Wertinger Zeitung

Augsburgs IG‰Metall‰Chef geht

Hintergrun­d Michael Leppek wechselt in die Privatwirt­schaft. Zu seinem Nachfolger wurde Roberto Armellini mit 90 Prozent gewählt. Der Gewerkscha­fter stammt aus Augsburg und kommt von München in seine Heimatstad­t zurück.

- VOn STEFAn STAHL

Augsburg Gut neun Jahre hat Michael Leppek für die IG Metall in Augsburg gearbeitet. Als erster Bevollmäch­tigter erlebte er aufwühlend­e Zeiten. Schließlic­h befindet sich der traditione­lle Industrie-Standort in einem Umbruchpro­zess. Mal musste die IG Metall die Schließung des ehemaligen Osram-Werkes in der Stadt nach langem Kampf und trotz vieler Rettungsve­rsuche hinnehmen. Mal gelang es, Schlimmere­s zu verhindern: So fiel der Arbeitspla­tzabbau beim Augsburger Motorenund Kraftwerks­spezialist­en MAN Energy Solutions auch wegen des Engagement­s Leppeks deutlich geringer als zunächst angekündig­t aus.

Und mal gelang es der Gewerkscha­ft, die Spitze des Flugzeugba­uers Airbus davon abzubringe­n, das Werk des Augsburger Tochter-Unternehme­ns Premium Aerotec zu zerschlage­n und den größten Teil mit ungewissem Ausgang für rund 2200 Jobs zu verkaufen. Dazu waren lange Warnstreik­s und die Drohung eines Arbeitskam­pfes notwendig.

Nicht zuletzt setzte sich Leppek als gebürtiger Niedersach­se, der in Hamburg aufgewachs­en ist, immer wieder intensiv für den in Augsburg sitzenden Roboter- und Anlagenbau­er Kuka ein. Nach der Übernahme der Firma durch den chinesisch­en Haushaltsg­eräte-Konzern Midea gab es große Befürchtun­gen, die Bedeutung der Firmenzent­rale in Augsburg werde immer geringer, ja die Chinesen würden bald komplett die Macht übernehmen. Doch dem Diplom-Juristen Leppek und dem Betriebsra­t glückte es, eine Investoren­vereinbaru­ng auszuhande­ln, die Augsburg als Sitz und starken Produktion­sstandort schützt. Trotzdem gingen in Krisen-Zeiten hunderte Arbeitsplä­tze verloren. Doch jetzt sucht der wirtschaft­lich wieder deutlich stabilere Roboterbau­er mehr als 150 Fachkräfte.

Nach neun Augsburger Jahren fällt die Bilanz für den Gewerkscha­fter wie den Industrie-Standort naturgemäß gemischt aus. Neues wie der Ausbau der Wasserstof­f-Kompetenz bei MAN Energy Solutions ist entstanden und sichert hunderte Arbeitsplä­tze. Alte Technologi­en wie die Produktion von Leuchtstof­fröhren und Energie-Sparlampen im einstigen Osram- und späteren Ledvance-Werk sind untergegan­gen. Man kann das als kühler Ökonom mit dem Wissenscha­ftler Joseph Schumpeter „schöpferis­che Zerstörung“nennen. Leppek würde niemals zu einem solchen Begriff grei

„Für mich steht immer der Mensch im Mittelpunk­t. Und so werde ich es auch bei meiner neuen Tätigkeit in der Privat-Wirtschaft halten“, sagt er unserer Redaktion zu seinem Abschied als Augsburger IG Metall-Chef. Der Weggang falle ihm schwer: „Augsburg ist sicher die interessan­teste Verwaltung­sstelle der IG Metall in Bayern, weil hier so viele unterschie­dliche Branchen und Firmen vertreten sind.“Zum Gebiet der Verwaltung­sstelle gehört auch die Region Nordschwab­en und damit Donauwörth. Dort sitzt der Hubschraub­erbauer Airbus Helicopter­s, dessen Aufsichtsr­at Leppek angehört. Auch in Krisenzeit­en zeigt sich das Unternehme­n stabil und stellt zusätzlich­e Beschäftig­te ein. Dem scheidende­n Augsburger IGMetall-Chef wird das Engagement für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r all der schwäbisch­en Firmen fehlen. Dabei verrät er nicht, zu welchem Unternehme­n es ihn zieht. Doch immer wieder wechseln Gewerkscha­fterinnen und Gewerkscha­fter in die Wirtschaft: So ist der frühere Volkswagen-Gesamtbetr­iebsrats-Vorsitzend­e Bernd Osterloh nun Personal-Vorstand bei der VW-Lkw-Tochter Traton in München. Und der Volkswagen-Arbeitsdir­ektor Gunnar Kilian stammt aus den Reihen der IG Metall. Gewerkfen. schafter wandern oft in Konzerne mit einer stark ausgeprägt­en Mitbestimm­ung ab.

Leppek, 51, lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Leitershof­en bei Augsburg uns ist dort aktives Mitglied der freiwillig­en Feuerwehr. Früher fuhr der ausgebilde­te Rettungsas­sistent selbst bei Einsätzen mit. Das Engagement für die Gesellscha­ft gehört für ihn einfach dazu. Dabei hat sich der Norddeutsc­he schnell in München und Augsburg integriert. Als eloquentem Netzwerker fiel ihm das nicht schwer. Aus Michael Leppek wurde in Augsburg mit den Jahren „der Leppek“, was nicht Abschätzun­g, sondern Anerkennun­g ausdrückt. Das ist eine Art schwäbisch­er Orden. Wie der einstige Augsburger IG-Metall-Chef Jürgen Kerner („der Kerner“) erstritt sich Leppek als harter, aber konstrukti­ver Verhandler Respekt auf Arbeitgebe­rseite. Dort wird „der Leppek“manchem fehlen. Doch sein Nachfolger ist für sie ein alter Bekannter: Denn der „waschechte“Augsburger Roberto Armellini war von 2013 bis 2019 zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall Augsburg. Der 46-Jährige braucht nach einer Zeit als Nummer zwei bei der IG Metall in München nun keine lange Einarbeitu­ngszeit.

Roberto Armellini (rechts) folgt auf Michael Leppek.

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Foto: IG Metall Augsburg

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