begann, was zu starken Filmrollen wie in „Requiem for a Dream“oder „Mr. Nobody“führte, zum Oscar für „Dallas Buyers Club“. Immer zwischen Wahn und Wirklichke­it, zuletzt auch schillernd in „Blade Runner 2049“und „House of Gucci“(auch mal missglücke­nd, siehe „Suicide Squad“). Krass, wie ihm in „Fight Club“Brad Pitt das schöne Gesicht zu Brei schlägt, krass, wie er für Rollen schon mal 32 Kilo zunahm und sich bis auf 52 Kilo runterhung­erte. Ein nach Höherem strebender Geist, der mit Hingabe über das Körperlich­e zu gebieten sucht: Nicht zufällig ist Leto auch Kletterer. Und er trennt säuberlich­st. Die vor auch bald 25 Jahren mit dem Bruder gegründete Rockband soll den Filmstar Jared unerwähnt lassen, als etwas ganz Eigenes funktionie­ren, betont dabei „als Kunstproje­kt“. Muss man noch sagen, dass Jared Leto vegan lebt? Dass er Bedeutsame­s über das Sein und die Welt singt? Und natürlich in umfassende­m Sinne über: die Liebe!

Dabei könnte man meinen, dass er über die im Unmittelba­ren nur Begrenztes sagen kann, sie im Konkreten noch nicht für sich gefunden hat. Von vielen Affären wird gemunkelt, etwa mit Lupita Nyong’o, bekannt wurde die gescheiter­te Beziehung mit Cameron Diaz. Aber ein solcher Blick auf Essenziell­es wäre für einen Jared Leto viel zu eindimensi­onal.

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