Augsburgs IGMetallChef geht
Hintergrund Michael Leppek wechselt in die Privatwirtschaft. Zu seinem Nachfolger wurde Roberto Armellini mit 90 Prozent gewählt. Der Gewerkschafter stammt aus Augsburg und kommt von München in seine Heimatstadt zurück.
Augsburg Gut neun Jahre hat Michael Leppek für die IG Metall in Augsburg gearbeitet. Als erster Bevollmächtigter erlebte er aufwühlende Zeiten. Schließlich befindet sich der traditionelle Industrie-Standort in einem Umbruchprozess. Mal musste die IG Metall die Schließung des ehemaligen Osram-Werkes in der Stadt nach langem Kampf und trotz vieler Rettungsversuche hinnehmen. Mal gelang es, Schlimmeres zu verhindern: So fiel der Arbeitsplatzabbau beim Augsburger Motorenund Kraftwerksspezialisten MAN Energy Solutions auch wegen des Engagements Leppeks deutlich geringer als zunächst angekündigt aus.
Und mal gelang es der Gewerkschaft, die Spitze des Flugzeugbauers Airbus davon abzubringen, das Werk des Augsburger Tochter-Unternehmens Premium Aerotec zu zerschlagen und den größten Teil mit ungewissem Ausgang für rund 2200 Jobs zu verkaufen. Dazu waren lange Warnstreiks und die Drohung eines Arbeitskampfes notwendig.
Nicht zuletzt setzte sich Leppek als gebürtiger Niedersachse, der in Hamburg aufgewachsen ist, immer wieder intensiv für den in Augsburg sitzenden Roboter- und Anlagenbauer Kuka ein. Nach der Übernahme der Firma durch den chinesischen Haushaltsgeräte-Konzern Midea gab es große Befürchtungen, die Bedeutung der Firmenzentrale in Augsburg werde immer geringer, ja die Chinesen würden bald komplett die Macht übernehmen. Doch dem Diplom-Juristen Leppek und dem Betriebsrat glückte es, eine Investorenvereinbarung auszuhandeln, die Augsburg als Sitz und starken Produktionsstandort schützt. Trotzdem gingen in Krisen-Zeiten hunderte Arbeitsplätze verloren. Doch jetzt sucht der wirtschaftlich wieder deutlich stabilere Roboterbauer mehr als 150 Fachkräfte.
Nach neun Augsburger Jahren fällt die Bilanz für den Gewerkschafter wie den Industrie-Standort naturgemäß gemischt aus. Neues wie der Ausbau der Wasserstoff-Kompetenz bei MAN Energy Solutions ist entstanden und sichert hunderte Arbeitsplätze. Alte Technologien wie die Produktion von Leuchtstoffröhren und Energie-Sparlampen im einstigen Osram- und späteren Ledvance-Werk sind untergegangen. Man kann das als kühler Ökonom mit dem Wissenschaftler Joseph Schumpeter „schöpferische Zerstörung“nennen. Leppek würde niemals zu einem solchen Begriff grei
„Für mich steht immer der Mensch im Mittelpunkt. Und so werde ich es auch bei meiner neuen Tätigkeit in der Privat-Wirtschaft halten“, sagt er unserer Redaktion zu seinem Abschied als Augsburger IG Metall-Chef. Der Weggang falle ihm schwer: „Augsburg ist sicher die interessanteste Verwaltungsstelle der IG Metall in Bayern, weil hier so viele unterschiedliche Branchen und Firmen vertreten sind.“Zum Gebiet der Verwaltungsstelle gehört auch die Region Nordschwaben und damit Donauwörth. Dort sitzt der Hubschrauberbauer Airbus Helicopters, dessen Aufsichtsrat Leppek angehört. Auch in Krisenzeiten zeigt sich das Unternehmen stabil und stellt zusätzliche Beschäftigte ein. Dem scheidenden Augsburger IGMetall-Chef wird das Engagement für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter all der schwäbischen Firmen fehlen. Dabei verrät er nicht, zu welchem Unternehmen es ihn zieht. Doch immer wieder wechseln Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in die Wirtschaft: So ist der frühere Volkswagen-Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende Bernd Osterloh nun Personal-Vorstand bei der VW-Lkw-Tochter Traton in München. Und der Volkswagen-Arbeitsdirektor Gunnar Kilian stammt aus den Reihen der IG Metall. Gewerkfen. schafter wandern oft in Konzerne mit einer stark ausgeprägten Mitbestimmung ab.
Leppek, 51, lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern in Leitershofen bei Augsburg uns ist dort aktives Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Früher fuhr der ausgebildete Rettungsassistent selbst bei Einsätzen mit. Das Engagement für die Gesellschaft gehört für ihn einfach dazu. Dabei hat sich der Norddeutsche schnell in München und Augsburg integriert. Als eloquentem Netzwerker fiel ihm das nicht schwer. Aus Michael Leppek wurde in Augsburg mit den Jahren „der Leppek“, was nicht Abschätzung, sondern Anerkennung ausdrückt. Das ist eine Art schwäbischer Orden. Wie der einstige Augsburger IG-Metall-Chef Jürgen Kerner („der Kerner“) erstritt sich Leppek als harter, aber konstruktiver Verhandler Respekt auf Arbeitgeberseite. Dort wird „der Leppek“manchem fehlen. Doch sein Nachfolger ist für sie ein alter Bekannter: Denn der „waschechte“Augsburger Roberto Armellini war von 2013 bis 2019 zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Augsburg. Der 46-Jährige braucht nach einer Zeit als Nummer zwei bei der IG Metall in München nun keine lange Einarbeitungszeit.
Roberto Armellini (rechts) folgt auf Michael Leppek.