So findet man das richtige Rad
Mobilität Breite Reifen oder schmale? 21 Gänge oder 5-Gang-Nabenschaltung? E-Antrieb? Das richtige Zweirad zu finden ist gar nicht so leicht. Auf diese Faktoren kommt es an.
Kassel Fahrradfahren wird immer beliebter, die Anzahl der Räder in Deutschland steigt seit Jahren kontinuierlich. „Inzwischen haben wir fast genauso viele Fahrräder wie Einwohner – rund 80 Millionen“, sagt David Koßmann vom pressedienst-fahrrad (pd-f). Im Durchschnitt habe damit fast jeder Bundesbürger ein Fahrrad. Und so bunt und vielschichtig wie die Radler ist auch das Angebot an Zweirädern. Für viele stellt sich da oft auch die Fahrradfrage aller Fragen: Welcher Radtyp ist der richtige für mich?
Sebastian Böhm vom Fachmagazin Radfahren rät, sich bei der Suche nach dem passenden Velo zunächst die wichtigste Ausgangsfrage zu beantworten: Wo soll das Fahrrad eingesetzt werden – im Alltag oder in der Freizeit? „Benötige ich ein Rad für den Alltag, etwa für die Fahrt zur Arbeit oder zum Einkaufen, läuft es auf eine Vollausstattung mit Blechen, Licht und eventuell auch
Taschen hinaus“, sagt Böhm.
Das sei dann ein Fahrrad für jede Tageszeit und jede Witterung. Die Klassiker in dieser Gattung sind das City-Rad und das Trekking- oder auch Reiserad. Beide Radtypen gibt es wiederum in zahlreichen Variationen. Die finden dann beispielsweise als Urban Bike, Singlespeed, Fixie, Hollandrad oder Cruiser den Weg in die Fahrradgeschäfte. Die Unterschiede reichen dabei unter anderem vom tiefen Einstieg über besonders breite Reifen oder von der Anzahl der Gänge bis hin zu verschiedenen Lenkerformen. Hier spiele dann letztlich auch der Geschmack eine wichtige Rolle.
„Am günstigsten für Einsteiger ist meist ein City-Rad, das es bereits für Preise ab rund 600 Euro gibt“, sagt Böhm. Günstige Räder seien dabei nicht per se schlechter, die Unterschiede zu höherpreisigen Velos aber seien bei der Ausstattung und vor allem beim Gewicht zu merken. „Leichtbau ist immer teurer, Komponenten aus Carbon beispielsweise schlagen sich immer auch im Preis nieder“, sagt Böhm. Auch wer auf einen praktisch wartungsfreien Riemenantrieb anstatt einer Stahlkette setze oder mit einer gekapselten Getriebenabe statt einer Kettenschaltung die Gänge wechseln will, müsse mehr Geld investieren. Wer aber nur in der Stadt unterwegs sei, müsse kein Geld für eine Federgabel ausgeben.
Suche nach dem richtigen Fahrradtyp ist daher immer auch eine Frage des Budgets. „Man sollte deswegen aber nicht den Fehler machen und bei vermeintlichen Schnäppchen-Rädern aus dem Internet zugreifen, die irgendwo in China gefertigt wurden“, sagt Koßmann. Diese Räder würden oft nicht die hiesigen Sicherheitsstandards erfüllen. Speziell bei billigen E-Bikes sei Vorsicht geboten. Ein gutes E-Bike gehe bei rund 2500 Euro los und müsse technisch so ausgestattet sein, dass die Komponenten auch dem deutlich höheren Gewicht und dem etwas höheren Tempo gerecht werden, so Koßmann.
Eine Felgenbremse etwa sei nie für ein E-Bike geeignet, billige Importräder aber seien zum Teil damit ausgestattet. Generell haben EBikes den Fahrradmarkt sehr positiv beeinflusst und vielen Menschen das Radeln neu ermöglicht, meint Böhm: „Wer etwa in irgendeiner Weise gehandicapt ist, für den ist ein E-Bike ein echter Türöffner“, sagt er. „Und E-Bikes sorgen dafür, dass ein Couch-Potato und ein ambitionierter Freizeitradler gemeinsam eine Tour machen können.“
Inzwischen gebe es für fast alle Radtypen auch elektrifizierte Modelle, im Schnitt seien die aber immer gut 1500 Euro teurer. Ob sich jemand für ein konventionelles Fahrrad oder die E-Variante entscheidet, ist Koßmann zufolge oft auch eine „Wohlfühl“-Frage. „Am Ende des Tages sollte ein Fahrrad nie eine Geißel oder nur eine TretDie maschine sein, es sollte Spaß machen und einem leichtfallen.“
Natürlich müsse einem ein Rad auch gefallen: „Die Emotion spielt eine wichtige Rolle, daher geht es beim Fahrradkauf auch um die Frage, was ich schön finde“, sagt Koßmann. Daneben aber können auch die persönlichen Lebensumstände die Fahrradwahl beeinflussen: „Wer im dritten Stock wohnt und ansonsten keine Unterstellmöglichkeit hat, ist mit einem teuren E-Bike schlecht beraten“, so Böhm. Ein leichtes Rennrad hingegen könne mit wenigen Handgriffen auch an einer Deckenhalterung im Arbeitszimmer aufgehängt werden.
Orientierung auf dem Weg zum passenden Fahrrad versprechen auch sogenannte Bike- oder Fahrrad-Finder im Internet. „Hier wird aber im Grunde nur über Filter und im Ausschlussverfahren ermittelt, ob jemand ein Alltagsrad sucht, sich
Das CityRad ist meist die günstigste Variante
Ohne Probefahrt sollte man sich nicht entscheiden
sportlich betätigen will und ob eine E-Unterstützung gewünscht ist“, sagt Koßmann. Eine echte Beratung würden diese Tools nicht ersetzen.
„Am Ende entscheidet eine Probefahrt darüber, welches Fahrrad passt. Gute Fachhändler haben daher immer auch Räder für ausgiebige Probefahrten verfügbar“, sagt Böhm. Wer sich ein neues Rad nur online kaufe, müsse immer einkalkulieren, das Bike mit viel Aufwand wieder zurückschicken zu müssen – wenn es nicht passt oder gefällt. Eine Kombination aus Online-BikeFinder und persönlicher Beratung bietet beispielsweise der Fahrradhersteller Rose Bikes aus Bocholt. „Der reine Onlinehandel hat klare Grenzen. Wir haben aber zusätzlich zur Beratung vor Ort schon vor längerer Zeit auch mit Videoberatungen angefangen, die gerade auch während der Corona-Pandemie sehr gut angenommen wurden“, sagt Sarah Terweh von Rose Bikes.
Bei der Buchung einer Videoberatung übermittelt der Kunde hierzu vorab seine Körpermaße und weitere Informationen zum Fahrradwunsch. In den rund einstündigen Sessions könnten sich die Kunden dann verschiedene Fahrradtypen und ihre Funktionen zeigen lassen. Einen Besuch mit persönlicher Beratung vor Ort allerdings ersetze die Videoberatung nicht. Spätestens für eine Probefahrt würden viele Kunden dann doch ins Geschäft kommen.