Wertinger Zeitung

Flüchtling­skinder brauchen Hilfe

Ukraine In der Politik mehren sich die Forderunge­n nach einer Registrier­ung der Ankommende­n. Die Regierung weigert sich.

- VON STEFAN LANGE

Berlin Seit Wochen flüchten Menschen vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschlan­d. Sie werden willkommen geheißen und zerstreuen sich dann in alle Himmelsric­htungen. Eine nachhaltig­e Registrier­ung findet nicht statt, besonders für die Jüngsten kann das in der Folge sehr stressig sein, wie der Deutsche Kinderschu­tzbund konstatier­t. Sein Präsident Heinz Hilgers befürworte­t deshalb eine Registrier­ung, wie sie auch in Teilen der Politik gefordert wird. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) gerät damit immer weiter in Erklärungs­not.

„Ich kann gut verstehen, dass alle bemüht sind, den geflüchtet­en Kindern schnell einen Schulbesuc­h zu ermögliche­n“, sagte Hilgers unserer Redaktion. Das sei so auch richtig, denn die Kinder hätten ein Recht auf Bildung. „Es muss aber vermieden werden, dass die Kinder in dieser schweren Situation neu gewonnene Freundinne­n und Freunde und liebgewonn­ene Lehrerinne­n und Lehrer gleich wieder verlassen müssen“, ergänzte der Präsident und betonte: „Im Sinne der Kinder sollte deshalb die Registrier­ung der geflüchtet­en Menschen absoluten Vorrang haben.“

Faeser lehnt eine Registrier­ung ab, auf EU-Ebene gab es dazu ebenfalls keine Verständig­ung. CSULandesg­ruppenchef Alexander Dobrindt kritisiert­e das scharf. „Die Aufnahme von Flüchtling­en aus der Ukraine ist eine Gemeinscha­ftsaufgabe für die EU“, sagte er und forderte die Regierung auf, „einen Verteilmec­hanismus in Europa zu erreichen“. Erforderli­ch sei ein durchgängi­ger Registrier­ungsmechan­ismus. „Die Verweigeru­ng der Innenminis­terin an der Stelle ist fahrlässig“, sagte Dobrindt unserer Redaktion.

Zuvor hatte sogar der Koalitions­partner FDP von Faeser eine schnelle und unbürokrat­ische Registrier­ung von Flüchtling­en sowohl an den EU- und Schengengr­enzen als auch in Deutschlan­d gefordert. „Das ist die Voraussetz­ung dafür, bedarfsger­echte Unterstütz­ung und Unterbring­ung zu organisier­en und den geflüchtet­en Frauen und Kindern Sicherheit zu garantiere­n“, sagte Fraktions-Geschäftsf­ührer Stephan Thomae. Der innenpolit­ische Sprecher der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Alexander Throm, kritisiert­e, Faeser fliehe vor der Verantwort­ung. „Der Umgang mit traumatisi­erten Menschen, unbegleite­ten Minderjähr­igen, mit Kranken und alten Menschen – all das muss organisier­t und darf nicht laufen gelassen werden“, sagte der CDU-Politiker.

Zu dieser Einschätzu­ng ist auch der Kinderschu­tzbund gelangt. Eine schnelle Registrier­ung sei wichtig für die Sicherheit, sagte Hilgers. Der Staat könne nur diejenigen vor Menschenha­ndel schützen, von denen er wisse, wo sie seien. „Länger als ein oder zwei Wochen sollte aber niemand im Unklaren darüber bleiben, welches Land der dauerhafte Zufluchtso­rt sein wird“, sagte Hilgers. Insbesonde­re traumatisi­erte Kinder bräuchten so schnell wie möglich „eine feste Struktur, einen rhythmisie­rten Tagesablau­f und vor allem Kontakt zu anderen Kindern“.

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Foto: Carsten Koall, dpa Berlin ist erste Anlaufstat­ion für viele Geflüchtet­e.

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